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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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aufzufallen. Er braucht Beobachtungsgabe, muss in Konversation gewandt und diskret sein – einer, der mit der Menge verschmelzen kann und Kleider trägt, die gut geschnitten, aber unauffällig sind. Ein Mann, der Alkohol vertragen und höflich, ja ungezwungen mit fast jedem plaudern kann. Ich habe gesehen, wie Sie das an den Tischen tun. Sie wissen, wie man lügt und wann Sie angelogen werden. Ihr Amt verschafft Ihnen Zugang zu jedem Gewerbe, und Ihr Geschlecht ermöglicht Ihnen den Zutritt zu allen anderen Orten. Kurz – Sie sind perfekt.«
    Ich wurde unweigerlich rot bei ihren Komplimenten. »Und Ihr Betrüger, der Ober der Kelche? Er ist in meinem Oktavo der Gewinn.«
    »Wer ist Ihr Gewinn, Herr Larsson?«, fragte sie. Ich gab zu, dass ich es noch nicht wusste, mir ein wohlhabender Logenbruder mit einer eleganten Tochter jedoch naheliegend schien. Sie neigte den Kopf und studierte die Karten. »Mein Betrüger ist niemand, mit dem Sie viel Kontakt hätten; als mein Kurier könnten Sie ihn jedoch treffen. Wir haben schon äußerst zufriedenstellende Geschäfte abgeschlossen – es ist der Fächerhersteller Nordén.«
    »Diesen Namen kenne ich … Er ist neu in unserer Loge, er kam auf Meister Fredriks Einladung«, sagte ich.
    »Nordén ist ein Schüler der Mysterien und Royalist durch und durch. Wir sind in vielerlei Hinsicht verwandte Seelen.« Sie sprach weiter über ihr Oktavo und behauptete, der Geschwätzige sei wahrscheinlich Frau von Hälsen. »Seit ich dieser Dame ihre Eva zurückgebracht habe, ist sie eine sprudelnde Informationsquelle. Ich kann sie nicht zum Versiegen bringen.«
    »Wer ist der König der Kelche, Ihr Gewinn?«, fragte ich. »Und wer Ihr Schlüssel?«
    »Ich brauche meinen Gefährten, um die letzten beiden Karten zu bestätigen. Ich erwarte, dass Gustav mich aufsucht. Oder zumindest auf meine Briefe antwortet. »Er war … beschäftigt.« Sie aß den Apfel mit Stumpf und Stiel auf und wischte sich die Hände an einer Leinenserviette ab. »Hinsichtlich meines Gewinns deuten die Kelche auf Liebe, Zuneigung, Charme, Finesse hin. Achten Sie auf das vornehme ausländische Gewand. Es ist französisch, nicht wahr? In meinem Oktavo sind vier Kelch-Karten, und jede steht in Beziehung zu Frankreich. Nordén kam aus Paris zurück, Frau von Hälsens tragische Liebesaffäre begann in der Bretagne, und ich selbst bin in Reims geboren. Die Könige von Frankreich werden in der Kathedrale von Reims gekrönt. Bis ich neun Jahre alt war, besuchte ich jeden Sonntag die Kathedrale. Auf dem Boden dort gibt es ein Labyrinth in Form eines Achtecks.«
    »Dann ist der König der Kelche … der französische Gesandte?«
    »Nein, ich glaube, es ist der französische König.« Sie sah die Zweifel in meinem Gesicht, ignorierte sie aber. »Man muss das Oktavo als Ganzes betrachten.« Sie nahm ihren Schlüssel, den Unter der Stempelkissen, und hielt ihn mir vor die Nase. »Sehen Sie sich den Schlüssel an – ein Bube zwischen zwei Königen, der eine hat die Hand an der Muskete, der andere will sein Schwert ziehen. Der Bube steht neben beiden, tapfer und bereit, sich zu opfern. Er ist elegant gekleidet, ein vermögender Mann. Das ist natürlich Graf Axel von Fersen. Erinnern Sie sich an die Vision?«
    »Aber die Flucht ist fehlgeschlagen, Madame Sparv.«
    »Der erste Versuch ist fehlgeschlagen. Aber Gustav wird alles daransetzen, den französischen König zu retten. Denn für ihn ist die Monarchie nicht nur heilig – er weiß auch, dass Frankreich und Schweden zweieinhalb Jahrhunderte lang Verbündete waren. Die Sonne und den Nordstern einigen heilige, unverbrüchliche Bande.« Lächelnd legte sie die Fingerspitzen zusammen. »Und was machen Sie mit Ihren Acht für Fortschritte?«
    Ich erzählte ihr als Erstes, dass es die Uzanne war, die veranlasst hatte, Carlotta wegzuschicken. »Ist das denn nicht ein Hinweis auf meinen Gefährten?«, fragte ich.
    »Doch, und ein starker dazu. Vielleicht hat die Uzanne ein anderes Mädchen für Sie.«
    »Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben«, sagte ich im Brustton der Überzeugung, obwohl ich gehört hatte, dass Carlotta auf einem stattlichen Anwesen in Finnland gelandet war und bereits einen Herrn verzaubert hatte.
    »Das sollten Sie auch nicht, es sei denn, Sie hoffen auf etwas Besseres. So. Was noch?«
    Ich berichtete von dem unablässigen Druck, den mein Vorgesetzter auf mich ausübte, und von seinem Beharren darauf, dass ich den Freimaurern beitrat, um irgendwelche

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