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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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sie und ließ ihre Tasche auf den Stuhl fallen. Dominik Kuhn saß vor dem Notebook und machte sich Notizen. Sie blickte sich um, und trotz aller Erschöpfung huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie ging zu Kuhn und umarmte ihn von hinten.
    »Danke«, sagte sie. »Du bist ein echter Schatz.«
    »Wofür?«, fragte er, als wüsste er nicht, was sie meinte.
    »Frag doch nicht so. War ’ne Menge Arbeit, was?«
    »Das bisschen Haushalt«, erwiderte er grinsend.
    »Das blitzt und glänzt vielleicht. Bist du gar nicht müde?« Sie legte ihren Kopf an seine Schulter.
    »Nee, wenn ich lese, was Peter so alles aufgeschrieben hat, dann kann ich gar nicht müde werden. Es ist der absolute Hammer. Ich kann mir vorstellen, dass einigen Leuten die Sohlen unter den Füßen gebrannt haben oder immer noch brennen. Willst du mal lesen?«
    »Tut mir Leid, aber heute nicht mehr«, antwortete sie und gähnte herzhaft. »Dazu bin ich viel zu müde. Verschieben wir’s auf morgen.«
    »Na gut. Und ich werde dich jetzt auch nicht fragen, was bei Wiesner war. Du siehst echt kaputt aus.«
    »Komm, wir rauchen noch eine, bevor ich ins Bett gehe«, sagte sie und holte die Zigaretten aus ihrer Tasche. Nein, dachte sie, ich bade heute nicht mehr, duschen reicht. Und eine Kleinigkeit essen.»Und dann will ich mindestens zehn Stunden schlafen. Hast du eigentlich was Neues von Peter gehört? Wie’s ihm geht?«
    »Er wird durchkommen. Claudia ist fast die ganze Zeit über bei ihm.«
    »Wenigstens eine gute Nachricht.« Sie nahm einen langen Zug an der Zigarette.
    »Und was liegt morgen bei dir an?«, wollte Kuhn wissen.
    »Ich muss kurz ins Präsidium und anschließend noch mal zu Ramona Wiesner. Aber das wird nicht lange dauern.«
    Sie rauchten zu Ende, Julia Durant stand auf, machte sich eine Scheibe Brot, aß sie im Stehen, trank eine Dose Bier dazu und ging danach ins Bad. Sie stellte sich fünf Minuten unter die Dusche, trocknete sich ab, putzte die Zähne, zog sich frische Unterwäsche an und legte sich ins Bett. Als Kuhn aus dem Bad kam, schlief sie schon.

Samstag, 0.10 Uhr
    Ramona Wiesner hatte lange am Klavier gesessen und gespielt. Es war fast zweiundzwanzig Uhr, als ihre Schwägerin anrief und ihr mitteilte, dass Thomas erschossen worden sei. Ramona Wiesner hatte ihr Beileid ausgedrückt, zu mehr war sie nicht fähig gewesen. Sie sagte, dieser Tag sei über ihre Kräfte gegangen und jetzt auch noch zu hören, dass Thomas tot sei, das sei zu viel für sie. Sie melde sich morgen bei ihr. Nach dem kurzen Telefonat hatte sie sich ein Bad einlaufen lassen und fast eine Stunde im Wasser gelegen und nachgedacht. Über ihren Mann und ihren Schwager. Sie war über sich selbst verwundert. Auch mehrere Stunden nach der Tat fühlte sie weder Reue noch Schuld, im Gegenteil, nur Erleichterung. Sie hätte den Gedanken nicht ertragen, dass der Mann, der Andreas auf dem Gewissen hatte, möglicherweise für den Rest seines Lebens auf freiem Fuß geblieben wäre, weil es keinen gegeben hätte, der ihm etwas hätte nachweisenkönnen. Und aus diesem Grund hatte sie kein schlechtes Gewissen. Sie trocknete sich ab, machte sich zwei Scheiben Brot mit Wurst und Käse und trank dazu Orangensaft. Dann schaltete sie den Fernseher ein, sah sich eine Talkshow an und dachte dabei fortwährend an den Koffer, der oben im Arbeitszimmer stand und den sie seit ihrer Rückkehr nach Hause nicht angerührt hatte. Sie wusste nicht, was sich in dem Koffer befand, sie wusste nur, dass sie noch in der Nacht nachschauen würde.
    Um Mitternacht, nach der Talkshow, ging sie in den ersten Stock und betrat das Arbeitszimmer. Der Aktenkoffer stand neben dem Schreibtisch, an fast der gleichen Stelle, an der auch Andreas seinen Koffer immer abstellte. Einen Moment lang blieb sie davor stehen. Sie hatte ein wenig Angst, ihn aufzumachen, warum, vermochte sie nicht zu sagen. Schließlich überwand sie sich, kniete sich hin und ließ die beiden Schlösser aufschnappen. Im Koffer waren zwei Kugelschreiber und ein Füller von Waterman, ein Taschenrechner, ein Terminplaner mit Adress- und Telefonverzeichnis, ein Notizblock und mehrere Klarsichthefter in unterschiedlichen Farben. Als sie in eine der Innentasche schaute, zuckte sie zusammen. Sie holte die Pistole heraus und hielt sie eine Weile in der Hand. Sie war klein und leicht, der Lauf silbrig, sie hatte einen Perlmuttgriff und eine Trommel, in der sich fünf Patronen befanden. Sie legte den Revolver auf den Boden, nahm den obersten

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