Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
er keinen Grund gesehen hat, Ihnen überhaupt eine Brille anzupassen, aber dass Sie darauf bestanden hätten, nicht richtig sehen zu können.«
Merrick schaute finster zu ihm hoch. »Geben Sie mir ein Buch, verdammt.«
Phipps holte ein Buch über modernen Straßenbau von Merricks Schreibtisch. Merrick drehte den Lampendocht höher und schlug das Buch auf. Das Gedruckte innen sah so klein und eng aus wie immer. »Verdammt!«, sagte er und schloss das Buch mit einem vernehmlichen Knall. »Wieso habe ich angenommen, ich bräuchte eine Brille?«
»Diese Frage stellt sich in der Tat, Sir«, entgegnete der Diener über die Schulter. »Harbury behauptet, Sie haben die Sehstärke eines Mannes, der halb so alt ist, wie Sie es sind.«
Phipps war ins Schlafzimmer gegangen und schlug Merricks Bett auf, und, obwohl Merrick angekündigt hatte, in seinen Kleidern schlafen zu wollen, legte der unverschämte Kerl ein Nachthemd heraus. Merrick klappte die zerbrechlich aussehenden Drähte zusammen und verstaute die Brille in ihrer Lederschatulle. Dann stand er auf und ging an seinen Schreibtisch, damit er sie in eine der Seitenschubladen legen konnte.
Dabei stieß er Geoffs Opernglas. Er hatte es zurückgeben wollen, aber Geoff war nicht mehr zur Baustelle gekommen, und Merrick hatte es deshalb vergessen. Er nahm es aus der Schublade und betrachtete es einen Moment lang. Unter der Regulierschraube für die Sehschärfe steckte ein Stück getrockneter Sauerampfer. Er zog es heraus und hielt das Glas in der Hand. Wie seltsam ihm das alles jetzt vorkam.
An jenem Tag am alten Brunnen hatte Geoffrey behauptet, durch das Opernglas gesehen zu haben, dass der Kran schwankte. Dann hatte er behauptet, vergessen zu haben, dass er es gesehen hatte. Das ergab heute ebenso wenig Sinn wie damals. Aber in all der Eile und Gefahr hatte Merrick nicht weiter darüber nachgedacht. Später jedoch, als Merrick das Fernglas im Gras gefunden und hindurchgesehen hatte, um den Ort des Unfalls zu betrachten ...
Großer Gott! Das war äußerst merkwürdig.
Und da waren auch noch andere Dinge - Dinge, die, wenn sein Verstand frei von der Lust auf Geoffreys Mutter war, keinen Sinn machten, wie er jetzt erkannte. Da war, jetzt, da er darüber nachdachte, die Nacht von Chutleys Unfall. Die Art, wie der Junge ihn angefleht hatte, mit ihnen zu fahren, wie er Merrick an der Hand festgehalten hatte, als dieser aus der Kutsche hatte aussteigen wollen. Und dann war da das, was danach geschehen war.
»Danke, dass Sie mich getragen haben, Sir. Es tut mir so leid, dass der andere Mann gestorben ist.«
Das waren Geoffs Worte gewesen, bevor er nach oben ins Bett gegangen war. Wieder hatte etwas daran seine Neugier geweckt, aber dann hatten er und Maddie miteinander gestritten und wegen all dem hatte er es versäumt, weiter darüber nachzudenken. Merrick griff nach seinem Glas und trank den Rest Whisky mit einem Schluck aus. Verdammt, warum hatte er nicht früher darüber nachgedacht? Eine unbeschreiblich große Bedeutung lag in diesem einen, einfachen Satz. Es tut mir so leid, dass der andere Mann gestorben ist.
Merrick strich sich mit den Händen durchs Haar. Ja, es hatte einen Schuss aus einer Pistole gegeben. Die Pferde hatten gescheut, und die Kutsche war gegen die Steinmauer gefahren. Aber Geoff war bewusstlos gewesen, als Chutleys Leiche gefunden wurde. Merrick hatte den Jungen im Regen nach Hause getragen, und Madeleine war ihm auf dem Fuße gefolgt. Er erinnerte sich auch an jedes Wort, das sie miteinander gewechselt hatten. Aber sie hatten nicht ein einziges Mal erwähnt, dass es einen Toten gegeben hatte.
Er war sich dessen gewiss, jetzt, da er darüber nachdachte. In der Tat war er besonders vorsichtig gewesen, dieses Thema nicht anzuschneiden. Ein Kind in Geoffs Alter musste nicht sofort allen Hässlichkeiten der Welt ausgesetzt werden. Aber Geoff, begann Merrick zu befürchten, wusste von der Wahrheit dieser Welt mehr, als man es sich wünschte.
Eine kalte, schreckliche Angst begann ihn zu ergreifen. Eine Wahrheit, die erschreckender war, als er es je zu vermuten gewagt hätte. Nein! Nein, das war einfach nicht möglich. Quin war daran schuld, hatte er doch seine Gedanken mit diesem Gerede über den Fluch der Zigeunerin vergiftet.
Aber Madeleine hatte heute Abend behauptet, sie hätte immer gewusst, dass Geoff »anders« war. Wo hatte er das schon einmal gehört?
»Weißt du, Merrick, wie demütigend es für einen zwölfjährigen Jungen ist, zu
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