Das Stockholm Oktavo
untereinandermischen!« Und die Maskerade versprach Anonymität.
»Genau. Der König kommt zu jedem Ball, und auch Herzog Karl wird anwesend sein. Jeder wird eine bedeutende Gefolgschaft mitbringen, aber meine jungen Damen werden das Gleichgewicht zum Kippen bringen.«
»In welche Richtung, Madame?«
»In Richtung einer Rückkehr zur gesellschaftlichen Ordnung«, sagte die Uzanne. »Und der ›fünfte Stand‹, die Damen meines Rangs, werden den Weg weisen.« Meister Fredriks Gesicht war ausdruckslos. Die Uzanne fragte sich, wie er in den Adelsstand erhoben werden wollte, wenn er nicht einmal die simpelste Anspielung erfasste. Es war klar, dass sie den patriotischen Plan, den sie Herzog Karl unterbreiten wollte, nicht einmal im mindesten mit ihm teilen konnte. Sie seufzte und schenkte ihm ihr verführerischstes Lächeln. »Sie werden als einer meiner Begleiter dabei sein. Wir werden prachtvolle Kostüme tragen, das verspreche ich Ihnen.«
Meister Fredriks Gesicht hellte sich wieder auf. »Das gibt Anlass zu breitgestreuter Freude, Madame. Nicht nur die jungen Damen und ihre Mütter werden frohlocken – auch die Schneider, Friseure, Handschuhhersteller, Putzmacher und Parfümeure in der Stadt! Und die Herren werden schon Wochen vorher Schlange stehen!« Er malte sich aus, wie auch sein Gewerbe aufblühte, denn die jungen Damen stachen sich vor ihrem Debüt gegenseitig mit Tee- und Festgesellschaften aus, und all das erforderte eine ausgeklügelte, kostspielige Korrespondenz. »Wie kann ich zu Diensten sein?«
Das war sehr viel leichter zu erklären. Die Uzanne sagte ihm genau, welches Papier sie wünschte, die Farbe der Tinte, wie die Umschläge gefaltet werden mussten, welches Wachs, welches Siegel sie wollte sowie zu welchem genauen Zeitpunkt und in welcher Reihenfolge die Briefe zugestellt werden sollten. Meister Fredrik mochte diese Liebe zum Detail und machte sich beflissen Notizen in einem kleinen Buch, das er bei sich trug. Als das Geschäftliche besprochen war, stand er auf und ging zu der Wand mit den offenen Glastüren; sie führten auf eine schattengesprenkelte Terrasse oberhalb eines Rasens, der sanft zum See hin abfiel.
»Ihre Größe spiegelt sich auch in Ihrer Umgebung wider, Madame. Alles ist so vollkommen, dass es wahrlich nichts zu wünschen übrig lässt.« Die Uzanne seufzte und sagte, dies sei in vielerlei Hinsicht wahr, dennoch habe sie drei unerfüllte Wünsche.
»Gestatten Sie, dass ich die gute Fee für Sie spiele und Ihnen Ihre Wünsche erfülle!«, sagte er eifrig.
Die Uzanne faltete ihren Fächer zusammen und legte ihn auf ihren Schoß. »Wenn das eintreten sollte, dann werden Sie mein teuerster Freund.« Sie klopfte auf den Platz neben sich, Meister Fredrik setzte sich. »Mein erster Wunsch gilt meiner Nachtruhe. Seit über einem Monat schlafe ich nicht gut. Ich bräuchte einen diskreten Apotheker, der ein Schlafmittel herstellen kann, eines mit … ungewöhnlicheren und stärkeren Ingredienzien.«
»Die Löwenapotheke ist dafür die beste Adresse. Ausgezeichneter Service, höchste Diskretion, ein breites Angebot an Präparaten. Ich selbst habe dort neulich ägyptisches Mumienpulver gekauft.« Er hielt inne, bis sie den Namen dieses exotischen und hochpreisigen Heilmittels in sich aufgesogen hatte. »Ich werde mich schleunigst an den Apotheker wenden. Ihr zweiter Wunsch?«
»Eine neue Begleiterin, vorzugsweise ein Mädchen, das nichts mit den schmutzigen Machenschaften in der Stadt zu tun hat.« Die Uzanne ließ ihren Fächer schneller hin und her schwingen. »Carlotta Vingström war zwar nach außen hin reizend, aber ihre Verderbtheit darunter war …«
»War was?«, fragte Meister Fredrik neugierig, er kauerte dabei auf der Kante des Diwans.
»Sie hat mich zu einem Fest begleitet, das kein Geringerer als Herzog Karl gegeben hat. Es war eine einmalige Gelegenheit, ich dachte, sie wäre dankbar und ihre Eltern würden sie in meiner Obhut sicher wissen. Aber Fräulein Vingström hat sich mit anderen in einem grausamen Scherz gegen mich und meine Karten verbündet, dann hat sie sich den ganzen Juli über mit einem betrunkenen Satyr davongestohlen und die Nächte in unaussprechlicher Schamlosigkeit verbracht.«
Meister Fredrik beugte sich zu ihr vor. »Sie können mir alles erzählen.«
Die Uzanne streifte sein Handgelenk leicht mit dem Fächer. »Ich habe an Carlottas Eltern geschrieben und ihnen nahegelegt, ihre Tochter am besten unverzüglich aus der Stadt zu entfernen.
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