Das Stonehenge - Ritual
langsamer anzugehen, doch sie bringt es nicht übers Herz. Er und Sammy wirken so glücklich.
Genau in dem Moment, als Adam sich auf ihrem Schreibtisch niederlässt, kommt Jimmy Dockery herein. Die Blicke der beiden Männer treffen sich. Plötzlich knistert die Luft vor Spannung, und ein paar neugierige Fragen hängen im Raum. Eine Katze würde jetzt wohl genervt den Schwanz aufstellen und hinausstürmen.
Jimmy war mit Neuigkeiten für Megan gekommen. Guten Neuigkeiten. Wichtigen Neuigkeiten. Nun aber mag er nicht darüber sprechen. Nicht, wenn ihr Mann danebensitzt. Die Sache muss bis morgen warten. Mit einem lässigen Winken verzieht er sich.
Adam kann sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen.
101
Gideon versucht zu begreifen, was passiert ist. Er erinnert sich, dass er plötzlich etwas über dem Kopf hatte, von starken Händen gehalten wurde und einen stechenden Schmerz im Bein spürte. Offenbar hat man ihn unter Drogen gesetzt und lässt ihn nun irgendwo ausschlafen.
Mittlerweile hat er nichts mehr über dem Kopf und sitzt auf einem kalten Steinboden. In allen vier Ecken des Raumes flackern Kerzen. Es ist ein kleiner Raum. Klein und ohne Tür.
Er befindet sich in einer Zelle.
Vielleicht ist es gar keine Zelle, sondern ein Grab.
Noch halb im Delirium, kämpft er sich auf die Beine. Schwankend tastet er sich an den Wänden entlang. Es gibt keinen Ausgang. Sein Vater hatte in seinen Tagebüchern von Leuten berichtet, die in einem Heiligtum begraben worden waren. Womöglich droht ihm nun dasselbe Schicksal.
Eingemauert im Heiligtum, dem Tode geweiht.
Angst schnürt ihm die Kehle zu. Hier drin kann nicht viel Sauerstoff sein. Bestimmt geht ihm bald die Luft aus. Schnell greift er nach einer der Kerzen und bläst die anderen aus. Wozu kostbaren Sauerstoff verschwenden?
Während er mit seiner einen, bereits ausbrennenden Kerze dasteht, geht ihm durch den Kopf, dass sie es kaum wagen werden, ihn hier einfach sterben zu lassen. Schließlich hat er Smithsen von seinen Sicherheitsvorkehrungen erzählt: Belastendes Material wird bei der Polizei landen, falls er, Gideon, sich nicht mehr auf freiem Fuß befindet, um es zu verhindern.
Die Kerze erlischt.
Sein Herz beginnt zu rasen, und seine Hoffnung schwindet. Er versucht sich damit zu beruhigen, dass sie trotz allem gezwungen sein werden, mit ihm zu reden und herauszufinden, was er weiß und wie sehr er ihnen schaden kann.
Plötzlich hört er ein dumpfes Grollen. An zwei einander gegenüberliegenden Seiten des Raumes werden schmale Lichtschlitze sichtbar. Kapuzentragende Gestalten in groben Gewändern treten in die kleine Kammer. Gideon wehrt sich nicht, als sie ihn überwältigen, ihm Handschellen anlegen und ihn durch einen Ausgang zerren. Dieses Mal ziehen sie ihm weder eine Kapuze über den Kopf noch verbinden sie ihm die Augen. Irgendetwas hat sich verändert.
Der Gang, den sie ihn entlangführen, ist lang und geschwungen. Nach und nach wird die Beleuchtung an den Wänden aufwendiger. Gideon hat sogar das Gefühl, dass es wärmer wird. Er ist von zwei Männern flankiert. Derjenige zu seiner Rechten zieht an einem in die Wand eingelassenen Eisenring. Verborgene Mechanismen kommen zum Einsatz. Eine Steinplatte gleitet ächzend zurück. Sie schieben Gideon in eine Kammer.
Der Fremde, dem er im abendlichen Nebel von Stonehenge begegnet ist, sitzt in einem braunen Kapuzenumhang hinter einem runden Tisch aus honigfarbenem Stein. »Nimm Platz, Gideon.« Er deutet auf den Sitzplatz ihm gegenüber.
Gideon lässt sich auf einen Halbmond aus kaltem Stein sinken, ohne sein braun gewandetes Gegenüber auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
»Du erkennst mich nicht wieder, oder?«
»Wir sind uns am Steinkreis begegnet.«
Der Meister lächelt. »Wir sind uns früher schon mehrfach begegnet. Als du noch ein Kind warst. Dein Vater und ich waren Freunde.«
Gideon starrt ihn überrascht an. »Dann wissen Sie ja, was er durchgemacht hat. Was mit meiner Mutter passiert ist und was er tun musste, um mich zu retten.«
»In der Tat, das weiß ich.« Er mustert Gideon. »Du verfügst offenbar über viele Informationen, vermutlich aus den Tagebüchern deines Vaters. Aber hast du auch wirklich verstanden, was du da gelesen hast?«
»Ich glaube schon.«
»Dann erzähle mir davon.«
»Sie sind der Henge-Meister, der geistige Führer der Jünger der Geheiligten. Mein Vater war ein langjähriges und geschätztes Mitglied des Inneren Kreises. Sie, er
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