Das Syndikat der Spinne
vor?«
»Nein. Ich werde früh Feierabend machen. Ich brauch mal wieder etwas Ruhe und vor allem Schlaf. Die letzten Tage sind einfach über meine Kräfte gegangen.«
»O Mann, das hätte ich ja beinahe vergessen, der Bericht der KTU ist gekommen. Am Auto von Schulze ist tatsächlich rumgeschraubt worden, und zwar an der rechten Radaufhängung und der Spurstange. Irrtum ausgeschlossen.«
»Ist das die Hölle, von der Laskin gesprochen hat?«, fragte Durant gedankenversunken.
»Julia, wir haben schon alles gesehen, was ein Mensch nur sehen kann. Wir haben es mit Serienmördern, durchgeknallten Psychopathen und was weiß ich mit was noch zu tun gehabt. Wir wissen, wie die Hölle aussieht. So, und jetzt geh ich rüber an meinen Schreibtisch und nachher zur Pressekonferenz. Du kommst doch auch, oder?«
»Ich muss ja wohl dabei sein.«
Julia Durant steckte sich eine Zigarette an, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Ihr ging das Gespräch mit Laskin nicht aus dem Kopf, ganz gleich, was Hellmer auch sagte. Um kurz vor vier machte sie sich auf den Weg zur Pressekonferenz. Es waren etwa dreißig Journalisten anwesend, drei Kamerateams von Privatsendern, sogar ein Team von
Spiegel TV
. Dominik Kuhn hatte sich in die erste Reihe gesetzt, einen kleinen Block auf den Schenkeln. Er warf Durant einen kurzen Blick zu.
Vor Schenk standen zahlreiche Mikrofone, die Journalisten saßen auf den Stühlen, Kameras liefen, immer wieder wurden Fotos geschossen. Blumenthal hatte neben Schenk Platz genommen, Durant saß ganz außen links. Schenk berichtete in der ihm typischen Art in knappen Worten über den Mord an der Familie Andrejew. Anschließend forderte er die Journalisten auf, Fragen zu stellen.
»Herr Schenk, wieso erfährt die Presse erst jetzt von diesem Massaker? Und warum auf einer Pressekonferenz?«, fragte ein junger Reporter von der
Frankfurter Rundschau.
»Weil zum einen die polizeilichen Ermittlungen noch laufen und zum andern der Hintergrund der Bluttat noch völlig im Dunkeln liegt.«
»Hat der Mord an den Andrejews etwas mit dem Selbstmord vonJuwelier Wiesner und dem Tod seiner Geliebten zu tun?«, wollte ein anderer wissen.
»Mir ist zwar nicht klar, wie Sie darauf kommen, aber es besteht absolut kein Zusammenhang zwischen diesen beiden Fällen«, entgegnete Schenk mit fester Stimme.
»Aber die Geliebte von Wiesner war doch auch eine Russin und außerdem eine Prostituierte.«
»In Frankfurt gibt es etliche hundert russische Prostituierte, das sollte Ihnen allen bekannt sein. Dr. Andrejew war jedoch ein äußerst angesehener Zahnarzt. Wenn Sie einen Zusammenhang erkennen können, dann lassen Sie uns das wissen, wir sind für jeden Hinweis dankbar.«
»Steckt die Mafia hinter dem Mord an Dr. Andrejew?«, fragte eine der dienstältesten Journalistinnen in Frankfurt, eine kleine, zierliche Frau, die die Siebzig weit überschritten hatte, aber dem Journalismus immer noch treu verbunden und längst eine Institution war, vor der sich alle verneigten.
»Es gibt vage Anzeichen, die darauf hindeuten. Ich bitte jedoch um Ihr Verständnis, wenn ich keine weiteren Angaben dazu mache, da die polizeilichen Ermittlungen noch laufen.«
»Wurde Dr. Andrejew von der Mafia erpresst?«
»Das können wir noch nicht sagen, da wir über Dr. Andrejews Privatleben bisher recht wenig wissen.«
»War er selbst ein Mitglied der Mafia?«
»Auch darauf deutet bis jetzt nichts hin.«
Die Pressekonferenz dauerte eine halbe Stunde. Schenk hatte viel gesprochen, aber letztendlich kaum etwas gesagt. Julia Durant hatte die Fragen der Reporter gehört, war aber mit ihren Gedanken weit weg gewesen. Sie beschäftigte noch immer das Treffen mit Laskin. Und sie hoffte, er würde sein Versprechen einhalten. Die Journalisten wollten bereits aufstehen und ihre Sachen einpacken, als Blumenthal gegen das Mikrofon klopfte und sagte: »Meine Damen und Herren von der Presse, wenn ich Sie bitten dürfte, noch einmal kurz Platz zu nehmen.«
Lautes Gemurmel entstand, Blitzlichter flammten erneut auf, doch schon Sekunden später herrschte Stille im Saal. Blumenthal sah in die Runde und hob für einen Moment die buschigen Augenbrauen.
»Als Generalstaatsanwalt möchte ich kurz ein paar Worte zur allgemeinen Verbrechenssituation und deren Bekämpfung sagen. Wie Herr Schenk bereits andeutete, ist es durchaus möglich, dass wir es bei dem Mord an der Familie Andrejew mit organisiertem Verbrechen zu tun haben. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde
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