Das Stonehenge - Ritual
unter vierzig für gewöhnlich nicht vor. Es sei denn, es liegt in der Familie. Die Krankheit manifestiert sich, wenn die Produktion der Blutzellen nicht mehr richtig funktioniert und der ganze Prozess außer Kontrolle gerät. Dann vermehren sich die Lymphozyten zu schnell und leben zu lang. Am Ende hat man viel zu viele von ihnen im Blut, und das ist dann tödlich: Sie zerstören die weißen Blutkörperchen, die roten Blutkörperchen und die Blutplättchen im Knochenmark.«
Megan möchte sichergehen, dass sie alles richtig verstanden hat. »Aber er leidet nicht an dieser Krankheit? Es war eine Fehldiagnose?«
»Ja, genau. Moment.« Erneut folgt eine Pause, weil die Ärztin ein weiteres Mal die Unterlagen durchgeht. »Ich bin sicher, dass es eine Fehldiagnose war, aber damals hat das wohl niemand zugegeben. Sehr seltsam. Hier steht, er habe bereits an einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit gelitten und eine entsprechende Behandlung benötigt. Ein paar Monate später ergab die Blutersuchung dann keinerlei Befund mehr, genau wie jetzt bei der aktuellen Untersuchung.« Sie klingt fast verzweifelt. »Das passt alles nicht zusammen. Ganz und gar nicht. Eine unheilbare Krankheit wie CLL verschwindet nicht einfach so.«
»Aber Sie sind sicher, dass er sie
jetzt
nicht mehr hat?«
»Ich sollte mit meinen Äußerungen lieber vorsichtig sein. Bei einer derartig heimtückischen Krankheit kann man nie mit Sicherheit sagen, dass sie endgültig weg ist, aber aus dem, was ich hier vorliegen habe, lässt sich eigentlich nur der Schluss ziehen, dass er die Krankheit, an der er als Kind angeblich schon im Endstadium litt, inzwischen nicht mehr hat.«
Megan bedankt sich bei ihr und legt auf. Damit hat sie nicht gerechnet. Ganz und gar nicht. Gideons Krankenakte stützt seine unglaubliche Behauptung, er sei geheilt worden, weil sein Vater ihn mit Wasser aus Stonehenge gewaschen habe.
Als Nächstes informiert sich Megan über die geschäftlichen Aktivitäten von David E. Smithsen. Sie lässt auch seine beruflichen und privaten Telefonrechnungen sowie Kreditkartenabrechnungen und Bankkonten überprüfen.
Nach der Flut von Dokumenten zu urteilen, die elektronisch bei ihr eintreffen, scheint Smithsen ein erfolgreicher und respektabler Bauunternehmer und Landschaftsgärtner zu sein. Megan benutzt Google Maps, um sich Luftaufnahmen und 3 -D-Bilder von seiner Firma und seinem Privathaus anzusehen. Smithsen bewohnt ein großzügig geschnittenes, frei stehendes Haus, vermutlich einen umgebauten ehemaligen Bauernhof mit mindestens fünf, wenn nicht sogar sechs Schlafzimmern und etlichen Anbauten. Sie zoomt sich näher heran. Ein Swimmingpool. Plus Fitnessraum. Rundherum lauter hohe Zäune. Elektrische Tore und Überwachungskameras. Insgesamt an die zwei bis zweieinhalb Hektar. Sie schätzt das Anwesen auf circa drei Millionen Pfund. Minimum. Megan hackt auf ihre Computertastatur ein. Wie es aussieht, hat er keine Hypothek abzubezahlen. Und auch keine anderen Schulden. Ihre nächste Suche ergibt, dass er zwei Privatfahrzeuge besitzt: ein Porsche-Cabrio, das vermutlich seine Frau fährt, und einen Bentley mit seinem Namen und Geburtsdatum auf dem Nummernschild. Nach ein paar weiteren Mausklicks weiß sie außerdem, dass er eine satte Million auf dem Konto hat.
Smithsens Geschäftsbücher scheinen in Ordnung zu sein. Er und seine Frau leiten eine GmbH mit einem vom Finanzamt geprüften Jahresumsatz von elf Millionen Pfund und einem Gewinn von anderthalb Millionen. Das Einkommen scheint seinem Lebensstil zu entsprechen. Megan überprüft ihn auf Vorstrafen, doch sein polizeiliches Führungszeugnis ist blitzblank. Nicht mal ein Strafzettel wegen Falschparkens.
Alles wirkt astrein, aber Megans Gefühl sagt ihr etwas anderes. Sie muss etwas übersehen haben. Sie nimmt die Handyrechnungen etwas genauer unter die Lupe. Er hat das neuste 4 G iPhone, benutzt es aber kaum. Sie geht die Liste mit den Anrufen Punkt für Punkt durch. Demnach hat er hin und wieder zu Hause angerufen, mehrere Mal im gleichen Restaurant einen Tisch bestellt und ein paar E-Mails heruntergeladen. Bei einem so erfolgreichen und vielbeschäftigten Mann wie ihm wäre doch eigentlich zu erwarten gewesen, dass er sein Handy sehr strapaziert. Sie nimmt sich auch seine Festnetznummern noch einmal vor. Sie zeigen ein ähnliches Muster niedriger Aktivität. Entweder er versteht es vorzüglich, zu delegieren und es seinen Mitarbeitern zu überlassen, Anrufe und Geschäfte
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