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Das Stonehenge - Ritual

Das Stonehenge - Ritual

Titel: Das Stonehenge - Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Christer
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Moment innezuhalten. Er muss erst sichergehen, dass sein Gehirn ihm keinen Streich spielt. Die Tagebücher haben ihn emotional sehr aufgewühlt und ausgelaugt. Womöglich leidet er dadurch an einer Art Fehlerinnerungssyndrom, das ihn in der Vergangenheit Dinge sehen lässt, die gar nicht wirklich passiert sind.
    Allerdings glaubt er nicht, dass es sich so verhält.
    Sein Vater befahl ihm, sich in die kalte Metallbadewanne ihres alten Hauses zu legen. Er kann sich deswegen so genau daran erinnern, weil ihm das Ganze damals sehr peinlich war. Er war nackt, und die Wanne leer. Dann übergoss Nathaniel ihn von Kopf bis Fuß mit kaltem, grauem Wasser und forderte ihn auf, sich das Wasser auch ins Gesicht und ins Haar zu spritzen, dabei aber ja keinen Tropfen zu vergeuden.
    Als Gideon schließlich wieder aus der Wanne stieg, bibberte er vor Kälte und Angst. Sein Vater hüllte ihn in ein Handtuch, drückte ihn fest an sich und erklärte ihm, er brauche keine Angst zu haben. Es handle sich um ein ganz besonderes Wasser, das ihn wieder gesund machen werde. Und das tat es dann auch. Fast über Nacht. Ein paar Tage später konnte er wieder in die Schule gehen und fühlte sich richtig gut.
    Ein weiteres Puzzleteil aus seiner Kindheit findet seinen Platz. Gideon ist seitdem keinen einzigen Tag krank gewesen. Er bekommt nicht einmal einen Schnupfen. Wenn er sich mal schneidet, heilen die Wunden immer ganz schnell.
    Aufgeregt eilt er ins Schlafzimmer seines Vaters hinüber und wirft einen Blick in den Spiegel über der Kommode. Von den Verletzungen, der er bei seinem Kampf mit dem Einbrecher davongetragen hat, ist nichts mehr zu sehen. Er streicht mit einer Hand über sein Gesicht. Die Haut fühlt sich an der betreffenden Stelle wieder ganz glatt an. Nichts erinnert mehr an die aufgeplatzte Lippe und den Schnitt an der Wange. Es ist, als wäre das Ganze nie passiert.

51
    Ein Schwarm schwarzer Rabenkrähen landet auf dem verwitterten Dach einer alten Scheune, an der in den letzten zwanzig Jahren kaum etwas ausgebessert worden ist. Draco, der mit Musca durch das lange Gras wandert, deutet auf die geflügelte Armee.
    Als er schließlich an das dunkle, knorrige Holz des Scheunentors klopft, zerstreuen sich die aufgescheuchten Vögel zunächst himmelwärts, ehe sie wieder herabstoßen, um sich auf ein paar Baumwipfeln am Rand des großen Feldes niederzulassen.
    Drinnen hört man Metall auf Metall schlagen. Es klingt, als hantiere jemand hektisch mit größeren Gerätschaften. Irgendetwas wird über den Boden geschoben. Serpens hat die beiden Männer bereits durch die Ritzen zwischen den Scheunenbrettern identifiziert und lässt sie ein. Dabei macht er einen sehr verlegenen Eindruck. »Das alles tut mir wirklich leid.«
    Draco gibt ihm keine Antwort. Ihm tut es auch leid, dass sie die Sache vermasselt haben und er jetzt hier herauskommen muss, um zu retten, was zu retten ist. Nachdem er und Musca sich an Serpens vorbeigeschoben haben, sorgt Letzterer dafür, dass niemand mehr hereinkann, indem er eine alte, ramponiert aussehende Egge an die Innenseite des Tores rollt und den langen Metallarm, der normalerweise an einem Traktor befestigt wird, gegen einen der Torbalken spreizt. »Danke, dass ihr gekommen seid.«
    Draco blickt sich um. »Sind wir allein?«
    Serpens nickt. »Ich habe Lacerta nach Hause geschickt.«
    »Gut«, antwortet Musca, »wenigstens das hast du richtig gemacht.«
    Draco kommt gleich zum Punkt. »Wo ist die Leiche?«
    Sean deutet auf den Campingbus. »Da drin.«
    »Und die Frau?«
    »Wohlbehalten im Heiligtum. In einem der Meditationsräume.« Das klingt besser, als es ist. Es handelt sich dabei lediglich um kleine, in die dicken Steinwände gemeißelte Nischen, jeweils nicht größer als ein Besenschrank. Man kann darin weder knien noch sitzen, geschweige denn liegen. Auf Fuß- und Kopfhöhe gelangt durch schmale Schlitze, die etwa die Größe von Briefschlitzen haben, ein wenig Luft hinein.
    »Hat sie etwas gesagt?«
    »Nichts, das irgendeinen Sinn ergeben hätte. Sie hat nur geschrien.«
    Musca lächelt. »Nach ein, zwei Stunden hört sie bestimmt damit auf.«
    Serpens öffnet die Tür des Campingbusses, und sie steigen alle drei hinein. Draco beugt sich über die Leiche. »Habt ihr ihn durchsucht?«
    Serpens schüttelt den Kopf. Musca öffnet das Handschuhfach und zieht Unterlagen einer Autovermietung, einen Führerschein und einen mit Pillen gefüllten Plastikbeutel heraus. Er hält den Beutel gegen die

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