Das Stockholm Oktavo
Werktischen, der Ofen in der Ecke glühte rot durch die Gitterklappe hindurch. Dass es im Raum warm war – die Materialien konnten in der Kälte nicht verarbeitet werden –, war ein Vorteil für die Arbeiter. Als Margot hörte, wie die Tür der Werkstatt aufging, blickte sie von der Fächerblattpresse aus Nussholz auf, die sie polierte.
»Sie können mir gratulieren«, sagte Lars und zog die plissierten Leinenmanschetten glatt, die unter seinen Rockärmeln hervorragten. »Ich habe drei Verkäufe an die Königliche Oper getätigt und für meinen Bruder eine künstlerische Herausforderung gefunden – alles am selben Nachmittag.«
Margot zog ihre Stirn verdrießlich kraus. Bei einem Fächer war jede Falte wichtig, ein Staubkorn oder ein Fettfleck konnte ein hübsches Blatt ruinieren. Doch dann hellte die gute Nachricht ihre Miene auf. »Drei Verkäufe? An die Königliche Oper?«
Lars hockte auf dem Malerschemel. »Mal sehen, ob mein Bruder dem Lob gewachsen ist, das ich ihm ausgesprochen habe. Drei neue Fächer. Sie sollen identisch sein. Was denken Sie, Madame Nordén?«
Margots Lächeln erlosch. »Christian macht keine Duplikate, und wir haben einen ganzen Schrank voller Fächer, die verkauft werden müssen.«
»Ja, aber die Drillinge werden uns dabei helfen, denn sie werden unsere Existenz noch lauter hinausschreien. Ich denke, es werden die ersten von vielen Chargen sein. Unsere Zukunft liegt in der Tat in der Anzahl: Wir müssen Fächer so produzieren wie die Fabriken in China.«
Margot drückte das Reinigungstuch in der Hand, der Duft von Zitronenöl stieg auf. »Keine Dame mit Stil würde den gleichen Hut oder das gleichen Kleid tragen wie ihre Nachbarin. Warum sollte sie also einen solchen Fächer mit sich herumtragen?«
Lars spielte mit einem feinen Pinsel mit vier Zobelhaaren. »Kopien sind sehr viel billiger herzustellen und zu erstehen. Aber die Hauptgründe«, er deutete auf ein winziges gemaltes Frauengesicht auf einem Fächerblatt, »sind die Mode und ihre Schwester, der Neid. Sie verführen zum Geldausgeben.«
»Die Nordéns streben nach Kunstfertigkeit, nicht nach Neid.«
»Die Nordéns streben nach Profit.« Lars legte den Pinsel weg und drehte sich zu Margot um. »Ich weiß, dass der Laden zu kämpfen hat, aber das müsste nicht so sein. Wir müssen mit der Zeit gehen: Die Fächer müssen schneller hergestellt werden, sie müssen aus billigeren Materialien und eben Duplikate sein. Ein neues Jahrhundert steht bevor. Meinen Sie denn, Sie können den Lauf des Fortschritts aufhalten?«
»Ich habe erlebt, was der Lauf des Fortschritts bedeutet, lieber Bruder.« Margot polierte wütend weiter. »Er
sollte
aufgehalten werden.«
Langsam ging Lars durch den Raum und blieb dann neben Margot stehen. »Ein Herr in einem roten Rock, ein Sekretär, hat mich vor dem Laden angesprochen, aber ich war mit den Plomgren-Damen beschäftigt. Er hat gesagt, er habe einen Brief für Herrn Nordén abgegeben.«
»Der Brief war für meinen Mann«, sagte sie und stellte die Lampe heller.
Lars drückte sich näher an sie heran. »Ich bin Herr Nordén.«
Margot richtete sich zu voller Größe auf. »
Non!
Der Meister ist mein Mann. Und Sie würden sich auch nicht für die Kundin interessieren, die den Brief geschrieben hat. Eine alte Frau mit wenig Vermögen, die ihren Fächer reparieren ließ.«
»Dann haben Sie den Brief also gelesen? Wie können Sie es wagen!«
»Natürlich habe ich ihn gelesen. Christian und ich sind verheiratet. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.« Lars packte sie am Handgelenk, doch ihr Blick blieb gelassen. »Wenn Sie den Brief unbedingt lesen wollen –
voilà
.« Sie zog ihn aus der Rocktasche. Langsam faltete Lars das viereckige Blatt auseinander, das mit krakeliger schwarzer Handschrift bedeckt war. Aufmerksam betrachtete er den Brief, hielt ihn dicht vor die Augen, dann legte er ihn mit gespielter Nonchalance auf den Tisch und eilte auf den Hof hinaus.
»Schade, dass Sie sich nie die Mühe gemacht haben, Französisch zu lernen, Monsieur«, sagte sie ruhig zur Rückseite seinen grünen Samtrocks. Sie wischte die Hände an einem sauberen Lappen ab und strich den Brief auf dem Tisch glatt, auf dem der Lampenschein einen warmen Kreis bildete.
Monsieur Nordén,
der Überbringer dieses Briefes, Monsieur Larsson, ist mein Freund und Partner und unserer Sache wohlgesonnen. Geben Sie ihm den Himmelsfächer, den Sie so geschickt verändert haben. Bitte fügen Sie den hier
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