Das Stonehenge - Ritual
und mir. Ich habe es gebucht.«
»Gebucht?«
»Heutzutage kannst du alles kaufen. Zwar hatten sich schon andere für eine Besichtigung angemeldet, aber die habe ich ausbezahlt. Ihnen den Tag sozusagen abgekauft. Nur für dich.«
Sie ist zu gerührt und auch zu müde, um etwas zu sagen.
Während sie über das noch feuchte Gras in die schwindende Nacht hinauswandern, kann Caitlyn es allmählich sehen: irgendetwas Riesiges, das in das warme Rosa des anbrechenden Morgens aufragt. Ihre Pupillen weiten sich vor Überraschung. Fasziniert starrt sie auf das monumentale Gebilde. »Lieber Himmel, was
ist
das? Wow! Das sieht ja fast aus wie ein Raumschiff, wenn auch ein ziemlich seltsames.«
In der Tat. Es sieht aus, als wäre ein riesiges Stein- UFO in den Boden gekracht. Jake breitet mit großer Geste die Arme aus. »Willkommen in Stonehenge!«
»Das ist … der pure Wahnsinn!« Sie tritt ein paar Schritte vor, um für einen Moment die eindrucksvolle Szenerie zu bestaunen, ehe sie in seine Arme zurückkehrt und ihn leidenschaftlich küsst. Während die Sternbilder über ihren Köpfen langsam verblassen, halten sie einander fest umschlungen und blenden alles, was außer ihnen existiert, völlig aus.
»Komm.« Er nimmt sie an der Hand. »Lass uns ins Zentrum gehen.«
Gemeinsam laufen sie los. Caitlyn kann sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal so gefühlt hat. So frei und voller Energie.
Jake bleibt ein Stück zurück, um Fotos zu machen. Schon in den Moment, als er die alte Pocketkamera anschaltet, weiß er, dass er die Bilder bis in alle Ewigkeit aufbewahren wird. Eines Tages, wenn sie beide alt sind, wird er sie hervorkramen, und sie werden sich gemeinsam an den heutigen Tag erinnern. Er ist fest entschlossen, diesen Ausflug zu einem Meilenstein ihrer Liebesgeschichte zu machen.
Atemlos bleibt Caitlyn stehen und schlingt die Arme um einen der Sarsensteine. Es sieht aus, als würde sich ein Kind an das Bein eines Riesen klammern. Lachend posiert sie für ihn.
Klick
.
Mit einer Hand nimmt sie ihr Haar im Nacken hoch und schürzt die Lippen.
Klick
.
Sie küsst und streichelt den Stein.
Klick. Klick. Klick.
»Eins noch!«, ruft er, worauf sie sich gehorsam an den Stein lehnt und ihm eine Kusshand zuwirft.
Klick
.
Er hört zu fotografieren aus und gibt stattdessen dem Drang nach, sie erneut zu küssen.
Sie verschmelzen ineinander. Caitlyn steht immer noch an den riesigen Stein gelehnt, während er sich fest an ihren weichen, warmen Körper presst. Eine wilde sexuelle Energie durchströmt sie beide.
Caitlyn schließt die Augen und genießt. Wie ein Vogel lässt sie sich von der heißen Thermik seiner Leidenschaft emportragen. Sie leistet keinen Widerstand gegen die Invasion seiner Hände, die sich unter ihre Kleidung schieben, um ihren Körper in Besitz nehmen. Sie ist völlig überwältigt von der geheimnisvollen, magischen Atmosphäre, die mit dieser romantischen Überraschung einhergeht.
Plötzlich spürt sie, wie sein Körper sich aufbäumt. Das hatte sie sich aber viel leidenschaftlicher vorgestellt. Was er da gerade bringt, ist eher abstoßend und peinlich. Es ist weniger ein Orgasmus, sondern vielmehr eine plötzliche und ziemlich unkontrollierte Punktlandung seiner Stirn auf der ihren. Caitlyn verzieht das Gesicht und fasst an die schmerzende Stelle. Jake löst sich von ihr.
»Autsch!«, ruft sie, wütend darüber, dass er ihr den schönen Moment derart ruiniert.
Eine Hand legt sich über ihren Mund. Eine fremde Hand.
Sie schafft es gerade noch, einen panischen Blick auf ihren bewusstlosen Lover zu werfen, ehe ihr jemand eine Kapuze über den Kopf zieht und ihr mit Isolierband den Mund zuklebt.
Sechzig Sekunden später ist Stonehenge wieder menschenleer und still, abgesehen vom ersten Vogelgesang eines neuen Tages. Die Sonne vollendet ihren langsamen Bogen hinauf in den violett angehauchten Himmel über dem Steinkreis.
48
Serpens fährt den Campingbus. Hinten auf dem Boden liegt Jake Timberland, gefesselt und mit verbundenen Augen. Lacerta folgt im alten Mitsubishi Warrior seines Mentors. Caitlyn Lock liegt ebenfalls gefesselt und fest geknebelt auf der Ladefläche.
Die Anweisungen für die Späher waren eindeutig gewesen: Haltet Ausschau und wartet, bis die Geheiligten ihre Wahl treffen. Habt Geduld. Genau wie beim letzten Opfer werden sie ihren Willen kundtun. Und so war es auch gewesen. Im Morgengrauen war das Paar gekommen. Die beiden hatten den Kreis betreten und – wie vom
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