Das Syndikat der Spinne
doch so schön in einem Werbespot – nichts ist unmöglich. Ich weiß nur, dass irgendwer furchtbare Angst davor gehabt haben muss, dass Gebhardt singt. Und dieser Jemand ist nicht irgendein kleiner Dealer oder ein anderes kleines Licht in der Szene. Gebhardt wurde umgebracht, weil er eine Gefahr darstellte. Solange er kooperierte, war er kein Risiko. In dem Augenblick aber, wo er im Gefängnis war, wussten die Hintermänner sofort, dass er dem Druck einer harten Vernehmung niemals würde standhalten können. Ergo musste man ihn beseitigen, obgleich sich Gebhardt seiner Sache absolut sicher war. Er war sicher, bald wieder freizukommen, weil er auf Hilfe von oben baute. Was hat Küchler denn noch so gesagt?«
»Gar nichts weiter. Er wollte mit Gebhardt sprechen, aber da war er schon tot. Mehr Infos habe ich nicht.«
Hellmer zündete sich eine Marlboro an und lehnte sich an die Wand, die Beine über Kreuz. »Gebhardt wäre im Moment unsere einzige Chance gewesen. Wer wusste alles, dass er in Weiterstadt einsitzt? Küchler, Blumenthal, Müller, sicher auch einige Kollegen vom OK, seine Frau …«
»Und wir«, fügte Durant hinzu.
»Was soll das denn heißen?«, fragte Kullmer gereizt.
»Ich will damit nur sagen, dass sehr viele Leute davon wussten. Zu viele eigentlich. Gehen wir mal davon aus, dass Müller es gestern Abend noch oder heute Morgen einigen Kollegen mitgeteilt hat. Wie schnell macht so was die Runde?«
Schweigen.
»Seht ihr, das ist genau das Problem. Es wird immer Sicherheitslücken geben. Ich möchte wetten, dass inzwischen ein paar dutzend Personen von Gebhardts Inhaftierung wissen. Die Frage ist, wer ist der Maulwurf? Und wer hat Gebhardt umgebracht?«
»Das können Häftlinge gewesen sein«, sagte Kullmer nachdenklich.
»Möglich. Er stand zwar unter ständiger Beobachtung, aber das will nicht viel heißen. Gerade unter dem Gefängnispersonal gibt es eine ganze Menge Beamte, die sich nur zu gerne schmieren lassen und dafür auch mal ein Auge zudrücken oder einfach wegschauen. Wer würde euch noch einfallen?«
»Aufseher?«, fragte Hellmer zweifelnd.
»Auch die kommen in Frage«, erwiderte Durant.
»Und wie kriegen wir raus, wer ihn umgebracht hat?«
»Ich fürchte, überhaupt nicht. Wenn unter den Aufsehern tatsächlich welche sind, die zu einem Mord fähig sind, sofern die Bezahlung stimmt, wird das ein Kampf gegen Windmühlen. Hält irgendeiner meine Theorie für ausgeschlossen?«
»Frau Durant, Ihre Denkspiele in allen Ehren, aber finden Sie nicht, dass Sie ein wenig übers Ziel hinausschießen?« Berger hatte sich ebenfalls eine Zigarette angezündet und setzte sich auf den Stuhl vor Durants Schreibtisch.
»Ich will nur alle Möglichkeiten durchgehen. Ich weiß, dass wir vom K11 nie die volle Wahrheit erfahren werden, dazu sind bestimmte Leute einfach viel zu clever. Aber ich will es diesen Leuten trotzdem so schwer machen, wie ich kann. Außerdem sehe ich noch eine andere Möglichkeit – Gangster mit gefälschten Ausweisen. Sie gehen ins Gefängnis, zeigen ihre Ausweise vor und sagen, sie möchten mit Gebhardt sprechen. Wir wissen, dass so was machbar ist.«
»Nein, nicht in Weiterstadt«, widersprach Kullmer entschieden. »Du weißt doch selbst, wie scharf dort die Sicherheitskontrollen sind. Du kommst nicht mal mit einem normalen Kugelschreiber durch die Schleuse, ohne dass es piept. Nee, ausgeschlossen. Esmuss jemand von drinnen gewesen sein. Vielleicht hat ein Wärter von außen den Befehl bekommen, hat dann aber einen Häftling beauftragt, Gebhardt kaltzumachen. Oder der Wärter hat es selbst in die Hand genommen. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Entweder ein Wärter oder ein Häftling. Doch wer es war …«
»Was ist mit seiner Wohnung?«, fragte Hellmer. »Es könnte doch immerhin sein, dass er dort gewisse Unterlagen gebunkert hat, die uns weiterhelfen.«
Julia Durant lachte kurz auf und sagte: »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass ausgerechnet wir einen Durchsuchungsbefehl für Gebhardts Wohnung bekommen? Bevor wir dort auftauchen, war schon längst jemand anders da und hat alles mitgehen lassen. Es ist doch ein Einfaches, seine Familie aus der Wohnung zu locken, um dann in aller Ruhe alles auf den Kopf zu stellen. Das sollten wir vergessen. Oder wir kriegen einen Durchsuchungsbefehl, aber erst morgen oder am Montag, nachdem die Herren Staatsanwälte und Richter darüber beraten haben, wer denn nun für die Todessache Gebhardt zuständig ist. Nein, wir
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