Das Stockholm Oktavo
die Mode ihn auch ungeachtet der Größe des Bauchs ruinieren kann. Meine eigenen teuren Extravaganzen gestand ich nicht ein, ich sagte nur, dass ich in Nordéns Laden gewesen sei, wo der Kauf eines einzigen Fächers ihn ein Monatssalär kosten konnte. Alle drückten ihre Verachtung für diesen französischen Luxus aus, worauf ich einwarf, ein Fächergeschäft sei ein Ort, an dem man feine Damen treffen könne. Daraus ergab sich ein Gespräch über die Nordéns, und es stellte sich heraus, dass zwei Herren Nordén es betrieben. Ich stellte meine Tasse so rasch ab, dass ich kleckerte. Der ältere Bruder war der Künstler, der jüngere, ein gutaussehender Dandy, arbeitete als Verkäufer, zu dem die Damen in Scharen strömten. Wenn die zwei Männer Brüder und Geschäftspartner waren, war es ja vielleicht egal, welcher von beiden Madame Sparvs Brief bekäme. Ich musste auf Margots Urteil vertrauen und durfte Madame Sparv vorerst nicht sagen, dass ihr Auftrag erledigt war.
»Die Nordén-Brüder sind ein hervorragendes Gespann«, sagte Sekretär Sandell, »und wahrscheinlich auch ein feines Gespann mit der schönen Frau, einer echten Françoise.« Das Grüppchen johlte laut, und ich wurde rot vor Wut. »Was haben wir denn getan, Herr Larsson, dass Sie nun aussehen wie eine Hagebutte? Ich dachte, sie hätten schon alles gesehen und gehört, einschließlich der Heiligen Dreifaltigkeit.«
Ich fing an zu husten und wies darauf hin, dass ich ein bisschen Gebäck in den falschen Hals bekommen hätte; das fachte die Sticheleien aber nur an. Schließlich hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass mir etwas im Hals steckte, aber kein Kuchenkrümel. »Sie sollten Madame Nordén nicht beleidigen. Sie sind ungehobelt!«, sagte ich zornig, stand auf und machte mich auf den Weg ins Amt. Sie lachten mich aus, bis ich an der Tür und unten auf der Straße war, aber ich schritt wie ein Hauptmann der Königlichen Garden den ganzen Weg bis zum Amt in der Svartmangatan. Es war absurd gewesen, dass ich das Bedürfnis gehabt hatte, Madame Nordén zu verteidigen, aber es hatte auch etwas Ergötzliches, ja Ehrenhaftes gehabt. Madame Sparvs Worte kamen mir wieder in den Sinn: Es würde eine Anziehungskraft bestehen, ein Magnetismus, der mir die Gegenwart meiner Acht anzeigen würde. Ich rieb mir das Gesicht, um diesen Gedanken auszulöschen – ich brauchte eine Frau, keine Geliebte. Und was sollte ich mit einer Katholikin anfangen, so bezaubernd sie auch war?
Im Amt setzte ich mich an meinen Schreibtisch, um die liegengebliebene Arbeit vom Morgen aufzuholen, aber bevor ich noch damit anfangen konnte, erschien mein Vorgesetzter. Er sagte nichts, zog nur fragend eine Augenbraue hoch. Ich öffnete meinen Quersack und holte die Schachtel aus Nordéns Laden heraus. »Ich habe ein Verlobungsgeschenk gekauft. Es hat mich fast ruiniert«, sagte ich. Er nickte zustimmend und sagte, er sei froh, dass ihm die Mühe erspart blieb, Ersatz für mich zu finden, und fügte hinzu, dass er sich darauf freue, so bald wie möglich das Aufgebot im
Stockholmer Tagblatt
zu lesen. Nachdem er gegangen war, strich ich eine Weile über die Schachtel und fragte mich, wie ich einen Weg zu Anna Maria finden könnte, und da sah ich, dass die Schachtel breiter und höher war, als ich es in Erinnerung gehabt hatte. Darin lag in einer nachtblauen Samthülle der Schmetterling, von einem Silberring am Stiel baumelte ein blaues Satinband. Margot hatte ihm dieses festliche Aussehen verliehen – Glück, Schönheit und echte Liebe. Doch da fiel mir wieder ihre Bemerkung ein: »Ein Zollbeamter wie Sie würde doch den wahren Gewinn niemals liegen lassen.« Hätte ich die Tricks der Schmuggler nicht gekannt, wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, einen Brieföffner zwischen die Schachtel und das Futter zu schieben. Unter dem Schmetterling in seinem Kokon lag Kassiopeia – und ein Papierstreifen mit zwei Zeilen in Madame Sparvs krakeliger Handschrift:
Verstecken Sie sie gut.
Ich werde Ihnen sagen, wann Sie sie auf die Reise schicken müssen.
Kapitel 20
Dreiecksverhältnis im Fächergeschäft
Quellen: verschiedene, darunter M. Nordén, L. Nordén, Frau Plomgren, Arbeiter im Fächergeschäft, Vater Johan D., R. C.
Die Tage waren nun zu kurz und Öllampen zu teuer, als dass man lange nach sechs Uhr noch arbeitete, und so blieb Margot Nordén allein in der Werkstatt. Von der Decke hingen halbkreisförmige Schablonen aus Holz, Hämmer und Pressen standen ordentlich auf den
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