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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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aufgeklärte Philosophie in Person. Sie müssen sie ganz einfach kennenlernen! Sicher würde sie die Bekanntschaft mit einem Herrn reizvoll finden, der die Wege kennt, auf denen ihre Schönheiten in die Stadt finden.« Nun begriff ich, was er mit seiner Großzügigkeit bezweckte. Solcherart Verstrickungen mied ich normalerweise und sagte ihm dies auch, doch Meister Fredrik ließ nicht locker. »Die heiratswürdigsten jungen Damen treffen sich in ihrem Salon. Vielleicht wollen Sie ja den Zugang zu einer Schönheit gegen den zu einer anderen tauschen«, meinte er.
    Für mich war der Name der Uzanne aufgegangen wie der Mond, manchmal war er voll und sprang ins Auge, manchmal war er nur eine Sichel, die sich in den Wolken der Konversation verbarg. Vielleicht war die Uzanne meine Gefährtin, wie Madame Sparv glaubte – eine nützliche Verbindung auf der Suche nach meinen Acht. Vielleicht könnte ich durch sie auch mehr über Carlottas missliche Lage erfahren oder mich für Carlotta verwenden.
    »Madame beginnt wieder mit dem Unterricht und will die Liste ihrer Schülerinnen erweitern, weshalb sie nun auch die Creme der niederen Stände mit einbezieht.« Er sah mir in die Augen. »Reichtum, Herr Larsson – das ist Balsam für die Normalsterblichen.« Er nahm einen großen Schluck Kaffee. »Ich beginne gerade, die Ankündigungen zu verfassen – mit feinster grüner Tinte auf sahneweißem Büttenpapier aus Prag, bestreut mit Fliederblüten, der Rand wird in Blattgold getunkt. Ich werde dafür sorgen, dass Sie eine bekommen. Gratis natürlich.« Er sah mich an und wartete auf einen Kommentar. »Extra-Einladungen sind unerlässlich für jedes Geschäft – einer Gastgeberin kann einfallen, dass sie eine wichtige Person vergessen hat, oder sie will sich bei jemandem einschmeicheln. Ich behalte die überschüssigen Exemplare, sie sind sehr gefragt.«
    »Das halte ich für einen sehr schlauen Nebenerwerb«, gab ich zu.
    Meister Fredrik zuckte mit den Schultern. »Sie würden staunen über die Anfragen, die ich bekomme. Das Ganze fing mit wohlplatzierten Geschenken und Gefälligkeiten an, und ich stellte fest, dass Dankbarkeit üblicherweise in Barem ausgedrückt wird. Meine Frau ist entzückt über dieses Arrangement, schließlich verlangt es sie nach schönen Kleidern. Und unsere Jungen auch. Jede ihrer Uniformen kostet einen Monatslohn. Ich schränke diesen Brauch jedoch vorsichtig ein und paare Gast und Ereignis mit großer Umsicht.«
    »Ich fühle mich geehrt, dass Sie mich überhaupt in Betracht ziehen«, sagte ich.
    »Es gibt eine schmerzlose Möglichkeit, wie Sie sich für den Gefallen revanchieren können.« Ich wartete, bis er an seinem Kaffee genippt hatte. »Habe ich richtig gehört, dass Sie die Gråmunkegränd erwähnt haben?« Ich bewegte unschlüssig den Kopf – sowohl ein Ja als auch ein Nein. »In dem dortigen Spielsalon hat eine Frau Rabe – oder Amsel? – ein Mittsommernachtsfest ausgerichtet.«
    »Ich habe von diesem Salon gehört«, sagte ich. »Sehr exklusiv!« Es ist übrigens Madame Sparv – Sparv wie ›Sperling‹ –, die ihn führt.
    »Ach ja?« Meister Fredrik beugte sich vor. »Das Fest hat Herzog Karl gegeben. Er geht zu Wahrsagern, Herr Larsson, und die Uzanne gehört zu seinen Vertrauten.« Er zwinkerte, als sei er selbst auf dem Fest gewesen.
    »Stellen Sie sich vor, zu so einem Ereignis eingeladen zu sein!«, meinte ich.
    »Ich erzähle Ihnen das nicht, um Sie neidisch zu machen, sondern um Ihnen durch eine günstige Gelegenheit die Tore weit zu öffnen. Die Uzanne glaubt, dass man sie bei diesem einzigartigen Ereignis in der Hitze eines Kartenspiels um einen Faltfächer betrogen hat, und will ihren Schatz nun unbedingt zurückhaben. Das ist ein Fall, den Sie lösen könnten.«
    »Ich bin Zollbeamter, kein Polizist.«
    »Wenn ich Ihnen die Möglichkeit böte, mit der Uzanne zusammenzutreffen und ihr zu Diensten zu sein, wären Sie so fasziniert, dass Sie ihr den Fächer mit allen Mitteln zurückholen würden. Und es wäre zu unserem beiderseitigen Vorteil.«
    Bevor er noch weitersprechen konnte, brach auf der anderen Seite des Lokals Streit aus, Geschirr zersplitterte auf den Bodendielen. »Ich bin eher an die niederrangigen Massen gewöhnt, Meister Fredrik. Ich bezweifle, dass ich in so eine Gesellschaft passen würde.«
    »Über jedem von uns gibt es eine geräumige Sphäre. Wir müssen uns nur emporschwingen«, sagte er und zupfte an seinen kastanienbraunen Ziegenlederhandschuhen.

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