Das Syndikat der Spinne
einen neuen aus und gab Hellmer und Durant ein Zeichen. Hellmer stellte sich auf die andere Seite des Betts, Durant ans Fußende.
Kullmer fuhr fort: »Was sagt dir der Name Andrejew?«
Gebhardt zögerte mit der Antwort. Kullmer sah ihn scharf an, und als er auch nach mehreren Sekunden nicht auf die Frage antwortete, riss Kullmer die Bettdecke weg und warf sie an die Tür. »Eine Antwort – bitte!«
»Nie gehört«, erklärte Gebhardt, wobei seine Augen immer schneller von Durant zu Hellmer zu Kullmer und wieder zurück zur Kommissarin wanderten.
»Das war die falsche Antwort«, sagte Kullmer nur. Gebhardt sah den Schlag nicht kommen, den ihm Kullmer mit voller Wucht in die Seite versetzte. »Andrejew?«
»Ihr Schweine, ihr verfluchten! Ich zeige euch an!«
»Ach Walter, was glaubst du denn, wie weit du damit kommst? Noch mal – Andrejew. Oder soll ich’s dir buchstabieren? A-n-d-r-ej-e-w.«
»Wer soll das denn sein?«
Hellmer holte seine Pistole aus der Jackentasche, betrachtete sie einen Moment geradezu liebevoll und hielt sie Gebhardt plötzlich zwischen die Beine.
»Frank ist gerade in der Stimmung, dir die Eier wegzublasen. Liegt vielleicht am Wetter, nicht jeder kann diesen plötzlichen Wetterwechsel einfach so wegstecken. Und Frank ist sehr, sehr wetterfühlig. Das kriegen wir im Präsidium andauernd zu spüren. O Mann, ich kann dir sagen, da fliegen manchmal gewaltig die Fetzen. Und heute ist wieder so ein blöder Tag. Tja, was ist nun, willstdu uns lieber was über Andrejew sagen oder willst du in Zukunft im Knabenchor zwitschern?« Kullmer holte tief Luft, griff blitzschnell mit beiden Händen an den Kopf von Gebhardt und riss ihn hoch. »So, und jetzt ist Schluss mit lustig! Kommen wir zum ernsten Teil. Andrejew!! Ich will von dir hören, was du von Andrejew weißt!! Und sollte ich dich auch nur einmal beim Lügen ertappen, wirst du deine Familie in frühestens zwanzig Jahren wiedersehen. Zum letzten Mal – Andrejew?!«
»Ja, ich kenne ihn. Aber nur vom Namen her, er hat mal bei uns im Präsidium angerufen!«, schrie Gebhardt mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Der nächste Schlag wurde erneut von Kullmer ausgeführt, diesmal in die rechte Seite und noch eine Spur stärker als zuvor.
»Gut, du willst nicht reden, also werden wir es tun. Andrejew hat bei euch im Präsidium angerufen, aber er hat zuerst mit Müller gesprochen, der ihn dann an dich weiterverbunden hat.«
Gebhardt nickte nur, nach Luft ringend.
»Und dann?«
»Er wollte mit uns sprechen, weil er angeblich erpresst wurde. Wir konnten ihm aber nicht helfen, da die Beweise fehlten.«
»So, die Beweise fehlten also. Seine Tochter wurde entführt, und ihr wurde ein Finger abgeschnitten. Das ist also schon mal kein Beweis«, meinte Hellmer zynisch. »Dass er zwanzigtausend im Monat an die Tschetschenen bezahlt hat, ist auch kein Beweis. Okay. Ich habe zwar keine Ahnung, welche Beweise du brauchst, um jemanden zu beschützen, dessen Leben in akuter Gefahr ist, und nicht nur seins, sondern auch das seiner Familie, aber mir würden die Ohren schon klingeln, wenn man mir das mit der Tochter erzählen würde. Und du hast Andrejew natürlich auch nie gesehen.«
Gebhardt schüttelte den Kopf. Julia Durant, die die ganze Zeit schweigend dagestanden hatte, in der es aber kochte und die immer wieder die Bilder aus Andrejews Haus vor Augen hatte, vor allem das von dem kleinen Mädchen, ging um das Bett herum, setzte sich auf die Bettkante und sah Gebhardt nur an. Kullmer wollte etwassagen, aber Durant machte eine Handbewegung, woraufhin er schwieg. Gebhardt hielt ihrem Blick nicht lange stand. Durant spürte, wie ihm immer unbehaglicher wurde. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und in einem Moment, in dem Gebhardt nicht aufpasste, packte sie ihn am Arm und drehte ihn ruckartig nach hinten. Nur eine Sekunde später lag Gebhardt auf dem Bauch und schrie wie ein verwundetes Tier. Durant und Kullmer hielten seine Arme und drückten ihre Knie in sein Kreuz. Hellmer nahm Gebhardts Kopf und presste ihn fest in das Kissen. Gebhardt zuckte und versuchte sich aus dem Griff zu lösen, doch es gelang ihm nicht. Nach etwa einer Minute ließ Hellmer den Kopf los. Gebhardt japste verzweifelt nach Luft.
»Hast du Andrejew nicht zufällig am vergangenen Freitag in seiner Praxis besucht und ihm noch einmal erklärt, dass du nichts für ihn tun kannst? Und hat Andrejew dir nicht gesagt, dass er vorhat, heute abzuhauen, wenn die Polizei ihm nicht hilft?
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