Das Stonehenge - Ritual
Sohn behauptet, er habe ihn als Kind von einer tödlichen Erbkrankheit geheilt. Ihm zufolge bringen die Anhänger eines prähistorischen Kults dort Menschenopfer dar, um von den magischen Kräften des Steinkreises zu profitieren.«
Jimmy verzieht das Gesicht. »Sie glauben doch wohl nicht wirklich an diesen Humbug, oder?«
»Ich spiele nur mal kurz des Teufels Advokatin. Warum nicht? Die Menschen graben bereits seit Jahrhunderten die Knochen von Tausenden von Menschenopfern aus. Diese Praktik wird sogar schon in der Bibel und Dutzenden anderen historischen Dokumenten erwähnt.«
»Über die geschichtlichen Wurzeln bin ich mir durchaus im Klaren, aber mal angenommen, es gäbe tatsächlich noch Anhänger eines solchen Kults … Warum sollten sie dann ausgerechnet die Tochter eines amerikanischen Politikers und den Sohn eines englischen Lords opfern wollen? Und wie lässt sich das mit der Lösegeldforderung vereinbaren?«
Jimmys Argumente geben Megan zu denken. Vielleicht ist das mit dem Kult tatsächlich eine Schnapsidee von ihr, aber sie ist trotzdem nicht bereit, diese Idee gleich wieder gänzlich zu verwerfen. »Solche Leute suchen sich ihre Opfer nach einer ganzen Reihe von Kriterien aus. Genau wie Vergewaltiger und Mörder haben sie ihre eigenen geheimen Richtlinien. Es könnte sich um etwas Sexuelles handeln oder mit Rasse oder Geschlecht der potentiellen Opfer zu tun haben. Vielleicht geht es um irgendeine besondere Eigenschaft des Opfers, die ihren Glaubenssätzen entspricht oder
widerspricht
. Vielleicht erfüllte Caitlyn alle Voraussetzungen.«
»Und Timberland?«
»Es wäre denkbar, dass er den Auswahlkriterien nicht entsprach und daher getötet wurde. Oder er wollte Caitlyn einfach nur verteidigen. Ihr Held und Retter sein.«
Jimmy spielt erneut seine Trumpfkarte aus. »Und die Lösegeldforderung?«
Nervös trommelt sie mit den Fingern auf der Schreibtischplatte herum. Das Geräusch, das sie dabei mit ihren Fingernägeln macht, erinnert an einen hungrigen Specht. »Vergessen Sie mal für einen Moment das Lösegeld. Ich bin immer noch beim Ortsfaktor.«
Jimmy findet auch dieses Argument nicht stichhaltig. »Hmm. Stonehenge. Wie sollten die Anhänger eines solchen Kultes es schaffen, dort ihre Ritualmorde auszuführen? Der Ort liegt direkt am Schnittpunkt zweier vielbefahrener Hauptstraßen. Außerdem wimmelt es dort nur so von Touristen. Nicht zu vergessen den Sicherheitsdienst, der das Gelände rund um die Uhr überwacht.«
Megans Augen leuchten auf. »Was, wenn die Sicherheitsmannschaft von Stonehenge in die Sache involviert wäre?«
Jimmy überlegt einen Moment. Dann sähe die Sache natürlich schon anders aus. »Sean Grabb arbeitet dort als Wachmann. Wie ich gehört habe, ist er seit der Entführung und dem Mord verschwunden.«
»Sind Sie sicher?«
»Die Kollegen haben in der Kantine darüber gesprochen. Wir sollten auch nicht vergessen, dass dieser Kerl wegen Einbruchs und Körperverletzung vorbestraft ist.«
Megan lebt sichtlich auf. »Wenn Grabb und andere Wachmänner Anhänger des Kults wären, könnten sie ihren Glaubensbrüdern zu jeder beliebigen Zeit Zutritt zum Steinkreis verschaffen.«
»Denkbar wäre es. Ich werde mal beim Amt für Denkmalspflege anfragen, mit welcher Sicherheitsfirma sie in dem Fall zusammenarbeiten. Mal sehen, wie es mit Grabbs Arbeitsmoral aussieht. Vielleicht macht er ja ständig krank und taucht ab. Andererseits könnte es
natürlich
auch sein erster Fehltag seit Jahren sein.«
Megan hört ihm nur mit einem Ohr zu. »Gut. Gute Idee. Einen Versuch ist es wert.«
Ihr ist noch eine andere Idee gekommen. Jimmy hat ihr mit seinen Worten einen Floh ins Ohr gesetzt. Ein derart abgefahrener Gedanke ist ihr während ihrer ganzen beruflichen Laufbahn noch nicht durch den Kopf gegangen. Er könnte zur Aufklärung des Falles führen. Oder zu ihrem Rausschmiss.
111
Obwohl Gideon wieder mit einer Kapuze über dem Kopf und Handschellen im hinteren Teil von Dracos Wagen liegt, versucht er sich einzuprägen, wie sie zurück zum Heiligtum fahren. Nach der Richtung zu urteilen, in die sie aus seinem Tor gebogen sind, können sie sich eigentlich nur auf der B 3081 befinden, die von Tollard Royal aus nach Westen führt, vorbei am King John Inn.
Er rutscht so weit wie möglich vor und kämpft sich dann hinter der Wand, die ihn vom Fahrerraum trennt, in eine sitzende Position, so dass er nun von der Richtung, in die ihn die Schwerkraft jeweils wirft, auf die von ihnen
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