Das Stockholm Oktavo
mit Ihnen teilen.«
Sie fasste in ihre Rocktasche, zog das deutsche Blatt heraus und legte die Karten zwischen Tellern und Tassen zu dem mittlerweile vertrauten Muster aus. Ich erschrak, als ich vertraute Bilder sah, unter anderem den Unter der Bücher, meinen Suchenden.
»Wen stellen sie dar?«, fragte ich.
»Nicht alle Acht stehen fest. Ich habe in den vergangenen Wochen daran herumgerätselt und versucht, nach Zeichen und Bestätigungen Ausschau zu halten. Eines ist sicher: Ich bin umgeben von Macht.«
Ich lachte erleichtert und bestrich mein Brötchen dick mit Erdbeermarmelade. »Dann bin ich raus aus dem Spiel, Madame Sparv, denn der Unter im roten Rock, kann nicht ich sein.«
»Im Gegenteil – Sie sind es«, gab sie zurück und blickte erschrocken auf. »Warum sollte ich das Oktavo sonst mit Ihnen teilen wollen?«
»Sie haben gesagt, Sie seien von Adligen umgeben. Ich bin ein Bürgerlicher«, widersprach ich.
»Ich sagte: Macht, Herr Larsson, nicht Adlige. Mich interessiert Ersteres.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Oktavo zu. »Hier ist mein Gefährte, der König der Bücher, der höchste König im Blatt, ein gebildeter, kultivierter Mann, ein mächtiger Mann, der voll im Leben steht. Strebsamkeit ist seine Natur. Er ist auch ein Krieger – sehen Sie den Helm unter seiner Krone? Und er hält ein Zepter, das mit einer Lilie gekrönt ist, ganz sicher eine Verbindung zu Frankreich.« Zärtlich berührte sie die Karte. »Es gibt viele Männer, auf die diese Beschreibung passt, und in anderen Zeiten und in einem anderen Oktavo würde ich das Offensichtliche nicht sofort akzeptieren. Aber in diesem Fall ist er es – der Mann, der seit vielen Jahren mein Freund ist.«
»König Gustav?«, fragte ich, obwohl ich selbstverständlich wusste, dass sie keinen anderen darin sehen wollte.
»Und neben ihm liegt der König der Weingefäße. Herzog Karl.«
»Herzog Karl ist kein König«, sagte ich und biss in mein Brötchen.
»Aber er ist begierig darauf, es zu werden. Er hat mich seit Mittsommer oft aufgesucht.«
»Ich bin überrascht, dass Sie ihn bei seinen hochverräterischen Neigungen überhaupt noch einlassen.«
»Herzog Karl ist der Bruder des Königs und der Militärgouverneur von Stockholm«, antwortete sie, »überdies bezahlt er mich königlich, damit ich ihm wieder und wieder die Vision der beiden Kronen erzähle – wie eine Gutenachtgeschichte für ein verzogenes Kind.«
»Und haben Sie ihm ein Oktavo gelegt? Sie hatten doch diese Vision in Bezug auf ihn.«
»Ich habe ihn gefragt, aber er hat dazu nicht die Geduld.« Sie drückte ihren Zeigefinger auf das Gesicht des Königs der Weingefäße. »In meinem Oktavo ist Herzog Karl der Gefangene, und ich will ihn gut festhalten. Ich habe ihn gewarnt: Sollte er Gustav etwas antun, hat er beide Kronen verspielt.« Ich sah sie schief an, und sie fügte hinzu: »Jede gute Wahrsagerin schmückt ihre Vorhersagen ein wenig aus.«
»Und was ist mit der Dame? Es ist dieselbe Karte wie meine Gefährtin.« Ich wartete, dass sie ihren Namen aussprach, aber das tat sie nicht. »Die Uzanne?«, sagte ich.
»Die Uzanne als mein Lehrmeister? Nein. Von ihr will ich nichts lernen. Im Stapel sind zweiundfünfzig Karten, und in der Stadt leben Zehntausende. Wir haben nur eine Spielkarte gemeinsam. Aber ich freue mich, dass Sie sie endlich in Ihrem Oktavo platziert haben, Herr Larsson. Auf Ihrer Suche nach der Liebe wird sie Ihnen nützlich sein, dessen bin ich mir sicher.« Sie nahm einen Apfel und schälte ihn mit dem Messer. »Die Dame der Weingefäße hier, mein Lehrmeister, ist Herzog Karls Gemahlin,
lilla hertiginnan
. Eine kluge Frau, heimtückisch genug und dem Thron nah. Die beiden stehen meinem König gegenüber. Sehen Sie? Sie liegt im Oktavo neben Herzog Karl, aber nach dem, was ich höre, tut sie das im wirklichen Leben selten.« Madame Sparv sah meine hochgezogenen Augenbrauen. »Die Karten bestätigen so einiges, auch Skandale. Da, wie Herzog Karl wegschaut!« Sie schnitt einen Apfelschnitz ab und schob ihn in den Mund.
»Und der Kurier? Erlauben Sie, Madame Sparv, ich kann wirklich nicht sehen, wie ich überhaupt hier hineinpasse. Wenn dazu gehört, dass man buchstäblich Briefe und Päckchen in der Stadt austrägt, nun ja, jeder …«
»Nicht für das Ereignis, auf das mein Oktavo hindeutet.« Sie legte ihre Hand auf meine, ich bekam Gänsehaut am Arm. »Mein Kurier muss bei den Oberen und Unteren ein und aus gehen, ohne im mindesten
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