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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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Satz: »Carlotta ist verlobt, Herr Larsson.«
    Ich schluckte den spanischen Crianza, den ich im Mund hatte, mit nervöser Hast hinunter. »Mit wem?«
    »Na, na, Magda, das können wir so noch nicht sagen«, widersprach Herr Vingström. Sie aber hob die Hand und gebot ihrem Gatten zu schweigen, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und knallte die Tür zum Lager hinter sich zu.
    »Ist das wahr, Herr Vingström?«, fragte ich und drückte bange mein Glas in der Hand.
    Er öffnete die Tür einen Spalt, um nachzusehen, ob seine Frau auch wirklich weg war. »Carlottas Gönnerin hat ihr einen möglichen Kandidaten vorgestellt, einen Leutnant mit Verbindungen zu Adelskreisen. Meine Gattin hofft, dass die Verlobung bald bekanntgegeben wird.« Er goss einen Schluck Wein in ein Glas und schwenkte es. »Ich für meinen Teil halte ihn für einen großspurigen Grünschnabel, der nicht die Kraft hat, den Stürmen der Ehe standzuhalten. Vor allem mit meiner Carlotta.« Er schwenkte den Wein im Mund, dann spuckte er ihn in einen Napf. »Wollen Sie kosten?«, fragte er mich lächelnd.

    Ich trank ein Glas mit Herrn Vingström, lobte Carlotta und stellte mir die ganze Zeit vor, wie es wohl sein mochte, ihn Vater zu nennen. Es war kein unangenehmer Gedanke, wiewohl merkwürdig, denn er war ein Käufer meiner beschlagnahmten Waren, und ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie zu jemandem Vater gesagt. Als ich aufbrach, gaben wir uns die Hand. »Bitte übermitteln Sie Ihrer reizenden Tochter meine besten Wünsche. Mehr als alles andere verdient sie Glück!«
    Lustlos ging ich zum Abendessen in den
Pfauen
, danach spielte ich in der Gråmunkegränd Karten, bis Katarina mir auf die Schulter klopfte – Madame Sparv war so weit und wartete oben am Tisch.
    »Machen Sie es sich bequem, Herr Larsson. Der Betrüger lässt sich für gewöhnlich Zeit.«
    Madame Sparv betrachtete die Karte, die nach zwölf ermüdenden Runden auftauchte. »Wieder Stempelkissen. Hier haben wir eine weitere arbeitsame Person, sie ist aber nicht unbedingt diejenige, die sie zu sein scheint. Der Betrüger kann den Hofnarren spielen, der aber ist oft der beste Berater des Königs. Andererseits … nun, gilt nicht der Satan als Vater aller Lügen?« Sie reichte mir die Karte.
    »Sieht aus wie Frau Murbeck.« Ich sah ihren fragenden Blick. »Meine Vermieterin. Sie schimpft ständig mit ihrem Sohn.«
    »Lassen Sie sich nicht zu vorschnellen Schlüssen verleiten, Herr Larsson. Ihr Betrüger kann nach außen hin anders erscheinen, als er ist – wie im Märchen von der alten Hexe, die sich in eine hübsche Maid verwandelt, wenn man ihr Achtung und wahre Zuneigung zollt. Oder im Märchen vom Zauberer, der sich als Einfaltspinsel verkleidet, nur zu dem Zweck, einen zu verführen. Mit der Betrüger-Karte müssen Sie vorsichtig sein, besonders wenn es eine Sieben ist – denn das ist die Zahl des okkulten Mysteriums: Abrakadabra.«

    Ich betrachtete die Karte genauer. »Der Mann sieht zu einfältig aus, um ein Magier zu sein. Aber die Frau ist geschäftstüchtig. Sehen Sie, wie sie ihn verflucht.«
    »Sind Sie sicher, dass es ein Fluch ist und nicht ein Segen?«
    »Oh!« Ich spürte, wie mir das Blut zu Kopfe stieg. »Das sind die Vingströms! Ich habe sie heute getroffen, Carlottas Vater war herzlich, aber die Mutter stürmte aus dem Laden, nachdem sie vor ihrem Mann die Hand gehoben hatte. Und der umgekippte Korb heißt wohl, dass Carlotta für mich verloren ist. Sie hat mir nicht mehr geschrieben, und ihre Mutter hat gesagt, sie würde sich bald verloben.«
    »Sie ziehen in jeder Hinsicht zu schnelle Schlüsse. Die acht Karten sind noch nicht vollständig, und Familien sind kompliziert. Ich fürchte, ich sage das eher aus meiner Beobachtung heraus denn aus eigener Erfahrung.« Sie stand auf und goss sich ein Glas Wasser ein. »Was ist mit Ihrer Familie? Es würde mir helfen, Ihr Oktavo besser zu deuten, wenn ich mehr über Sie wüsste.«
    Ich stand auf und ging ans offene Fenster, der weiche Vorhang strich mir über die Wange. »Meine Familie ist Stockholm.«
    »Aber Sie hatten Eltern, vielleicht Geschwister, Cousins und Cousinen …«
    »Man hat mir gesagt, mein Vater sei Musiker gewesen. Er starb, bevor ich ihn kennenlernen konnte. Ich wurde nach seinem besten Freund benannt, einem französischen Violinisten. Aber Emil ist ein zu vornehmer Name für mich. Alle nennen mich nur Larsson oder jetzt Sekretär.«
    »Mir gefällt der Name Emil. Vielleicht sind Sie noch nicht in

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