Das suesse Maedchen von nebenan
sanft ihr Kinn hoch, sodass sie gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. „Du kannst mir nichts vormachen, Mandy. Dafür kenne ich dich zu lange. Was ist los?“
„Nichts“, versuchte sie ihm zu versichern und lächelte, aber ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Mandy …“
Sein Ton war so sanft, sein Blick so mitleidig, dass sie das Gesicht an seine Schulter presste und in Tränen ausbrach.
Einige Minuten lang hielt er sie nur fest und ließ sie sich ausweinen, wobei er über ihre Schulter strich und beschwichtigende Worte flüsterte. Als Mandy sich ein wenig beruhigt hatte und den Kopf hob, reichte er ihr ein Taschentuch.
„Danke“, sagte sie schniefend. Sie würde sich unauffällig hineinschleichen und ihr Make-up erneuern müssen, bevor jemand sie zu Gesicht bekam.
„Bist du jetzt bereit, mir zu sagen, was dich so traurig macht?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich darf nicht. Du bist sein Bruder. Außerdem bin ich sicher, dass ich nur ein bisschen nervös bin wegen der Hochzeit.“
„Aber?“, drängte er sie. „Mein Bruder hat offenbar etwas für ihn typisch Blödsinniges oder Gefühlloses getan.“
„Das ist es ja“, sagte sie leise und zupfte geistesabwesend an seinem Taschentuch. „Er hat nichts getan. Seit er um mich angehalten hat, benimmt er sich, als wollte er gar nicht mehr heiraten. Er zeigt überhaupt kein Interesse an den Vorbereitungen oder an unserer Zukunft.“ Sie wischte die Tränen von den Wangen, die wieder zu fließen begannen. „Ich dachte, es würde mich glücklich machen, mit Mitch verheiratet zu sein, aber jetzt wünschte ich, wir wären dabei geblieben, einfach nur zusammen zu schlafen.“
„Hör mal“, sagte Chase und rieb ihr ermutigend die Arme. „Der Grund für das alles ist ganz einfach. Mein Bruder ist ein Esel. Sein erster Fehler war, sich mit Suzanne einzulassen, die jeder außer meinem blinden Bruder als das Luder erkannte, das sie war. Sein zweiter Fehler war, ihr auch nur eine Minute nachzuweinen, als sie ihn verließ. Und sein dritter Fehler …“
Er unterbrach sich kurz und strich Mandy eine Locke hinter das Ohr. „Sein dritter und bei weitem größter Fehler war, dich zum Weinen zu bringen, statt dich mit aller Macht festzuhalten und dich jeden Moment wissen zu lassen, wie viel du ihm bedeutest.“
Mandys Tränen flossen noch schneller.
Chase nahm sie in die Arme. „Na, na. Er will dir nicht wehtun, Mandy. Er ist zurzeit nur ein wenig durcheinander. Du weißt doch, was Suzanne ihm angetan hat. Er weiß nicht mehr, was er will.“
Mandy verstand das schon, aber es tröstete sie leider nicht. Sie war immer noch in der betrüblichen Lage, mit einem Mann verlobt zu sein, der sie wahrscheinlich gar nicht haben wollte.
Hinter sich hörte sie das Öffnen und Schließen der Küchentür und dann Schritte auf den Verandadielen. Sie löste sich hastig von Chase und trocknete sich verlegen die Wangen. Als sie sich umdrehte, sah sie nicht irgendeinen Gast, sondern Mitch, der sie aus wütenden Augen anstarrte.
„Sieh an“, sagte er mit schneidender Stimme. „Ich muss mich wohl glücklich schätzen, dass ich es vor der Hochzeit erfahre. Wie blöd würde ich dastehen, wenn ich ein zweites Mal eine Lügnerin und Ehebrecherin heiraten würde.“
Mandy spürte, wie Chase zusammenzuckte. „Moment mal …“
„Und noch dazu mit meinem eigenen Bruder.“ Mitch verzog den Mund zu einem hässlichen Lächeln.
„Mitch“, sagte sie hastig, „es ist nicht so, wie du denkst.“
Sie machte einen Schritt auf ihn zu und streckte eine Hand nach ihm aus, aber er wich vor ihr zurück und warf ihr einen so feindseligen Blick zu, dass Mandy erschrocken stehen blieb.
„Das ist es doch nie, oder?“, erwiderte er kalt.
„Pass auf, Mitch“, sagte Chase drohend. „Ich hätte nichts dagegen, dir auf deiner eigenen Verlobungsparty die Nase blutig zu schlagen.“
Mitch ging herausfordernd auf ihn zu. Er achtete nicht mehr auf Mandy, die zwischen den beiden Brüdern stand. „So wie du auch nichts dagegen hast, dich an meine Verlobte heranzumachen.“
„Genug jetzt“, fuhr sie ihn an und streckte die Arme aus, um die beiden Brüder zu trennen. „Ich weiß deine Hilfe zu schätzen, Chase, aber ich glaube, Mitch und ich müssen uns kurz allein unterhalten.“
Chase sah sie stirnrunzelnd an. „Bist du sicher?“
„Ja.“
„Na schön, aber ich bin ganz in der Nähe. Ruf mich, wenn du mich brauchst.“
Sie nickte, und Chase ging um seinen Bruder herum,
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