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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Sie sich an seinen Namen, Kirsten?«
      »Ich glaube, er hieß Walberton. Mein Daddy nannte ihn Mal. Eine Kurzform von Malcolm, schätze ich. Aber ich verstehe nicht, warum ...«
      »Im Moment, Kirsten, haben wir noch keinerlei Anhaltspunkte. Da benötigen wir alle Informationen, die wir kriegen können. Alle. Ganz gleich wie absurd sie erscheinen. Arbeitet der Gärtner noch bei Ihnen?«
      »Nein, nicht mehr. Daddy weiß mehr darüber. Er wird es Ihnen sagen.«
      »In Ordnung. Gibt es sonst noch etwas?«
      »Ich glaube nicht. Ich kann mich nicht erinnern, was geschah, nachdem mich die Hand gepackt hat. Wie lange bin ich schon hier?«
      »Zehn Tage. Deswegen müssen wir so schnell wie möglich handeln. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger ist es, eine Spur aufzunehmen. Fällt Ihnen jemand ein, der Ihnen etwas Böses hätte antun wollen? Irgendwelche Feinde? Ein wütender Freund vielleicht?«
      Zehn Tage! Das war kaum zu glauben. Was hatte sie seit zehn Tagen hier gemacht? Nur geschlafen und geträumt? Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es gibt nur Galen. Ich kenne niemanden, der so etwas tun würde. Ich verstehe es nicht. Ich habe niemals in meinem Leben jemandem etwas angetan.« Aus den Augenwinkeln kullerten Tränen in die feinen Haare über den Ohren. »Ich bin müde. Es tut weh.« Sie spürte, wie sie wieder schwächer wurde, und wollte am liebsten einschlafen.
      »Schon in Ordnung«, sagte Elswick. »Sie sind eine große Hilfe gewesen. Wir werden jetzt gehen, damit Sie sich ausruhen können.« Er stand auf, tätschelte ihren Arm und gab dann Sergeant Haywood ein Zeichen, dass es Zeit war zu gehen. »Ich werde bald zurückkommen und Sie wieder besuchen, Kirsten, wenn Sie sich besser fühlen. Ihre Eltern sind immer noch hier und warten draußen. Möchten Sie sie sehen?«
      »Später«, sagte Kirsten. »Warten Sie. Wo ist Galen? Haben Sie Galen gesehen?«
      »Ihren Freund? Ja«, sagte Elswick. »Er war hier. Er sagte, er würde wiederkommen. Diese Blumen sind von ihm.« Er zeigte auf die Vase mit den roten Rosen.
      Als Elswick und Haywood aufbrachen, kam die Krankenschwester, um das Bett zu richten. Während sich die Tür schloss, konnte Kirsten Elswick sagen hören: »Wir postieren hier lieber rund um die Uhr einen Beamten ... Vielleicht kommt er zurück, um sein Werk zu vollenden.«
      Ehe die Krankenschwester sich entfernen konnte, packte Kirsten ihr Handgelenk.
      »Was ist mit mir passiert?«, flüsterte sie. »Meine Haut fühlt sich zu eng und verdreht an. Irgendetwas stimmt nicht.«
      Die Krankenschwester lächelte. »Das werden die Nähte sein, meine Liebe. Die ziehen manchmal ein bisschen.« Sie schüttelte das Kissen auf und eilte hinaus.
      Nähte! Kirsten war schon einmal genäht worden, als sie vom Fahrrad gefallen war und sich den Arm an Glasscherben aufgeschnitten hatte. Es stimmte, sie hatten gezogen. Aber diese Nähte waren in ihrem Arm gewesen, sie hatte nur sehr geringfügigen, örtlichen Schmerz gespürt. Wenn die Ursache für ihr jetziges Unbehagen Nähte waren, warum fühlte sich dann ihr gesamter Körper an, als wäre er straff und ungenau auf sein Gerippe genäht worden?
      Sie könnte natürlich nachschauen. Könnte die Bettdecke herunterschieben und ihr Nachthemd öffnen. Nichts leichter als das. Doch diese Anstrengung überstieg ihre Kräfte. Die Bewegungen würde sie hinkriegen, was sie jedoch davon abhielt, war Angst: Angst davor, was sie entdecken könnte. Stattdessen hieß sie die Besinnungslosigkeit willkommen.
     
     

* 11
    Martha
     
    Auf den Grabsteinen waren keine Namen zu sehen. Martha stand auf dem Friedhof neben der St. Mary's Church hoch auf der Klippe und starrte erschrocken. Die meisten Steine waren an den Rändern schwarz verfärbt, und dort, wo die eingemeißelten Daten hätten sein sollen, war nur vernarbter Sandstein. Auf manchen konnte sie schwache Spuren von Buchstaben erkennen, viele waren jedoch vollkommen leer. Es muss an dem salzigen Wind liegen, dachte sie, der vom Meer kommt und die Namen auslöscht. Das machte sie plötzlich und unerklärlicherweise traurig. Sie schaute hinab auf das gekräuselte blaue Wasser und die schmale geschäumte Linie, wo die Wellen auf den Strand brachen. Es kam ihr ungerecht vor. Die Toten sollten nicht vergessen werden, denn sie vergaß sie auch nicht. Zitternd trotz der Hitze ging sie hinüber zur Kirche.
      Im Innern war es ein beeindruckendes Bauwerk. Sie missachtete den an eine Wand

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