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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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bin?«

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    Der Hauptgang des Heiligtums wird nur von den rauchenden, orangegelben Flammen einer endlosen, die Wände säumenden Reihe von Fackeln beleuchtet. Lange, spitz zulaufende Spuren ziehen sich wie zu Ruß gewordene Geister die Mauern hinauf.
    Der Gang verläuft ununterbrochen bergab, und da er leicht geschwungen ist, auch stets ein wenig einwärts. Es ist genau so, wie sein Vater es beschrieben hat. Eine Art unterirdische Version von St. Paul’s. Ein riesiges, kathedralenartiges Areal mit verblüffenden Kammern und Krypten. Gideon versucht auszublenden, was mit ihm passiert – passieren
wird
. Unter anderen Umständen wäre er überglücklich, hier zu sein, und würde als Archäologe geradezu darauf brennen, die Gräber unter seinen Füßen zu öffnen und mit der Radiokarbonmethode wie ein Forensiker das Leben der unter ihm bestatteten Menschen zu rekonstruieren.
    Vier Kapuzenträger geleiten ihn zu einem Durchlass, der so schmal ist, dass er kaum auffällt. Als Gideon sich hindurchschiebt, streift sein Scheitel die Unterseite eines Türsturzes. Nach weiteren zwanzig Stufen nehmen er und seine Begleiter eine ähnlich enge Abzweigung in eine kleinere Kammer. Ein Mondgesicht mit dicken Hängebacken erhebt sich und spricht Gideon unter einer Sackleinenkapuze heraus an. »Du musst dich nun entkleiden und duschen. Anschließend kleiden wir dich für die Initiation neu ein.«
    Sie führen ihn in einen abgetrennten Bereich, wo er ihnen seine Kleidung aushändigt und in einen dunklen Steingraben steigt. Es gibt nichts, womit er sich waschen kann, kein Shampoo und keine Seife. Nackt und allein steht er da. Plötzlich bricht aus der Schwärze über ihm eine Art Sturzbach hervor. Wie ein Peitschenschlag trifft das Wasser seinen Nacken und wirft ihn auf die Knie. Gideon schließt die Augen und bedeckt mit beiden Händen sein Gesicht. Das Geprassel währt mehrere Minuten und endet dann genauso unerwartet, wie es angefangen hat. Er bekommt ein Handtuch gereicht. Anschließend führt man ihn nackt durch die Gänge zum Großen Gewölbe.
    Der Anblick der Halle raubt ihm den Atem. Eine lebensgroße Replik von Stonehenge ragt in ihr auf. Der Steinkreis ist so vollständig wie im Moment seiner Fertigstellung. Sein Vater hatte diesen Ort als den wahren Tabernakel der alten Götter bezeichnet. Ihm zufolge war dies ihr ursprünglicher Ruheplatz gewesen, während das Monument auf den Feldern nahe Amesbury gebaut wurde.
    Ein lautes, kehlig klingendes Grollen lässt Gideon den Kopf wenden. Das Große Gewölbe wird versiegelt. Um ihn herum wogt eine finstere braune Flut aus kapuzentragenden Jüngern. Mehrere Männer drängen ihn langsam an den Rand eines flammenden Rings aus hohen, dicken Kerzen. Jenseits der Flammen steht der Henge-Meister, bereit für die Zeremonie. In den Händen hält er Hammer und Meißel. Instrumente, die Gideon das Leben kosten können. Plötzlich empfindet er Angst. Wie ein Gift strömt sie durch seinen Körper.
    Die Initiation hat begonnen.
    »Siehe die Verkörperung der Geheiligten!« Der Meister hebt die Hände und dreht sich langsam um. »Vor Jahrhunderten ruhten hier die Gottheiten, während unsere Vorfahren, die Gründerjünger, diesen kosmischen Kreis und sein Heiligtum errichteten. Hier in diesem Raum befindest du dich in ihrer Gegenwart. Aus Respekt vor ihnen wirst du, wenn du erst einmal eingeweiht bist, dafür sorgen, dass dein Kopf stets bedeckt ist, und dein Blick auf den Boden gerichtet. Hast du mich verstanden?«
    Gideon antwortet, wie von Draco angewiesen: »Ja, Meister.«
    »Du wirst uns vorgeführt, weil Mitglieder unserer Zunft dich für würdig halten, ein Jünger auf Lebenszeit zu werden. Ist das dein Wille?«
    »Ja, Meister.«
    »Und bist du bereit, dein Leben, deine Seele und deine Treue den Geheiligten und deren Hütern zu verschreiben?«
    »Ja, Meister.«
    »Die Geheiligten erneuern uns nur, solange auch wir sie erneuern. Wir ehren sie mit unserem Fleisch und Blut, und dafür schützen und erneuern sie unser Fleisch und Blut. Verschreibst du
dein
Fleisch und Blut ihrer unsterblichen Heiligkeit?«
    »Ja, Meister.«
    Hinter ihm werden Weihrauchbehälter geschwungen, die langsam ihre süßen, würzigen Aromen freisetzen. Der Henge-Meister breitet erneut die Arme aus. »Bringt denjenigen, der in die Schar der Jünger aufgenommen werden möchte, zum Schlachtstein.«
    Gideon wird durch den Kerzenkreis zum Stein geführt. Er muss an Dracos Warnung denken, den Meister ja nicht anzusehen.

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