Das Syndikat der Spinne
ermordet wurde. Aber jetzt bin ich so klar im Kopf wie lange nicht mehr.«
»Andreas ermordet?«, fragte Wiesner scheinbar überrascht und mit unschuldigem Blick. »Ich denke, er hat Selbstmord begangen?«
»Andreas hätte nie im Leben Selbstmord begangen. Und er hätteauch nie etwas mit einer Hure gehabt, das weißt du genau. Ich will jetzt von dir hören, warum Andreas sterben musste. Sag’s mir, damit ich endlich wieder ruhig schlafen kann.«
»Ich weiß nicht, wovon du da redest, aber …«
»Schluss jetzt mit dieser verdammten Lügerei!«, herrschte sie ihn an. »Du hast Andreas auf dem Gewissen, und du sagst mir jetzt, warum! Also!?«
»Das ist ein Hirngespinst!«, entgegnete Wiesner und lachte irre auf. »Du bist völlig durchgeknallt! Du gehörst in die Psychiatrie!«
»Noch einmal, warum?« Sie tat, als hätte sie die letzte Bemerkung nicht gehört. Ihre Stimme klang ruhig und dennoch gefährlich.
»Warum was?«, schrie er mit sich überschlagender Stimme. »Du bist verrückt, ja, du bist total übergeschnappt! Ich höre heute zum ersten Mal, dass Andreas ermordet wurde!«
»Thomas, ich frage dich jetzt zum letzten Mal, warum. Trink noch einen Cognac, es ist doch sowieso dein Lieblingsgetränk. Morgens, mittags und vor allem abends. Ich weiß übrigens schon seit Sonntagabend, dass Andreas sich nicht selbst umgebracht hat. Frau Durant hat es mir gesagt, allerdings unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Und ich kann verdammt verschwiegen sein. Und beinahe wäre dein Plan tatsächlich aufgegangen, aber du hast etwas ganz Wesentliches nicht bedacht, und darauf wäre ich nie gekommen. Frau Durant hat es erkannt. Oder hast du etwa vergessen, dass Andreas Linkshänder war?«, fragte sie zynisch. »Allerdings würde es mich bei so wenig Kontakt, wie ihr hattet, nicht wundern.«
»Ich habe meinen Bruder nicht umgebracht, glaube mir. Das ist alles ein furchtbares Missverständnis. Ich hätte doch nie meinen eigenen Bruder umbringen lassen.«
Plötzlich merkte Thomas Wiesner, dass er einen fatalen Fehler gemacht hatte.
Ramona sah ihn spöttisch und kopfschüttelnd an. »Da siehst du, wie dumm du bist. Du hättest auf Sophia hören sollen, sie hat immer wieder gesagt, du sollst nicht so viel trinken. Das kommt davon. Irgendwann funktionieren die Gehirnzellen nicht mehr richtig. Ichhabe nie behauptet, dass du jemanden beauftragt hast, Andreas umzubringen. Hätte ich mir eigentlich auch denken können, denn im Grunde deiner verkommenen Seele bist du ein erbärmlicher Feigling. Du könntest die Pistole nicht mal gerade halten, es sei denn, du hast genug Promille im Blut. Aber damit wäre das schon mal geklärt. Komm, trink noch einen, du wirst dich gleich besser fühlen. Ich merke doch schon, wie du anfängst zu zittern. Los, trink!«, zischte sie.
»Du willst mich umbringen! Ja, du willst mich tatsächlich umbringen!«, stieß Wiesner hervor und schenkte sich das Glas drei viertel voll. Er kippte die braune Flüssigkeit in einem Zug hinunter und behielt das Glas in der Hand, als wollte er sich daran festhalten. »Das ist Vendetta, Blutrache! Gut, bring mich um, aber sie werden dich dafür in Stücke reißen … Nein, sie werden dich filetieren, und anschließend wirst du in der Hölle schmoren. Und deine Kinder werden Vollwaisen sein. Du hast keine Chance, ihnen zu entkommen. Los, schieß doch«, spie er ihr entgegen und lachte kurz darauf erneut wirr auf.
Ramona Wiesner erhob sich, stellte sich hinter den Sessel und stützte sich auf die Rückenlehne. »Du willst mir Angst machen? Das gelingt dir nicht. Eigentlich würde ich dich lieber der Polizei ausliefern. Aber vorher will ich haarklein von dir wissen, warum Andreas, diese Puschkin und Helena sterben mussten und warum du ihn an den Rand des Ruins getrieben hast. Und wer sind ›sie‹?«
Wiesner wollte sich wieder einschenken, doch Ramona hielt ihn zurück. »Stopp, du hast vorerst genug. Stell die Flasche hin.« Er folgte ihrem Befehl zögernd und wortlos. Sie machte eine Pause, bevor sie sagte: »Weißt du, wann ich das erste Mal misstrauisch wurde? Es war am Dienstag, als du plötzlich vor meiner Tür standst. Angeblich wolltest du dich nach meinem Befinden erkundigen, aber in Wirklichkeit hast du nach Unterlagen gesucht, die dich belasten könnten.
Du
hast sie nicht gefunden, dafür aber ich. Andreas hatte sie sehr gut versteckt. Ein interessanter Gedanke, das mit diesem Collier, aber du kennst mich eben viel zu wenig. Und du kannst dir,glaub ich,
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