Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
Vom Netzwerk:
Angst, dass diese Karte das Symbol für die wirkliche Bedeutung des Ehestandes sein könnte.
    Madame Sparv legte den Kartenstapel auf den Tisch und bedeckte meine Hände mit ihren. »Das ist meine Karte, Herr Larsson. Ich bin Ihr Schlüssel.«

Kapitel 13

Friedens- und Kriegskunst
    Quellen: M. F. L., Luisa G.
    »Kommt er immer zu spät?«, sagte die Uzanne verärgert zu ihrem eigenen Spiegelbild in der Fensterscheibe. Durch die hängenden Buchenzweige sah sie die schwarze Silhouette einer Kutsche, die wie ein riesiger Käfer vor dem Blau des Mälarsees dahinkroch. »Und warum kann dieser Idiot kein Boot nehmen wie alle anderen Leute?« Sie wusste genau, dass er es nicht ausstehen konnte, wenn seine Kleider verspritzt und seine Haare vom Wind zerzaust wurden. Und sie wusste auch, dass es seine Angewohnheit war, immer ein wenig zu spät zu kommen – was eindeutig ein Affront war, allerdings bewunderte sie diese Unverfrorenheit. Meister Fredrik Lind war der erste Besucher, den sie empfing, seit Kassiopeia ihr geraubt worden war, der erste Mensch von einem gesellschaftlichen Rang über den Hausbediensteten, den sie sehen wollte. Nicht dass Meister Fredrik überhaupt einen Rang gehabt hätte – »Meister« war ein selbstverliehener Ehrentitel, den sie ihm jedoch niemals streitig machen würde. Sein Können als Kalligraph, sein Fundus an Klatschgeschichten und die unstrittige Loyalität gegenüber seiner Gönnerin waren beispiellos.
    Die Uzanne schloss die Augen und versuchte, sich an Kassiopeias Gewicht in der Hand zu erinnern, das weiche Elfenbein ihrer Stäbe, den Duft von Jasmin, der von ihrer Rückseite aufstieg. Nun hielt sie einen edelsteinbesetzten Cabriolet-Fächer in der Hand, der für Katharina die Große angefertigt worden war, doch ihren Lieblingsfächer konnte nichts ersetzen. Sie hatte dieser Madame Sparv geschrieben, um über einen Rückkauf zu verhandeln, hatte aber keine Antwort bekommen. Daraufhin hatte sie ihr erneut geschrieben und einen Tausch angeboten: Ein belgischer Trauerfächer aus Spitze und ein englischer Karnevalsfächer mit einer Pierrot-Maske auf dem Blatt waren ein mehr als großzügiges Angebot. Eine Woche später war eine kurze Nachricht gekommen, in der ihr mitgeteilt wurde, dass sich Kassiopeia nicht mehr in der Gråmunkegränd befinde. Entweder die Frau log, oder sie hatte den Fächer bereits verkauft, in beiden Fällen aber würde die Uzanne Kassiopeia wiederfinden. In der Zwischenzeit hatte sie in einem Brief an Herzog Karl angedeutet, dass sie den Verdacht hege, im Spielsalon der Wahrsagerin würde Falschspiel stattfinden, und sie hatte gehofft, Karl würde für eine Dame in Not den Kavalier spielen. Doch sie war dem Herzog eindeutig nicht nahe genug gekommen, denn die gestochene, hingeworfene Schrift in seinem Antwortschreiben deutete auf sein reizbares Wesen hin:
    Sofern Madame sich an ernsthaften Staatsangelegenheiten zu beteiligen wünscht, sollte sie sich nicht von einer Bagatelle ablenken lassen, die beim Kartenspiel verlorenging. Und sofern sie keinen Beweis für ein Vergehen hat, ist es unziemlich, auf der Rückerstattung des Gewinns zu bestehen. Ein echter Zwist beim Spiel wird durch ein Duell entschieden und nicht durch die Einmischung der Krone.
    Doch mit dieser Rüge kam auch ein versöhnliches Zeichen. Der Herzog hatte zum Trost einen durchsichtigen Seidenfächer aus Japan mitgeschickt, der mit Vögeln bemalt war; doch leider fachten diese Vögel ihre Wut nur noch an. Der Gärtner erzählte, sie habe den Fächer in den See geworfen, er habe ihn später wieder herausgefischt und für ein hübsches Sümmchen verkauft.
    Für die Uzanne stand der Raub ihrer Kassiopeia für alle Übel der Nation: den Aufstieg der niederen Stände, den Verfall der Autorität, die Schwäche der Machthabenden, den Niedergang der Ordnung. Kassiopeia wiederzufinden war ein erster Schritt zur Bekämpfung dieser Übel, aber das würde kein Mensch außer Henrik je verstehen. Doch ihr Wunsch, Kassiopeia zurückzubekommen, war vom üppigen Gewand der Gier und von Rachedurst bemäntelt, und dafür würde sie leicht Mitstreiter finden.
    Sie hörte, wie die Haustür aufging und wie Luisa, die Dienstmagd, lachte. Dann hallte ein schöner Bariton durch die Eingangshalle mit den grauen Holzpaneelen:
    »Portugal, Spanien
    Großes Britannien.
    Hätte ich doch nur eure Kronen und Macht
    Über der Fresse!
    Und ’ne Prinzesse
    In meinen Armen, das wäre eine Pracht;
    Ich und die Kleine
    Säßen beim

Weitere Kostenlose Bücher