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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Akzent war eindeutig australisch, dachte Martha, aber da sie sich nur auf regionale britische Dialekte spezialisiert hatte, konnte sie ihn keiner bestimmten Region zuordnen.
      Martha nahm widerwillig seine Hand und schüttelte sie kurz und schlaff. »Martha Browne.«
      »Und bevor Sie fragen, ja, ich bin ein Aussie. Ich habe mir nur ein bisschen von der Universität freigenommen, um Ihr schönes Land zu bereisen.«
      »Sie studieren?«
      »Ja. Surfen und Sonnen auf Magister an der Bondi-Beach-Universität.« Er lachte. »Stimmt nicht. Ich wünschte, es wäre so. Ich studiere Jura, was nicht halb so interessant ist. Ich reise die Küste entlang bis nach Schottland. Dort habe ich Familie.«
      Martha nickte höflich.
      »Und die Seemöwen«, sagte Keith ohne Zusammenhang, soweit Martha feststellen konnte.
      »Was?«
      »Die verdammten Möwen haben mich auch geweckt. Haben Sie sie nicht gehört?«
      »Möwen, sagen Sie?« Die Frau des Inhabers kam zu ihrem Tisch und stellte zwei Teller ab, die sie mit Topfhandschuhen getragen hatte. »Vorsicht, die sind heiß. Möwen, ja? Man gewöhnt sich dran, wenn man hier wohnt. Geht ja nicht anders.«
      »Sie werden nie von ihnen aufgeweckt?«, fragte Keith.
      »Nie. Seit den ersten paar Monaten nicht mehr.«
      »So lange werde ich leider nicht bleiben können.« Er schaute wieder Martha an. »Morgen geht's weiter. Wenn möglich fahre ich immer mit dem Bus. Wenn nicht, gehe ich zu Fuß oder trampe.«
      »Na, dann viel Glück«, sagte die Frau und ging weiter.
      Keith starrte auf seinen Teller und stocherte mit seiner Gabel in einem dunklen, runden Klumpen herum. »Was ist denn das?«, fragte er, rümpfte seine Nase und beugte sich vor, um zu flüstern. »Was auch immer es ist, ich kann mich nicht erinnern, es bestellt zu haben.«
      Martha betrachtete, was auf seinem Teller lag. Das Gleiche wie auf ihrem: Speck, Eier, gegrillte Tomate und Pilze, geröstetes Brot und das Ding, auf das Keith zeigte. »Black Pudding, nehme ich an«, sagte sie. »Muss das Tagesgericht sein.«
      »Woraus wird das gemacht?«
      »Das wollen Sie nicht wissen. Nicht so früh am Morgen.«
      Keith lachte und langte zu. »Na ja, es schmeckt jedenfalls nicht übel. Das gefällt mir an diesen Pensionen. Man bekommt immer ein Frühstück, das einen für den ganzen Tag stärkt. Bis zum Abendessen brauche ich nicht mehr als ein Sandwich. Essen Sie hier?«
      »Abends nicht, nein.«
      »Das sollten Sie aber. Ich komme für gewöhnlich zurück. Na ja, ich sage für gewöhnlich, dabei ist das erst mein dritter Tag. Sie machen ein anständiges Abendessen. Auch nicht teuer.«
      Als er sich wieder seinem Frühstück widmete, hörte er auf zu reden und ließ Martha in Ruhe. Sie aß schnell und hoffte, gehen zu können, bevor er wieder begann, obwohl sie wusste, dass ein hastiges Essen ihren Magen verstimmen würde. Am anderen Ende des Raumes schnippte eines der Kinder mit seinem Löffel eine Tomatenscheibe an die Wand. Sie klatschte an die ausgeblichene Tapete mit Rosenmuster, rutschte hinab und ließ eine rosa Spur zurück. Der Vater wurde rot und nahm ihm wütend den Löffel weg, während die Mutter aussah, als würde sie vor Scham sterben.
      Martha schob ihren Stuhl zurück und stand auf. »Entschuldigen Sie mich«, sagte sie zu Keith. »Ich muss los. Ich habe eine Menge zu tun.«
      »Wollen Sie Ihren Tee nicht mehr?«, fragte Keith.
      »Ich hatte schon zwei Tassen. Er ist sowieso zu bitter.« Und dann eilte sie hinauf in ihr Zimmer. Sie verschloss die Tür, öffnete das Fenster und rauchte genüsslich eine Zigarette, während sie auf der Fensterbank lehnte und die kleinen, weißen Wolken über St. Mary's betrachtete.
      Nachdem sie die Rothmans aufgeraucht hatte und auf der Toilette gewesen war, nahm sie ihre Tasche und ging wieder hinaus zur Treppe. Auf dem Gang der ersten Etage stieß sie mit Keith zusammen, der gerade aus seinem Zimmer kam. Muss mein Glückstag sein, dachte sie.
      »Wollen Sie mich nicht herumführen?«, fragte er. »Wir beide sind hier ganz allein ... Ich meine, das ist doch eine Schande.«
      »Sie kennen sich hier bestimmt besser aus als ich. Ich bin gerade angekommen und Sie sind schon drei Tage hier.«
      »Ja, aber Sie sind eine Einheimische. Ich bin nur ein armer, unwissender Fremder.«
      »Tut mir Leid«, sagte Martha, »ich muss arbeiten.«
      »Ach? Was denn?«
      »Recherche. Ich arbeite an einem

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