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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Buch.«
      Sie gingen die letzte, mit Teppich ausgelegte Treppe hinunter in den Korridor. Martha konnte sich nicht einfach von ihm verabschieden. Sie wollte sehen, in welche Richtung er ging, damit sie die andere nehmen konnte.
      »Tja, vielleicht können wir heute Abend etwas zusammen trinken, nachdem Sie Ihre Arbeit erledigt und ich mir meine armen Füße wund gelaufen habe?«
      »Tut mir Leid, aber ich weiß nicht, wann ich fertig sein werde.«
      »Ach, kommen Sie. Sagen wir sieben Uhr, okay? Sie wissen doch, was man sagt: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen ... Gleich am anderen Ende der Straße gibt es einen netten, ruhigen kleinen Pub. The Lucky Fisherman, heißt er, glaube ich. Verabredet? Morgen bin ich ohnehin weg, Sie müssen mich also nur dies eine Mal ertragen.«
      Martha dachte eilig nach. Sie waren mittlerweile durch die Tür gegangen und gingen bereits die Stufen hinab auf den Pfad. Wenn sie nein sagte, würde es in der Tat sehr merkwürdig aussehen, und das Letzte, was sie wollte, war, aufzufallen. Hier war es schon schlimm genug, als Frau allein zu sein. Wenn sie sich seltsam verhielt, würde dieser Keith nur einen Grund haben, sie als eine komische Figur in Erinnerung zu behalten, und das durfte nicht sein. Wenn sie jedoch zustimmte, mit ihm etwas zu trinken, würde er ihr zweifellos alle möglichen Fragen über ihr Leben stellen. Doch es hinderte sie ja nichts daran, ihm einen Haufen Lügen aufzutischen. Für eine Frau mit ihrer Fantasie sollte das kein Problem sein.
      »In Ordnung«, sagte sie, als sie die Gartenpforte erreichten. »Sieben Uhr im Lucky Fisherman.«
      Keith strahlte. »Großartig. Bis dann. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.«
      Er wandte sich nach links und Martha nach rechts.
     
     

* 10
    Kirsten
     
    Als Kirsten zum zweiten Mal aus der tröstlichen Finsternis erwachte, bemerkte sie Vasen mit roten und gelben Blumen und Grußkarten auf ihrem Nachttisch. Dann drehte sie ihren Kopf und sah einen Fremden vor der anderen Seite des Bettes sitzen. Sie zog die Decke um ihren Hals und schaute sich im übrigen Zimmer um. Die Krankenschwester im weißen Kittel stand immer noch im Hintergrund - das war wenigstens beruhigend - und an der Wand neben der Tür saß ein Mann in einem hellgrauen Anzug mit einem Notizbuch auf dem Schoß und gezücktem Stift. Kirsten konnte ihn nicht deutlich erkennen, doch er sah zu jung aus, um so kahlköpfig zu sein, wie er wirkte.
      Der Mann neben ihr beugte sich vor und legte das Kinn auf seine Fäuste. Er war ungefähr im Alter ihres Vaters - Anfang fünfzig - und hatte kurzes, abstehendes graues Haar und ein rotes Gesicht. Seine Augen waren braun und zwischen seinem rechten Auge und seiner Nase wuchs ein winziger Furunkel. Unterhalb seines linken Nasenlochs sprossen aus einem dunklen Leberfleck ein paar Haare. Er trug einen marineblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarz und bernsteinfarben gestreifte Krawatte. Seine Miene war freundlich und besorgt.
      »Wie fühlen Sie sich, Kirsten?«, fragte er. »Fühlen Sie sich in der Lage zu sprechen?«
      »Bin ein bisschen groggy«, antwortete sie. »Können Sie mir sagen, was mit mir geschehen ist? Niemand hat mir etwas gesagt.«
      »Sie wurden überfallen. Sie sind verletzt worden, aber Sie werden wieder in Ordnung kommen.«
      »Wer sind Sie? Sind Sie ein Arzt?«
      »Ich bin Detective Superintendent Elswick. Der muntere junge Mann dort drüben neben der Tür ist Detective Sergeant Haywood. Wir wüssten gern, ob Sie etwas zu erzählen haben, was uns bei der Suche nach dem mutmaßlichen Täter helfen könnte.«
      Kirsten schüttelte den Kopf. »Es war völlig dunkel ... Ich ... Ich kann nicht ...«
      »Bleiben Sie ruhig liegen«, sagte Elswick sanft. »Quälen Sie sich nicht. Entspannen Sie sich und lassen Sie mich die Fragen stellen. Wenn Sie keine Antwort wissen, schütteln Sie einfach den Kopf oder sagen nein. Regen Sie sich nicht auf. In Ordnung?«
      Kirsten schluckte. »Ich werd's versuchen.«
      »Gut. Sie waren auf einer Party in der Nacht, als es passierte. Erinnern Sie sich daran?«
      »Ja. Dunkel. Da war Musik, es wurde getanzt. Es war die Semesterabschlussparty.«
      »Das ist richtig. Soweit man uns gesagt hat, sind Sie so gegen ein Uhr allein gegangen. Stimmt das?«
      »Ich ... ich glaube. An die Zeit kann ich mich nicht erinnern. Aber ich bin allein weggegangen. Es war eine wunderbar laue Nacht.« Kirsten erinnerte sich, wie sie

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