Das Stockholm Oktavo
gegenüber und breitete die Fächer nacheinander aus. »In unserem Geschäft geht es um Glück, mein Herr, Glück, Schönheit und echte Liebe. Wozu sollen Fächer sonst gut sein, wenn sie einem das nicht schenken?«
»Ich wüsste auch nicht, wozu.« Ich nickte ihr zu, damit sie fortfuhr. Vermutlich war ich der erste Kunde nach langer Zeit, der sich mit ihr unterhielt.
»Als wir in Paris lebten, standen diese Motive nie in Frage, bis unsere Arbeit auf einmal ein Symbol für gesellschaftliche Ungerechtigkeit wurde.« Margot wurde rot.
»Sie sind vor der Revolution geflohen,
chère Madame
?«, fragte ich rücksichtsvoll. Sie kniff die Augen zusammen. »Waren Sie in ernsthafter Gefahr, oder hatten Sie ausreichend Zeit, diese … so weite Reise vorzubereiten?«
»Für mich war es ein übereilter Aufbruch. Aber wir müssen uns glücklich schätzen, dass mein Mann eine Heimat hatte, in die er zurückkehren konnte.« Sie sah mich an und zuckte auf diese charmante, schmollende Art der Französinnen seufzend mit den Schultern. »Wir werden sehen, ob das wahre Glück noch folgt.«
Sie sah so verloren aus, dass ich mich beherrschen musste, um nicht ihre Hände zu nehmen und ihr beizustehen. »Bitte, Madame, wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann … oder Ihrem Gatten«, schob ich schnell nach.
Sie lächelte herzlich. »Danke, Sekretär, für Ihre lieben Worte. Sie sind ein ungewöhnlicher Mann für diese Stadt, die zwar schön ist … aber so weit entfernt von dem Leben, das ich kannte.« Wieder zuckte sie mit den Schultern und faltete die Herbstfächer zusammen. »Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Liebenswürdigkeit«, sagte sie und blickte mir in die Augen. »Sie macht mich glücklich und zuversichtlich, dass ich mich doch eines Tages hier zu Hause fühlen werde.«
Ich stand auf und verbeugte mich linkisch, die Tasche fiel mir vom Schoß, ich nahm jetzt tatsächlich ihre Hand. »Ich stehe zu Ihren Diensten, Madame, und indem ich einen Fächer kaufe, möchte ich Ihnen zeigen, dass ich es ernst meine. Er wird uns beide glücklich machen, und seine Empfängerin natürlich auch.« Das schien nun der Gipfel des Irrsinns zu sein, war aber andererseits die hehrste Tat, die ich vollbringen konnte. Ich rechtfertigte diese Verschwendung mit der Überlegung, dass ich bald in ein Zimmer voller heiratswütiger junger Damen stürmen würde und mit einem französischen Fächer möglicherweise eine für mich gewinnen würde.
»Wie konnten wir Ihre Freundin nur vergessen?« Sie schien ganz verwirrt zu sein von meinem Edelmut. »Diese Herbstschönheiten auf dem Tisch sind ziemlich dunkel wie auch die diesjährige Mode, aber ein helleres Exemplar würde vielleicht besser zur ihr passen. Vielleicht etwas mit Blau. Mir ist, als wäre die junge Dame blond.«
»In der Tat, sie hat außergewöhnlich … blaue Augen«, sagte ich mit Blick in Margots blaue Augen. »Wollen Sie einen für mich aussuchen? Ich denke, damit wäre mir der Erfolg garantiert.«
»Ich wünsche Ihnen allen erdenklichen Erfolg, Herr … Entschuldigen Sie meine Vergesslichkeit.«
»Larsson. Emil.«
»Emil. Ein schöner Name.« Sie wählte einen Fächer mit geschnitzten Sandelholzstäben, die einen geheimnisvollen Duft verströmten. Das Blatt aus weißer Seide war mit gedeckt weißen, blau getupften Schmetterlingen bemalt. In der Mitte prangte ein großes Exemplar in Hellgelb. Auf der Rückseite war ein einzelner blauer Schmetterling, der zum Rand des Fächers aufflattern wollte. »Das sind die Farben Ihres Landes. Das Bild steht für Veränderung und Verwandlung. Ich bin sicher, Ihre Freundin wird ihn umwerfend finden.«
Ich nickte zustimmend, was an diesem Punkt nur noch eine reine Formsache war. Margot zog eine nachtblaue Schachtel aus der untersten Schublade, schob den Schmetterling behutsam hinein – vom Tag in die Nacht – und stellte die Schachtel auf den Tisch. Der Deckel war mit einer einzigen winzigen Glasperle geschmückt, Polaris, der über einer zurückweichenden Schicht Kumuluswolken strahlte – als wollten sie ihre Sorgen bezüglich Frankreich hinter sich lassen und den Nordstern ganz umfangen.
Margot setzte sich, schrieb den Preis auf einen Papierstreifen und reichte ihn mir – es war eine Zahl, die ich mir nie hätte träumen lassen und die ich auch niemals preisgeben werde. Als ich merkte, dass ich nicht einmal einen Bruchteil dieser Summe bei mir hatte, verharrte ich kurz und überlegte, bis das Blut, das mir in den Ohren rauschte, wieder still
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