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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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im Umhang, war manchmal zu betrunken, um sein Gesicht zu verhüllen. »Wenn Madame wünschen, kann ich auch ein noch stärkeres Mittel herstellen«, sagte Johanna lachend und wischte die Reste des Pulvers an ihren Fingern am Rock ab.
    »Ein anregender Gedanke, Johanna.« Die Uzanne nahm eine Nachtlampe, setzte sich an ihren Frisiertisch und zog die Nadeln aus ihrem Haar. »Ich brauche etwas ausreichend Starkes, um zwölf Stunden Schlaf am Stück herbeizuführen. Wird Ihnen das gelingen?« Sie tupfte aufhellende Creme in ihr Gesicht und verrieb sie.
    »Ja, Madame«, sagte Johanna. »Ich würde
Amanita
pantherina
hinzufügen«, erläuterte sie eifrig, um kundig aufzutreten. »Er heißt auch Pantherpilz.«
    »Ein ansprechender Name.«
    »In Indien wird er das Göttliche Soma genannt. Er schenkt todesgleichen Schlaf und Visionen erotischer Natur, Madame.« Johanna versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was der Löwenapotheker sonst noch gesagt hatte.
    »Klingt gut!« Die Uzanne reichte ihr die Elfenbeinbürste.
    »Aber der Pilz ist gefährlich, Madame, und muss mit großer Vorsicht eingenommen werden. Ich weiß nur, wie er wirkt, wenn man ihn isst. Als Pulver könnte er andere Eigenschaften haben.«
    »Ich vertraue darauf, dass Sie das umgehend herausfinden, Johanna. Das ist mir wichtig.«
    Johanna nahm die Bürste und hob das dichte Haar der Uzanne an, dabei entblößte sie deren Nacken. »Gleich morgen gehe ich zur Löwenapotheke, aber ich möchte den Pilz unbedingt an mir selbst testen, bevor Madame ihn einnehmen.«
    »Nein, nein, dazu sind Sie viel zu wertvoll. Und das Pulver ist auch nicht für mich.«
    Johanna spürte, wie ihre Schultern sich entspannten; sie bürstete das Haar der Uzanne in langen, regelmäßigen Strichen. Offenbar wurde Herzog Karl ein ernsthaftes Problem. »Madame brauchen selbstredend ihre Nachtruhe, und das Pulver könnte auch denen um Sie herum zu tiefem Schlaf verhelfen.«
    Die Uzanne lachte. »Nein, Johanna, es ist für einen anderen Mann, für einen, den ich noch umfassender beherrschen will.« Sie beobachtete ihren Schützling im Spiegel. Nur ein kurzes Innehalten der Bürste verriet Johannas Sorge. Die Uzanne wartete auf die Frage, die aber nicht kam, und das gefiel ihr. »Ich habe eine weitere Herausforderung für Ihr pharmazeutisches Können, Fräulein Blom. Herzog Karl hat keinen Erben. Er hat sich allen möglichen Kuren unterzogen, Hexereien und anderen Behandlungen, aber ich fürchte, die Herzogin ist unfruchtbar, und die Mädchen vom Ballett wollen keine Kinder und wenden sich hilfesuchend an den Löwenapotheker. Das Kind des Herzogs zu empfangen wäre ein … Opfer, zu dem ich bereit bin. Denn das kann General Pechlin ihm nicht geben.«
    »Madame?«, flüsterte Johanna und hörte ganz mit dem Bürsten auf.
    Die Uzanne drehte sich auf ihrem Schemel um, nahm Johannas Hand und drückte sie allzu kräftig. »Warum schauen Sie so ungläubig – finden Sie mich zu alt?«
    »Nein, Madame, nein. Madame ist durchaus in der Lage, ein Kind auszutragen … aber vielleicht ist der Herzog nicht … Sie und Ihr Mann hatten nie …« Sie senkte den Kopf – dieses Thema war viel zu intim für eine Bedienstete, und die Konsequenzen waren zu unvorhersehbar.
    »Henrik und mich hat es nicht bekümmert, dass wir keine Kinder bekamen, wir hatten das Gefühl, wir hätten noch viel Zeit. All diese Freuden, alles hat Gustav mir genommen.« Sie ließ Johannas Hand los. »Für Herzog Karl gibt es doch ein Mittel, oder?« Johanna nickte, aber sie wusste nichts über diese Kuren, hatte nur Bruchstücke gedämpfter Diskussionen aufgeschnappt, die sie in Gävle im Offizin belauscht hatte. Sie fragte sich, wie sie einem schlüpfrigen Gespräch mit dem Löwenapotheker entgehen könnte. »Gut, dann werden Sie es herstellen.« Die Uzanne trug die aufhellende Creme auf ihre rechte Hand auf und kümmerte sich hingebungsvoll um einen kleinen braunen Fleck, der unerwartet im letzten Sommer gesprossen war. »Es wäre mir von Nutzen, wenn Sie in der Stadt auch noch andere Erkundigungen einziehen könnten, Fräulein Blom.«
    Johanna bürstete weiter. »Es macht mich überglücklich, wenn ich helfen kann, Madame.«
    »Meister Fredrik hat einen Sekretär zum Vortrag mitgebracht. Ich denke, er ist auch Ihnen aufgefallen.«
    Um ein unverhofftes Lächeln zu kaschieren, beugte Johanna sich vor und tat so, als würde sie einen nicht vorhandenen Knoten im Haar inspizieren. »Wenn ich ihn nicht schon einmal in der Stadt gesehen

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