Das Sternenprogramm
Klingelgeräusche wider.
»Ich habe noch eine gute Idee.« Moh warf etwas
über die Schulter. Es landete neben Jordan. »Probier
mal.«
Jordan hob das Päckchen Marihuanazigaretten auf und
blickte es skeptisch an, als auf derselben Stelle ein
Zippo-Feuerzeug landete. Er wandte sich an Janis und zog die
Brauen hoch. »Was hältst du von diesem
Zeug?«
»Also, es bekommt einem nicht, wenn man zu viel davon
raucht, und manche Leute macht es träge, jedenfalls
träger, als sie eh schon sind, andererseits macht es nicht
süchtig und ist viel weniger karzinogen als Tabak.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich rauche jedenfalls
eine.«
»Es verwandelt das Gehirn nicht in einen Schweizer
Käse?«
»Nein, ich glaube, das schließen die neuesten
Untersuchungsergebnisse wirklich aus.«
Jordan brachte Janis die Zigarettenpackung und das
Feuerzeug.
»Ich probier’s mal«, meinte er. »Aber
ich weiß nicht so recht, wie’s geht.«
»Am besten nur wenig Rauch und viel Luft.« Sie
zeigte es ihm. Jordan steckte sich eine an und ging zurück
zum Sofa. Den ersten Abend weg von zu Hause, und schon war er auf
Drogen. Zu seiner Überraschung legte er einen ordentlichen
Zug vor und hatte seinen Hustenanfall bereits überwunden,
als Moh ihm einen großen Steingutbecher mit Nicafe
brachte.
»Guter Stoff?« Moh setzte sich grinsend neben
ihn.
»Ja«, keuchte Jordan, wischte sich die Augen und
probierte vom Kaffee. Er registrierte, wie Moh saß:
herausfordernd entspannt, den einen Knöchel aufs Knie
gelegt; die tiefschwarze Lederkleidung glänzte; und die
Frau, die in einer Art Lotussitz im Sessel saß, die
alabasterfarbene Haut und das zarte Fleisch in schwarze Seide
gehüllt, während sich Rauch durch ihr lockiges Haar
kräuselte. »Ich könnte nicht behaupten, dass ich
groß was spüre.«
Mohs Lippen und Augenbrauen zuckten, doch er enthielt sich
eines Kommentars.
»Also…« Jordan blickte von Moh zu Janis.
»Wollt ihr mir jetzt sagen, was ihr wisst?«
Moh verdrehte die Augen und senkte die Lider. »Heute
Abend nicht mehr.«
Anscheinend war er in eine Art Trance gefallen. Janis
bemerkte, dass Jordan etwas aufgefallen war, und winkte
beschwichtigend ab.
»Er hatte einen langen Tag«, meinte sie.
»Ganz zu schweigen von den Drogen.«
»Ja«, sagte Janis. »Ganz zu schweigen von
den Drogen. Erzähl mir von dir, Jordan.«
Jordan nahm noch einen Zug. Er merkte noch immer nichts. Er
war klar und ruhig im Kopf und konnte den Blick nicht von Janis
wenden. Beim Sprechen hatte sie aufgeleuchtet, und nun brannte
sie mit stetiger Flamme, worin ein wenig Übermut flackerte.
Sie unterhielten sich leise, während Kohn woanders weilte
und kein Wort sagte.
Moh nahm die Dunkelheit und die Lichter der Stadt wahr, als
wären die Wände durchsichtig geworden; dies war die
leuchtende Stadt der klaren, scharfen Logik am Rande seines
Bewusstseins. Sie lieferte ihm Bilder, eidetische Erinnerungen,
die wie Videodisks abliefen, Bilder, aus denen die Welt bestand,
in der er nun wandelte:
die leuchtende Welt die leuchtende Fahne das schlichte
Symbol die Felder des Grüngürtels die ländlichen
Straßen die geodätischen Kuppeln die Passanten die
stillen dunklen Momente
die Plastikraumschiffmodelle die an schwarzen
Fäden hängen das alte Warschauer-Pakt-Poster mit dem
kleinen Mädchen das die Erde umarmt DEN FRIEDEN VERTEIDIGEN
die Spielzeughaufen und die gestapelten Bücher und Kassetten
und der VR-Weltraumhelm
der Krieg. Die Republik verschmähte nicht die
Mitwirkung von Kindern. Die Partei stellte spezielle Milizen auf,
die Jungen Garden. Moh schleppte damals das Gewehr, ein besonders
leichtes britisches SLR, mit dem er in öden Nächten den
Eingang eines Bürohochhauses bewachte. (Der Trick dabei war,
dass er es heimlich bewachte, vom gegenüberliegenden Fenster
einer konspirativen Wohnung aus: die Regierung verhielt sich
bereits wie eine Widerstandsbewegung.) Tagsüber war es
spannender: Demonstrationen und Straßenkämpfe, die aus
der Anstrengung, die Neutralität zu wahren, resultierenden
Spannungen. Josh und Marcia machten Witze über den Kampf
für den Frieden, die er nicht verstand. Genau das taten sie,
kämpften für den Frieden und prügelten sich auf
Demonstrationen, die von der Kriegspartei veranstaltet wurden,
wie sie sagten: von Royalisten, Tories und Faschisten. Bisweilen
kämpfte die Polizei auf beiden Seiten mit.
Später stellte Moh fest, dass er
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