Das Sternenprogramm
noch getroffen.
Kohn sprang vor und rammte dem Angreifer beide Fäuste in
den Bauch. Der Fremde sog scharf die Luft ein, stieß sich
aber vom Hocker ab und richtete sich auf. Kohn wich zurück
und prallte dabei gegen einen Tisch. Er taumelte, stürzte
aber nicht.
In diesem Moment veränderte sich etwas: seine
Perspektive. Er blickte von oben auf seinen Kopf herab, und alles
lag vor ihm ausgebreitet wie der Bauplan eines Architekten. Ein
ruhiger Unterton beschwichtigte den verängstigten
Australopithecus, der in seinem Schädel saß und
glaubte, er befände sich außerhalb davon. Bloß
ein Bild, eine visuelle Hilfe, ein Icon: so würde es
aussehen, wenn du es so betrachten könntest. Er langte
hinter sich – sah, wie seine Hand sich ausstreckte –,
packte ein volles Glas, das gerade vom Tisch rutschte, und
schüttete dem Angreifer dessen Inhalt ins Gesicht, dann
versetzte er dem Mann einen wohlgezielten Tritt gegen das Knie.
Er war rechtzeitig wieder in seinem Kopf angelangt, um
mitzubekommen, wie sein Gegner vor Schmerz und Überraschung
die Augen aufriss und dann zur Seite kippte.
Kohn zog seinen Kreditausweis aus der Gesäßtasche
und reckte ihn einer der Überwachungskameras entgegen.
»Ich nehme an, Sie haben alles gespeichert«, sagte
er. »Ich werde keine Schadenersatzansprüche stellen,
aber wenn Sie möchten, können Sie sich auf mich als
Zeuge berufen.« Er wandte sich an die Gäste, gegen
deren Tisch er gedonnert war. Sie waren immer noch im Begriff,
sich zu erheben, und wischten sich die Kleidung ab. Er deutete
auf die zusammengebrochene Gestalt.
»Eine Runde auf seine Kosten«, sagte er.
Alle sahen ihn an.
»Macht keinen Scheiß«, setzte er hinzu und
wandte sich zur Tür. Jordan hatte Janis zurückgehalten.
Er gab ihre Oberarme frei, bückte sich und massierte sich
die Schienbeine.
»Ziemlich temperamentvoll, die Kleine, wie?«,
sagte Kohn.
Er lächelte die beiden entrüsteten und erleichterten
Gesichter an.
»Na los, Leute, gehen wir. Dreht euch nicht um, sonst
verwandelt ihr euch in eine Salzsäule.«
Im Clearinghaus drehte Donovan sich in der Isolierblase um die
eigene Achse und sah sich mit einem angespannten Schweigen
konfrontiert. Während er verschiedene Liveauftritte
absolviert und zahlreiche Pubs, Nachtclubs und Drogenlokale
aufgesucht hatte, waren die anderen hin und her geflitzt und
ihren zahlreichen Beschäftigungen nachgegangen. Alle aber
waren zugegen gewesen, als er Kohn endlich gefunden hatte. Die
von den Kameras des Pubs aufgenommenen Bilder waren wie
Zeitungsausschnitte um sie gebreitet und wiederholten sich
ständig.
»Donovan«, sagte Mrs. Lawson, »ich
wünschte, Sie hätten nachgedacht, bevor Sie den Mund
aufmachen.«
Donovan funkelte sie an. »Warum? Ich habe Ihnen doch
gesagt, dass ich Kohn herausfordern würde.«
»Der Versuch, eine zivile Festnahme zu bewirken, ist
– wie soll ich sagen? – exzessiv«, warf
Bleibtreu-Fèvre ein. »Jedenfalls wissen wir jetzt,
dass Taine bei ihm ist. Wenngleich wir sie einstweilen
verschreckt haben.«
»Das ist nicht das Problem!«, fauchte Melody
Lawson. »Wenn Sie mir eine Chance gegeben
hätten… es war noch jemand bei ihm.« Sie
schnappte sich eine Aufzeichnung und pappte sie an eine Stelle,
wo alle sie sehen konnten: ein rückwärts gehender
junger Mann, mit offenem Mund, halb von Janis Taine verdeckt.
»Der gehört nicht zu Kohns Bande. Das ist Jordan
Brown, der heute Nachmittag an der Aktion des Schwarzen Plans
beteiligt war.« Sie fuhr sich geistesabwesend durchs
glänzende Haar und den Heiligenschein, von dem
imaginäre Goldtupfer an ihren Fingern zurückblieben.
»Das lässt Böses ahnen.«
Donovan spürte wieder etwas von der Ruhe in sich
einkehren, die ihm vorübergehend abhanden gekommen war.
»Ich… entschuldige mich für meine
Eile«, sagte er. »Gleichwohl gibt es keinen Grund,
weshalb Kohn nicht auftauchen sollte, um eine
Lösegeldforderung zu erheben. Ich lasse morgen das
Krankenhaus überwachen. Wie wär’s, wenn Sie in
der Zwischenzeit die gespeicherten Daten Ihres Flüchtlings
überprüfen würden?«
»Das werde ich gewiss tun«, antwortete Mrs. Lawson
grimmig. »Er war schon seit längerem unzufrieden.
Weiß der Himmel, mit wem er in Kontakt gestanden
hat.«
»Dieser Kohn«, sagte Bleibtreu-Fèvre.
»Was wissen Sie über ihn?«
Donovan runzelte die Stirn. »Er ist der Anführer
einer kleinen Bande von Schutzsöldnern…
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