Das Syndikat der Spinne
beantworten Sie meine Frage nicht mit einer Gegenfrage. Kennen Sie ihn, ja oder nein?«
»Erst möchte ich von Ihnen etwas wissen. Haben Sie sich an unsere Abmachung gehalten und keinem von unserem Gespräch heute Nachmittag erzählt?«
»Natürlich. Was glauben Sie, weshalb ich mit Ihnen allein sprechen möchte? Was ist nun, kennen Sie diesen Mann?«
»Ja, ich kenne ihn.«
»Und woher?«
»Bei ihm habe ich Frau Maric gesehen.«
»Bei ihm oder mit ihm?«
»Interessante Frage. Er war es, der sich zu ihr an die Bar gesetzt hat. Auf jeden Fall hat er sich eine ganze Weile recht angeregt mit Frau Maric unterhalten, bis noch jemand anders zu ihnen gestoßen ist.«
»Wann war das? Vor einem Jahr oder länger?«
»Das habe ich Ihnen doch schon gesagt, ich weiß nicht mehr genau, wann das war. Ich schätze so vor anderthalb Jahren vielleicht.«
»Und warum waren Sie dort?«
Laskin lächelte wieder unergründlich, bevor er antwortete: »Ich war eingeladen und war mit Irina und einem Bekannten dort.«
»Und wer hat Sie eingeladen? Auch ein Unbekannter?«, fragte Durant ironisch.
Laskin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein, es war kein Unbekannter. Er ist sogar sehr bekannt.«
»Wie bekannt?«
»Er ist ein Politiker, dessen Namen ich jetzt noch nicht nennen kann. Sie würden sowieso nicht an ihn herankommen. Aber der Gastgeber war der Mann auf dem Foto. In seinem Haus hat derEmpfang stattgefunden. Ich habe Ihnen gesagt, ich werde Ihnen alle nötigen Informationen zukommen lassen, auch Namen. Aber dafür brauche ich noch ein bisschen Zeit.«
»Und was heißt das, ein bisschen?«
»Höchstens ein paar Tage.«
»Herr Laskin, bitte, so kommen wir doch nicht weiter. Wenn Sie jetzt nicht reden, werde ich Sie mit aufs Präsidium nehmen und dort verhören. Und dann wollen wir mal sehen, ob Sie mir nicht doch etwas mehr zu sagen haben als nur, dass Sie noch ein bisschen Zeit brauchen.«
»Glauben Sie im Ernst, Sie erfahren auf dem Präsidium mehr von mir als hier?« Er lächelte. »Ich bin ein unbescholtener Bürger, habe, wie Sie vermutlich schon wissen, seit einem Jahr einen deutschen Pass und leite ein Softwareunternehmen.«
Julia Durant fuhr sich mit einer Hand über die Stirn und sagte mit eindringlicher Stimme: »Herr Laskin, wenn Sie mir doch nur ein klein wenig entgegenkommen würden.«
»Was dann? Dann hätten Sie ein paar Puzzleteile, mit denen Sie überhaupt nichts anfangen könnten. Aber Sie wollen doch ein komplettes Bild haben, wenn ich das richtig sehe …«
»Das ist richtig«, wurde er von Durant unterbrochen, »aber vielleicht kommen wir schneller voran, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stelle, auf die Sie nur mit Ja oder Nein antworten. Wäre das in Ihrem Sinn?«
»Versuchen Sie’s.«
»Die Morde an Wiesner, Ihrer Freundin und an Frau Maric und den Andrejews, haben diese Morde etwas mit dem organisierten Verbrechen zu tun?«
»Ja.«
»Wurden diese Morde von einem Auftragskiller verübt?«
»Ja.«
»Kennen Sie selbst einen Auftragskiller?«
»Nein, zumindest nicht bewusst. Aber die wirklich guten Auftragskiller sind allesamt Wölfe im Schafspelz. Man erkennt sienicht. Es kann jemand sein, der in Jeans und Lederjacke rumläuft oder im Nadelstreifenanzug und weißem Hemd und Krawatte. Ein Versicherungsvertreter, ein ganz normaler Angestellter oder sogar eine unscheinbare Frau. Es kann unter Umständen sogar der beste Freund sein.« Nach dem letzten Satz hielt er inne, überlegte, zog die Stirn in Falten und schüttelte kaum merklich den Kopf. Er wirkte auf einmal sehr nachdenklich, fing sich aber gleich wieder und sah die Kommissarin erneut an. Julia Durant war die kurze Veränderung nicht entgangen, ließ es sich aber nicht anmerken.
»Sie kennen wirklich keinen?«
»Nein.«
»Aber Sie kennen Mitglieder organisierter Banden?«
Laskin lachte leise auf. »Ich weiß zwar nicht, was Sie unter organisierten Banden verstehen, aber ich kenne Menschen, die geradezu teuflisch sind. Sie klopfen Ihnen mit der rechten Hand auf die Schulter, lächeln Sie an und stoßen, ohne dass Sie es merken, Ihnen mit der linken ein Messer in den Bauch. Und es sind Menschen, denen Sie so etwas nie zutrauen würden. Und um noch einmal auf die Banden zurückzukommen. Die Banden, die Sie vielleicht vor Augen haben, stehen ganz unten in der Hierarchie. Sie müssen sich das wie eine Pyramide vorstellen. Wenn von organisiertem Verbrechen gesprochen wird, dann heißt es immer nur die
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