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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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hallte wider wie Gewehrfeuer.
    Die Fahrt im Humvee und der Flug im Hubschrauber, die sie
hierher gebracht hatten, waren ohne jede Erklärung
vonstatten gegangen. MacLennan und Van hatten ihnen versichert,
es werde sich alles klären. Im Hubschrauber hatte sich Van
in ein tiefes, nervöses Rauchen-Verboten-Schweigen
zurückgezogen, während MacLennan über die
internationale Lage geredet hatte. Die Japaner erlitten in
Sibirien schwere Verluste. Eine Koalition von Kommunisten von
beiden Seiten des Ussuri hatte eine Streitmacht aufgestellt, die
sich prahlerisch als Sinosowjetische Union bezeichnete.
Überbleibsel der Roten Armee… MacLennan war ganz
begeistert gewesen. Vor allem bewunderte er die Art und Weise,
wie die Sinowjets, wie man hier sagte, zugeschlagen
hatten, während die Japaner
Rüstungskontrollgespräche mit den Yanks
führten.
    »Die Vorstädte von Kyoto«, hatte Janis
gemurmelt. »Laser, ein Zermürbungskrieg mit
Präzisionsmunition.« Sie schlief unbemerkt an Kohns
Schulter ein, während MacLennan ihre Belesenheit pries. Kohn
konnte sich kaum daran erinnern, geschlafen zu haben, doch er
erinnerte sich an seine Träume, die voller Farben und
Schmerz gewesen waren. Die Träume mochten sich noch als
problematisch erweisen. Seit er sich im Netz geistig
kurzgeschlossen hatte, konnte er sich an jeden einzelnen Traum
erinnern. Alle waren bedeutungslos, willkürliche
Rekonfigurationen der Tagesereignisse oder irgendwelcher
Gedanken: er konnte darin nachschlagen wie in einem Datenlexikon.
Er fragte sich, ob die AI wohl ähnliche Probleme hatte, seit
sie in sein Bewusstsein hineingeblickt hatte.
Träumten AIs elektrische Träume?
    Er wünschte ihr Nanosekunden-Albträume.
     
    »Hi«, sagte hinter ihm eine schwerfällige
Stimme. Er trat durch die Schiebetür ins Schlafzimmer. Janis
hatte sich aufgesetzt und ins Federbett gewickelt. Sie gab ihm
einen kurzen, gummiartigen Kuss, dann bat sie um Kaffee und
verschwand wieder unter der Steppdecke. Kohn ging in die
Küche und schenkte aus der soeben voll gewordenen Kanne zwei
Tassen ein. Wahrscheinlich hatten sie der Geruch und das
Geräusch der Kaffeemaschine aufgeweckt.
    »Mein Gott«, sagte Janis kurze Zeit später.
»Jetzt geht’s mir wieder besser. Wo sind
wir?«
    »In Wester Ross, glaube ich«, antwortete Kohn.
»Es gibt hier noch ein paar Häuser wie dieses. Haben
früher wohl mal Angestellte der Ölgesellschaft
beherbergt.«
    »Wie spät ist es?«
    »Acht Uhr zweiunddreißig.«
    »Oh.« Janis blickte ihn schelmisch an.
»Solltest du dich nicht allmählich mal
anziehen?«
    »Noch nicht.«
     
    Das verwuschelte rote Haar aufs Kissen gebreitet, die
weiße Haut zunehmend gerötet, die grünen Augen,
die sich selbst dann nicht schlossen, wenn sich ihr Mund zu dem
Andruck-Lächeln verzog, das besagte: wir haben
gezündet, wir heben ab… Um all dessen willen liebte
er sie.
    Eine halbe Stunde später erwachte sie unvermittelt und
weckte ihn ebenfalls auf.
    »Was…?«
    Sie setzte sich auf und blickte mit einem triumphierenden
Strahlen, das von Besorgnis umschattet war, auf ihn nieder.
»Es ist mir wieder eingefallen. Dr. Nguyen Thanh Van. Ich
wusste doch, dass ich den Namen schon mal gehört
habe!«
    Kohn stützte sich auf den Ellbogen auf, was seine Haut in
den Bereich ihrer Wärme brachte. »Erklär’s
mir.«
    Sie legte sich neben ihn und blickte an die Decke, als lese
sie davon ab. »Nguyen Thanh Van, Universität von
Hanoi, 2022: Die genetischen Auswirkungen des Dioxins im Ben
Tre Distrikt. Lehrbeauftragter am Polytechnischen Institut
von Hue, von 2023 bis 2027. Gegenwärtig als Koordinator bei
Da Nang Phytochemicals beschäftigt. Wahrscheinlich einer der
Sponsoren meines Forschungsprojekts – verdammt noch mal,
ich habe jede Menge Sonderdrucke von ihm! Aber was macht er hier
bei der ANR?«
    »Glaubst du, die ANR ist in dein Labor
eingebrochen?«
    »Nein, ich… Wie kommst du denn darauf? Das
heißt, je länger ich darüber nachdenke, desto
wahrscheinlicher kommt es mir vor. Scheiße, ja. Nicht die Spinner – die hätten alles verwüstet.
Das war auch keine Forschungsspionage – die hätten die
Daten geklaut. Und auch nicht der Staat – der wäre
einfach hereinmarschiert und hätte das Labor besetzt. Das
war jemand, der die Proben haben wollte, weil er sie nur mit
Mühe reproduzieren könnte, aber genau weiß, was
er damit anfangen muss. Aber warum sollten sie das tun? Das sind
doch gar

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