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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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steckte lange genug selbst dort fest.« Er beugte sich zu Johanna hinunter und flüsterte: »Wir stecken so fest, dass wir meinen, wir könnten nicht als willensfreie Geschöpfe handeln. Aber das müssen wir.« Er verstärkte seinen Griff um ihre Hand. »Was war das für eine Medizin, die Madame Herrn Larsson überbringen ließ?«
    »Woher wissen Sie, was ich ihm bringen sollte?«
    »Die Küche eines großen Hauses ist eine Vorratskammer der Geheimnisse, Fräulein Blom«, sagte er, »und die alte Köchin schöpft sie mit der Kelle heraus, wenn sie Lust dazu hat.«
    »Ich verspreche Ihnen, dass Herr Larsson wieder gesund wird, egal was die Köchin Ihnen erzählt hat. Ich würde niemals …«
    »Niemals was?«
    Johanna sah ihn offen an. »Ich würde niemals unschuldigen Menschen Schaden zufügen, ich will es im Gegenteil verhindern.« Ihre Haut wurde fleckig, Tränen stiegen ihr in die Augen.
    Meister Fredrik lockerte seinen beharrlichen Griff, ließ Johannas Hand aber nicht ganz los. »Es ist eiskalt, Fräulein Blom, und wir haben Mittwoch. Bei Frau Lind wartet zum Abendessen eine Schüssel heiße Erbsensuppe und frische Pfannkuchen. Wir müssen vertraulich miteinander reden. Selbst die erbittertsten Feinde können in Kriegzeiten Allianzen bilden.«

Kapitel 43

Kassiopeias Rückkehr
    Quellen: Luisa G., J. Blom
    Johanna hörte das ferne Klappern von Absätzen, die sich in ihre Richtung bewegten. Sie holte ein paarmal tief Luft und besah sich ihre Schuhe, die noch immer feucht waren vom Schnee, als sie eine Stimme sagen hörte:
    »Sie sind Ihrem früheren Namen entsprechend gekleidet. Wollen Sie ihn wieder annehmen?« Die Uzanne lachte über Johannas entsetztes Gesicht.
    »Ich hoffe nicht, Madame«, antwortete sie mit einem Lächeln, das verschmitzt aussehen sollte. »Ich hatte vor, zu verschwinden.«
    »Sie sollten aufblühen.« Die Uzanne drehte sich um und bedeutete Johanna, ihr zu folgen. »Luisa, bringen Sie etwas zu essen. Etwas Leckeres«, rief sie dem Hausmädchen im Vorübergehen zu. Vor einer vertäfelten Tür blieb sie stehen, nahm einen Schlüssel von ihrem Armband und schloss auf. Johanna betrat den Kern der Fächersammlung zum ersten Mal, ihr Herz raste, als sie in das muffige Kabinett kam. Es sah eher aus wie ein Drachenhort denn wie ein Archiv für Hunderte erlesener Fächer: ein Sammelsurium von Sekretären, Holzkisten und Schränken; Landkarten, Briefe und Quittungen stapelten sich auf jeder Platte. Die untere Hälfte von drei Wänden war von schmalen Kommoden gesäumt, darüber war jeweils eine halbkreisförmige Wandnische eingelassen, in der hinter einer verschlossenen Glastür ein Fächer hing. Die mittlere Nische war leer, daneben blieb die Uzanne stehen. In gespannter Vorfreude rang sie die Hände. »Haben Sie sie?«
    Johanna machte einen Knicks und reichte ihr die Schachtel, die sie in ihr Umschlagtuch gewickelt hatte. »Ich schätze mich glücklich, dass ich Ihnen Kassiopeia überbringen darf. Die Wahrsagerin hat zu Herrn Larsson gesagt, der Fächer habe Zauberkräfte.«
    Die Uzanne stellte das Bündel auf ihren Schreibtisch und zupfte an dem Knoten herum wie ein ungeduldiger Liebhaber an einem störrischen Schnürband. Sie küsste den elfenbeinernen Griff und sah Johanna dann mit leuchtenden Augen an. »Glauben Sie an Magie, Fräulein Blom?«
    Johanna zögerte, sie fragte sich, ob das nun ein weiterer Test wäre. »Welcher Art?«
    »Jeder Art, zum Beispiel die Magie der Fächer.«
    »Für manches hat die Wissenschaft keine Erklärung. Auch die Kirche nicht.«
    »Ganz genau.« Wieder und wieder öffnete und schloss die Uzanne den Fächer. »Vor einem Jahr hätte ich das noch nicht zugegeben, aber sehen Sie nur, wie Kassiopeia in genau dem Moment zu mir zurückgefunden hat, da ich sie am dringendsten brauche. Sie ist begierig, die Aufgabe zu erfüllen, für die sie geschaffen wurde. So wie wir.«
    Luisa klopfte an und kam mit einem Tablett herein, auf dem Mandelkuchen und kandierte Orangenschnitze angerichtet waren. Sie stellte es ab und blieb neben der Tür stehen, um zu lauschen.
    »War es schwierig, sie an sich zu nehmen, Johanna?«, fragte die Uzanne.
    »Überhaupt nicht, aber es hat mehr Zeit gekostet, als ich mir gewünscht hätte. Herr Larsson war gerührt von Ihrer Nächstenliebe und hat viel zu viel geredet. Auch er schien von dem Fächer verzaubert zu sein.«
    »Und die Arznei?«
    »Herr Larsson hat die blaue Flasche gleich mit einem Messer geöffnet, hat aber in meinem Beisein

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