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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Einkaufstrips auf die andere Seite zu unternehmen. Noch so viele
sarkastische Predigten über den möglichen Nutzen, den
sie aus der Nähe zum bedrohlichen Bodennullpunkt des
göttlichen Fluches ziehen mochten, konnten daran nichts
ändern. Einen schönen Anblick würden sie (wie
Jordan an zahllosen Sonntagen in der Kirche vernommen hatte) am
Tag der Auferstehung bieten, falls sie – und die Betonung
lag eindeutig auf dem falls – unter den
Auserwählten wären und meilenweit von der Masse der
auferstehenden Gläubigen entfernt mit ihren Drinks oder
ihren weltlichen Zeitschriften in der Hand gen Himmel schweben
würden!
    Doch so genau Beulah City es mit den Besuchern nahm, konnte es
sich die Stadt als vollwertiges Mitglied der freien Welt nicht
leisten, Menschen am Fortgehen zu hindern. Eine gemäß
ihrer religiösen Inbrunst selbsterwählte
Bevölkerung war eine bessere Werbung für ihre
Lebensweise als eine zwangsverpflichtete Bürgerschaft. Diese
liberalen Prinzipien galten freilich nicht für
flüchtige Verbrecher. Und abgesehen vom Geld, dessen
Vorhandensein er ungeachtet der Versicherung des Schwarzen
Planers, seine Herkunft sei nicht nachzuverfolgen, schwerlich
hätte erklären können, musste er nun mit seiner
Verhaftung rechnen.
    Nach einem Kilometer verlangsamte sich der
Straßenverkehr bis auf Schritttempo, so dass er ein
Fahrzeug nach dem anderen überholte. Kleine Elektrowagen und
lange Leichtlaster schlichen Stoßstange an Stoßstange
dahin. Jordan betrachtete sie im Vorbeigehen. Ein
schnörkeliges Modesty-Logo in Kursivschrift fiel ihm ins
Auge. Er hatte natürlich gewusst, dass ein Großteil
des Exports der Gemeinde hochpreisig und leicht war, gut geeignet
für den Transport mit Luftschiffen, die vom Raumhafen aus
starteten – von Alexandra Port, gleich auf dem Hügel
in Norlonto. Er hatte bloß nicht so weit gedacht.
    Er schüttelte den Kopf. Die Angewohnheit, Blicken und
bestimmten Gedanken auszuweichen, hatte sein Denken stärker
geprägt, als ihm bewusst gewesen war. Wie hätte er es
sonst auch so lange aushalten und die Konfrontation
hinausschieben können? Zum Teufel damit! Er wählte
einen anderen Laster aus. BA: Beliebter Arzt, die Drogenfirma. Er
sprang aufs Trittbrett und grinste den Fahrer an, der verwirrt
von seinem Laptop aufsah.
    »Kannst du mich mitnehmen, Kumpel?«, rief er. Der
Fahrer, der etwa in Jordans Alter war, musterte ihn einen Moment
lang voller Misstrauen, dann bemerkte er den Rucksack, beugte
sich vor und öffnete die Beifahrertür.
    »Danke.« Jordan folgte dem Rucksack in die
Fahrerkabine.
    Er ließ seinem beunruhigenden Talent zum Lügen die
Zügel schießen.
    »O Mann«, sagte er, »bin ich vielleicht
froh, dich zu sehen! Meine Firma macht eine Menge Geschäfte
mit dieser hier, und bevor wir heute geschlossen haben, hat man
mich gebeten, mal eben zum Raumhafen zu flitzen und einem unserer
Vertreter einen Packen Handbücher und Kataloge zu
übergeben.« Er hob sein Gepäck an. »Wiegt
bestimmt eine Tonne. Man sollte eigentlich meinen,
heutzutage…«
    »Ja«, meinte der Fahrer. »Hab ich’s
nicht immer gesagt? Die vertrauen den Netzen einfach nicht,
deshalb müssen sie das Zeug ausdrucken. Wollen verhindern,
dass ihre Ideen geklaut werden, stimmt’s? Unter uns gesagt,
weiß ich gar nicht, weshalb die sich deswegen
überhaupt Sorgen machen. Was glaubst du wohl, was ich
geladen habe?«
    Jordan machte es sich im Sitz bequem.
»Medikamente?«, fragte er aufs Geratewohl.
    »Modifiziertes Diamorphin für Hospize! Im Klartext:
Designerheroin für die Todkranken. Lindert den Schmerz,
macht einen aber nicht so high, dass man für die
Heilsbotschaft unempfänglich würde. Also, ich bin gegen
das Glücksspiel und so, aber angenommen, ich
wär’s nicht… wie viel würdest du darauf
wetten, dass nicht irgendein armer Milizionär eine Probe
für einen Offizier abzweigt, der ihm freundlich die Hand
schüttelt? Und eh du dich’s versiehst, werden die
Leute damit für den Kampf fit gemacht. Kann auch niemand
garantieren, dass es nur an die christlichen Milizen verteilt
wird. Gibt einem doch zu denken, oder nicht?«
    »Allerdings«, sagte Jordan.
     
    Der erste Grenzposten, der von Beulah City, war unmittelbar
vor der Straßengabelung errichtet. Links ging es zum
Muswell Hill hoch, rechts zum Alexandra Port. An beiden
Straßen lag je ein Grenzposten von Norlonto, besetzt mit
mehreren Wachposten, und dahinter

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