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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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zielten.
    »Lass uns weitergehen«, sagte Cat. Sie zupfte an
seiner Hand. Er folgte ihr, während sie sich geschickt durch
die Demonstranten nach vorne drängte. Mit ihrer hohen Stimme
nahm sie die Gesänge der Gruppe auf, an der sie gerade
vorbeikamen: »›Der Seele Freiheit ist
vollbracht‹… Entschuldigung, Ma’am…
›so warfen wir ab uns’re Last‹… los, mach schon, Jordan!«
    Am Ende der High Street (bei den mehrere hundert Meter langen
Büroblocks am Ende der Upper Street) lag die Südgrenze
von Beulah City, von der anderen Seite spöttisch als
Engelstor bezeichnet. Die Schranken waren unten, und mehrere
Krieger waren auf der Straße verteilt. Sie hielten
Abschussgeräte für Tränengasgranaten in den
Händen und hatten Maschinenpistolen geschultert. Jordan, der
mittlerweile in vorderster Reihe stand, konnte keine Kader mehr
ausmachen – in der Vorhut dominierten die Frauen. Cat
drückte ihm die Hand.
    Die Demonstranten hielten etwa vierzig Meter vor den
Wachposten an. Einer der Posten trat mit einem Megaphon vor.
    »DAAS IISS EINEE IILLEGALEE
VEERSAMMLUNG…«
    Das Megaphon vermochte gegen die Wut und den Abscheu der Menge
nichts auszurichten. Jordan blickte gen Himmel. Ich danke dir,
Gott. Sie hätten keine schlimmere Wahl treffen können.
Flüchtlinge aus Südafrika waren beliebt bei den
Kriegern und bei niemandem sonst.
    Ein Offizier übernahm das Mikrofon.
    »ICH FORDERE SIE AUF, SICH ZU ZERSTREUEN! GEHEN SIE
WIEDER NACH HAUSE!«
    »Geht heim, ihr Penner, geht heim!«, skandierten
die Frauen. Tausende von Stimmen nahmen die Parole begeistert
auf.
    »Wir weichen nicht! Wir weichen nicht!«
    »Die ganze Welt schaut zu! Die ganze Welt schaut
zu!« Also gab es auch hier Kader: weibliche Kader. Die
letzte Parole wurde nicht aufgenommen, wahrscheinlich deshalb,
weil ihr niemand Glauben schenkte.
    Jordan vernahm fernes, rhythmisches Geschrei von der anderen
Seite der Grenze. Hinter den Kriegerköpfen wehten Fahnen,
rote Fahnen und die Trikoloren einer anderen Demonstration, die
über die City Road marschierte und auf die Pentonville Road
einbog.
    Er kletterte auf eine Telefonzelle und blickte hinüber.
Die beiden Menschenmengen waren weniger als hundert Meter
voneinander getrennt; er konnte einzelne Gesichter erkennen, die
einen Moment herschauten und sich dann wieder abwandten. Die
herüberdringenden Rufe klangen nicht unfreundlich.
Verwundert schaute Jordan sich um und sah die Menge, zu der er
gehörte, wie von außerhalb: ein Wald seltsamer
Parolen, in schwarzen Lettern auf weiße Laken und Plakate
gemalt, hier und da hochgereckte Kreuze. Wie ein Mob
religiöser Spinner. Er fing den Blick einer Frau auf, die
offenbar wusste, was vor sich ging, und tat so, als spreche er in
ein Walkie-Talkie. Sie schüttelte den Kopf und breitete die
Arme aus.
    »Die Arbeiter! Vereint sind sie unschlagbar!«
    Auch diese Parole versandete, ohne dass sie die Grenze
überwunden hätte. Der Krieger ließ sich weiter
dröhnend über REBELLEN und KOMMUNUNISTEN aus. Jordan
blickte auf Cat hinunter. Sie ergriff etwas, das von Hand zu Hand
weitergegeben wurde, und reichte es ihm hoch. Ein Megaphon
– als wenn er gerade darauf gewartet hätte.
    »Waren die Kader nicht darauf vorbereitet?«,
fragte er. Cat schüttelte den Kopf.
    »Sie dachten, die Krieger wären anderweitig
beschäftigt. Das Ablenkungsmanöver hat nicht
funktioniert. Sämtliche Verbindungen sind
gestört.«
    »Mist! Es muss doch eine Möglichkeit
geben…« Er ging in die Hocke, mit einem Auge die
wogende Menge im Auge behaltend, und sagte: »Cat! Denk
nach! Gibt es eine Parole oder ein Lied, irgendetwas, das
religiös genug für die Leute hier ist, dem die anderen
aber entnehmen könnten, dass wir auf ihrer Seite
sind?«
    Cat blickte stirnrunzelnd zu ihm auf, dann überzog sich
ihr Gesicht mit einem breiten Grinsen. Sie streckte die Hand zu
ihm aus, und er versuchte sie hochzuziehen, sie aber zog in die
entgegengesetzte Richtung, und so sprang er zu ihr hinunter.
»Halt das Megaphon hoch«, sagte sie und nahm das
Mikro. Sie bewegte sich seitwärts, setzte behutsam einen
Fuß neben den anderen und winkte mit einer Hand den Frauen
an der Spitze zu. Jordan ging neben ihr und hielt das Megaphon
hoch über seinen Kopf.
    »Hier ist doch alles verboten«, sagte sie und
schaltete das Mikro ein.
    »Und wandelten wir in alter
Zeit…«
    Sie stockte für einen Moment, forderte die Menge mit
Gesten zum

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