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Das sündige Viertel

Das sündige Viertel

Titel: Das sündige Viertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kuprin
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heiligen Väter«, murmelte er überrascht, seinen unpassenden Scherz fortführend. »Aber das ist doch … Das ist doch … Ach, Teufel … das ist Sonja, nein, Pardon, Nadja … Aber ja! Das ist Ljuba von Anna Markowna …«
    Ljubka errötete heftig, sie war den Tränen nahe und barg ihr Gesicht in den Händen. Lichonin bemerkte das, er verstand, was im Herzen des Mädchens vorging, und kam ihr zu Hilfe. Streng, beinahe grob fiel er Solowjow ins Wort.
    »Ganz recht, Solowjow. Wie beim Adreßbüro. Ljuba aus dem Viertel . Früher Prostituierte. Vielmehr – gestern noch Prostituierte. Ab heute: mein Freund, meine Schwester. Und als solche soll jeder sie betrachten, der auch nur ein bißchen was von mir hält. Sonst …«
    Der massige Solowjow beeilte sich, Lichonin fest und herzlich zu umarmen und zu drücken.
    »Ist gut, mein Lieber, ist ja schon gut … ich habe dummes Zeug gequasselt. Kommt nicht wieder vor. Seien Sie gegrüßt, meine bleichgesichtige Schwester.« Er streckte Ljubka über den Tisch die Hand hin und preßte ihre willenlosen, zarten kleinen Finger mit den abgeknabberten kurzen Nägeln. »Wie schön, daß Sie in unseren bescheidenen Wigwam gekommen sind. Das wird uns erquicken und stille, angenehme Sitten in unser Milieu bringen. – Alexandra! Biier!« rief er laut. »Wir sind ganz schön verkommen, sind grob geworden und versackt in Obszönität, Suff, Faulheit und anderen Lastern. Und alles deswegen, weil wir des mildtätigen, läuternden Einflusses weiblicher Gesellschaft entbehrten. Ich drücke nochmals Ihre Hand. Ihre liebe kleine Hand. Bier!«
    »Ich komme«, ertönte von draußen Alexandras unzufriedene Stimme. »Ich komme ja schon. Was schreist du? Wieviel soll's sein?«
    Solowjow ging auf den Flur, um zu verhandeln. Lichonin lächelte ihm dankbar nach, und der Georgier gab ihm, als er vorüberging, einen freundlichen Klaps zwischen die Schulterblätter. Beide hatten Solowjows verspätete ruppige Feinfühligkeit erkannt und wußten sie zu schätzen.
    »Jetzt«, sagte Solowjow, als er ins Zimmer zurückkam, und setzte sich vorsichtig auf einen altersschwachen Stuhl, »jetzt kommen wir zur Tagesordnung. Kann ich euch irgendwie behilflich sein? Wenn ihr mir eine halbe Stunde Zeit gebt, laufe ich ins Kaffeehaus und nehme dort den besten Schachspieler aus. Kurzum – ihr könnt über mich verfügen.«
    »Wie ulkig Sie sind!« sagte Ljubka verschämt und lachend. Die scherzhafte, ungewohnte Redeweise des Studenten war ihr unverständlich, doch ihr schlichtes Herz fühlte sich von ihm angezogen.
    »Das ist ganz und gar nicht nötig«, warf Lichonin ein. »Vorerst bin ich noch höllisch reich. Ich denke, wir gehen alle zusammen in eine nette Kneipe. Ich muß mich mit euch beraten. Immerhin seid ihr für mich die nächsten Menschen und seid natürlich nicht so dumm und unerfahren, wie es auf den ersten Blick scheint. Anschließend gehe ich dann los und versuche, die Sache mit ihrem … mit Ljubkas Ausweis zu regeln. Ihr könnt auf mich warten. Das dauert nicht lange. Jedenfalls wißt ihr nun über die ganze Angelegenheit Bescheid und werdet weiter keine dummen Scherze machen. Ich möchte«, seine Stimme zitterte sentimental und heuchlerisch, »ich möchte, daß ihr mir einen Teil meiner Sorgen tragen helft. In Ordnung?«
    »Na klar! In Ordnung!« rief der Fürst aus, sah Ljubka vieldeutig an und zwirbelte sich den Schnurrbart. Lichonin warf ihm einen schrägen Blick zu. Solowjow aber sagte treuherzig: »Und ob. Du hast etwas Großes und Schönes getan, Lichonin. Der Fürst hat mir's schon in der Nacht erzählt. Nun ja, dazu ist die Jugend doch da, um heilige Dummheiten zu begehen. Gib mir die Flasche, Alexandra, ich öffne selbst, sonst platzt dir noch eine Ader. Auf das neue Leben, Ljubotschka, Pardon … Ljubow … Ljubow …«
    »Nikonowna. Aber nennen Sie mich doch ruhig Ljuba.«
    »Na gut, Ljuba. Fürst, zum Wohl!«
    »Zum Wohl«, erwiderte Nisheradse und stieß mit dem Bier mit ihm an.
    »Und ich will dir noch sagen, daß ich mich sehr über dich freue, Freund Lichonin«, fuhr Solowjow fort, nachdem er sein Glas abgesetzt hatte, und leckte sich die Lippen. »Ich freue mich, mache dir meine Reverenz. Du und nur du bist fähig zu solch echtem russischem Heroismus, der sich schlicht und bescheiden ausdrückt, ohne große Worte.«
    »Hör auf … Wieso denn Heroismus!« Lichonin runzelte die Stirn.
    »Wirklich wahr«, stimmte Nisheradse zu. »Du wirfst mir immer vor, daß ich viel quassele, und

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