Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
weinen?«
Jesus Christus! Er hatte heute Abend Mitleid für Madeleine empfunden. Doch jetzt war es mit seinem Mitleid - und seiner Geduld - auf einen Schlag vorbei. Lieber Gott, dieser arme, arme Junge! Zweimal hatte er sie nach dem Alter ihres Sohnes gefragt. Und zweimal hatte sie das Thema gewechselt. Es hatte ihn nicht wirklich gestört; er hatte lediglich höfliche Konversation betrieben. Jetzt aber begann er, sich durchaus dafür zu interessieren.
»Die schottische Gabe«, so nannte Granny MacGregor es. Nun, es war keine Gabe. Es war ein gottverdammter Fluch, und er ruinierte das Leben des Jungen. Madeleine sollte verdammt sein, von hier bis zur Hölle und zurück! Das Begreifen verwirrte ihn. Warum hatte er es nie in Betracht gezogen? Alle Anzeichen waren vorhanden. Herrgott, und er hatte wieder mit ihr geschlafen. Und danach hatte es ihn seine ganze Selbstbeherrschung gekostet, nicht auf die Knie zu fallen und ihr zu schwören, dass er sie immer ...
Lieber Gott! Mit zitternden Händen schloss Merrick die Schublade und steckte das Opernglas in seine Tasche. Er hatte seine Schuhe schon fast wieder an, bevor ihm bewusst wurde, was er tat.
Phipps stand in der Tür zum Schlafzimmer. »Sie gehen noch einmal aus, Sir?«
»Das tue ich, Sie haben verdammt recht«, erwiderte Merrick scharf. »Ich werde durch das ganze Dorf laufen, um den letzten Atemzug aus Lady Bessett zu schütteln - und auch das können Sie in meinem gottverdammten Kalender notieren.«
»Jawohl, Sir.«
Merrick riss die Tür auf und drehte sich noch einmal um. »Und zwar mit Tinte, Phipps - mit schwarzer Tinte.«
Kapitel 14
Lügen haben kurze Beine.
M adeleine hatte die erste Kiste mit Dokumenten fast durchgesehen, als ein Klopfen an der Tür sie fast aus dem Stuhl aufspringen ließ. Grundgütiger Himmel, es war doch schon nach Mitternacht! Doch als das Mädchen vom Lande, das sie war, ging sie zur Tür und öffnete sie, ohne zu fragen, wer Einlass begehrte. Sie erkannte ihren Fehler sofort.
Merrick MacLachlan stand auf ihrer Türschwelle und sah aus, als wäre er soeben aus dem Schlund der Hölle zurückgekehrt. Sein Haar war zersaust, und seine blauen Augen waren dunkel vor Wut. Sein Hemd stand am Hals offen, die Hemdschöße hingen halb aus dem Hosenbund heraus, und seine Weste war nicht zugeknöpft. Einen Augenblick lang hielt Madeleine ihn für betrunken, doch seine Hand - er trug keine Handschuhe - war felsenfest, als er sie gegen die Tür schmetterte. Sie schwang weit auf, und er betrat ohne Aufforderung das Haus.
Madeleine konnte ihn nur anstarren. »Du meine Güte! Weißt du, wie spät es ist?«
Er erwiderte ihren Blick aus wutsprühenden Augen. »Aye, es ist die Geisterstunde«, sagte er. »Diese kurze Zeit zwischen Leben und Tod, dieser Spalt greifbarer Ungewissheit, wenn die Toten umherirren und die Gräber ihre Geheimnisse preisgeben.«
Madeleine sah ihn verständnislos an. »Du bist betrunken, Merrick«, sagte sie. »Bitte geh nach Hause.«
Er kam wie ein Raubtier auf sie zu. Er roch nach Whisky, aber sein Blick war klar. Ärgerlich wich sie einen Schritt zurück, aber er griff in ihr Haar, wickelte es um seine Hand und zog sie zu sich. Er presste seine Wange gegen ihre und flüsterte ihr ins Ohr. »Sag mir eines, Maddie - hast du auch Geheimnisse?«
Sie begann, sich zu fürchten. »Ich - ich weiß nicht, was du meinst.«
Er zog sie hart zu sich heran. »Versuch es noch einmal«, knurrte er, und seine Stimme klang beängstigend ruhig. »Nur heraus damit, meine kleines Frauchen! Zu beichten tut der Seele doch gut, nicht wahr?«
Am oberen Treppenabsatz tauchte ein Schatten auf, verharrte dort. »Ist etwas nicht in Ordnung, Mylady?«, fragte Madeleines Hausangestellte.
Merrick wandte den Kopf nicht um einen Zentimeter. »Verschwinden Sie und kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten«, fauchte er.
»Es ist alles in Ordnung, Eliza«, sagte Madeleine. Ihre Stimme klang überraschend fest.
»Gehen Sie wieder ins Bett. Ich werde auch gleich hinaufkommen.«
Der Schatten zögerte, dann verschwand er. Madeleine legte ihre Hand auf Merricks. »Bitte lass mein Haar los«, sagte sie kalt. »Dann setz dich hin und sag, was du zu sagen hast, um Himmels willen.«
»Oh, dafür würden uns nicht genug Jahre bleiben, Maddie, um dir alles zu sagen, was ich dir zu sagen habe.« Er stieß die Worte dicht an ihrem Ohr hervor. »Und nichts davon, meine Liebe, wird angenehm sein.« Aber zu ihrer Überraschung ließ er sie los.
Sie
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