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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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wolltest. Bloß hast du ihn nicht erledigt!«
    »Nein, da ist was schiefgegangen«, sagte Kohn.
»Ich habe fünf Salven in ihn hineingepumpt.« Er
lachte, ohne den Blick von der Straße zu wenden. »Wie
ich bereits sagte. Die sind nicht menschlich – oder
jedenfalls bloß teilweise.«
    »Du hättest die Theorie an seinem Kopf
überprüfen können. Oder hat das Gewehr wieder
bloß auf seine Hand gezielt?«
    Kohn verzog das Gesicht. »Nein. Es ist bloß so
– es geht in Ordnung, jemanden zu erschießen, der am
Boden liegt, aber eine Bedrohung darstellt, doch ansonsten, nein.
So war das. Ich hätte ihn töten sollen, weißt du.
Oder den Grünen, den du niedergestreckt hast – das
hast du übrigens gut gemacht –, aber man kann einem
Menschen nicht einfach so den Rest geben. Im Grunde ist der auch
bloß ein armes Schwein wie wir. Entwaffne ihn und lass ihn
liegen, wenn du ihn nicht gefangen nehmen oder ihm helfen kannst.
Die Stasis steht auf einem anderen Blatt. Die stehen nicht unter
dem Schutz der Konvention – was mich betrifft, so behandele
ich die Angehörigen der Geheimpolizei wie Spione in
Kriegszeiten: jeder hat das Recht, sie niederzuknallen wie tolle
Hunde.«
    »Und warum hast du es dann nicht getan, verdammt noch
mal?« Es wunderte sie, wie wütend sie war.
    Nach einer Weile antwortete Kohn seufzend: »Bloß
eine schlechte Söldnerangewohnheit.«
     
    Obwohl nichts darauf hindeutete, dass sie verfolgt wurden,
entschieden sie sich dafür, das Gebiet der ANR über
eine weniger direkte Route zu betreten, als Kohn
ursprünglich geplant hatte. Sie wandten sich nach Osten und
fuhren von Süden her in Edinburgh ein. Am North British
Hotel bogen sie links in die Pretender Street ein, dann rechts in
die Stuart Street, querten die Charles Edward Street und fuhren
den langgestreckten Hügel hinunter zur Firth of Forth. (Der
Stadtrat hatte bei der Restauration in einem Anfall von Groll
mehrfach die Straßennamen gewechselt, und seitdem hatte es
niemand mehr gewagt, die ursprünglichen Namen
wiederherzustellen.) Am Granton Harbour steuerte Kohn den Laster
vorsichtig auf ein langes, steinernes Pier mit einer Holzmole am
Ende. Überall waren kleine Segelboote vertäut. Die
Fallen klimperten gegen den Mast. Im Westen sah man vor dem
Hintergrund des reflektierten Widerscheins der Städte die
verdrehten Überbleibsel der Forth Bridge, die an ein
schüchternes Kind erinnerten, das sich die Augen
zuhielt.
    »Scheint so, als sei die Straße hier zu
Ende«, meinte Janis und deutete nach vorn.
    »Wir müssen einfach bloß warten.«
    »Das hast du schon mal getan!«
    »Ja, aber nicht hier!«
    Nach einer Stunde – Janis döste, Kohn rauchte
– vernahmen sie das Tuckern eines Dieselmotors. Ein Trawler
mit einer unnatürlich phosphoreszierenden Bugwelle, der
grün-weiß-blauen Fahne der Republik am Heck und einem
Maschinengewehr mit Schutzschild im Bug. Etwa zehn Meter vor dem
Pier kam es zum Stehen.
    »Steigen Sie aus«, sagte jemand, ohne die Stimme
zu heben.
    Sie gehorchten. Kohn fragte sich, wie sie sich wohl ausweisen
sollten.
    »Wer sind Sie?«
    Sie nannten ihre Namen.
    »Schön, schön«, sagte die Stimme.
»Die Maschinen haben Ihr Erscheinen
angekündigt.«
    Das Boot kam näher, und ein Tau wurde auf die Mole
geworfen. Kohn wickelte es unbeholfen um einen Poller. Zehn oder
zwölf Leute sprangen vom Boot, öffneten die Ladeklappe
und verwandelten Ladung in Schiffsfracht. Jedes Mal, wenn Janis
oder Moh ihre Mithilfe anboten, forderte man sie höflich
auf, aus dem Weg zu gehen, und beim dritten Mal taten sie es
auch. Der Laster wurde rückwärts vom Pier gefahren;
anschließend würde man ihn bei der Edinburgher
Niederlassung der Mietfirma abgeben, mit Papieren, die belegten,
dass er ganz woanders gewesen war. Janis und Moh wurden an Bord
geleitet, worauf das Boot ablegte und Kurs auf die dunkle
Küstenlinie von Fife machte.
    »Schon seltsam«, meinte Janis, als sie im
Ruderhaus standen und schwarzen Tee tranken, »man kann den
Fisch nicht riechen.«
    Kohn gab ein gedämpftes Schnauben von sich, der
Steuermann lachte schallend.
    »Hier hat’s schon seit Jahren nicht mehr nach
Fisch gestunken!«
    Dieser Kommentar wurde bekräftigt, als sie im Hafen einer
Siedlung anlegten, die sich Janis’ elektronisch
verstärktem Blick als Geisterstadt darbot. Früher
einmal war dies offenbar ein Fischereihafen gewesen, dann eine
Marina für den Freizeitsport. Die wenigen

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