Das Syndikat der Spinne
sehr verzwickt. Am besten spreche ich gleich mit Frau Wiesner. Mal sehen, was ich für sie tun kann.«
Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, sagte sie zu Hellmer: »Ich muss jetzt was essen, auch wenn mir der Appetit total vergangen ist. Kommst du mit?«
»Klar doch. Und was machen wir danach?«
»Noch mal mit Wolfgang sprechen und dann zur andern Wiesner fahren. Hast du eigentlich mitgekriegt, was da abgelaufen ist? Warum hat man uns nicht benachrichtigt? Wir wären zuständig gewesen und nicht der KDD. Hat Berger inzwischen rausbekommen, wer vom KDD die Wiesner verhaftet hat?«
»Keine Ahnung, wir können ihn ja mal fragen. Berger und ich haben uns um diesen Pierre Doux gekümmert. Fehlanzeige. Weder beim BKA noch bei Interpol ist dieser Name bekannt. Das Gleiche bei Laskin. Ich hab jedoch von hier aus ein bisschen mitgehört, was ihr drüben besprochen habt. Sauerei, sag ich da nur. Aber jetzt los, mir hängt der Magen auch schon in den Kniekehlen.«
Sie gingen zum Italiener, der nur zwei Minuten vom Präsidium entfernt war, aßen jeder einen Teller Spaghetti Bolognese und tranken dazu Bier. Sie blieben eine halbe Stunde, sprachen über den Fall und begaben sich zurück ins Büro. Schmitz unterhieltsich noch immer mit Ramona Wiesner. Durant wollte warten, bis er fertig war. Hellmer hatte ihr gegenüber Platz genommen. Sie griff zum Telefonhörer und tippte die Nummer von Natascha ein.
»Hier Durant. Ist Herr Laskin zufällig bei Ihnen?«, fragte sie, nachdem Natascha sich gemeldet hatte.
»Einen Moment, ich rufe ihn. Daniel, für dich. Frau Durant.«
»Frau Durant, welche Überraschung.«
»Herr Laskin, ich würde gerne so in etwa einer Stunde kurz bei Ihnen vorbeischauen. Ich habe nur eine Frage, die ich Ihnen aber nicht am Telefon stellen möchte.«
»Ich werde hier warten.«
Julia Durant legte auf, zündete sich eine Zigarette an, stand auf und lief unruhig im Büro hin und her. Ihre Gedanken kreisten in einem fort um Küchler, aber auch um die Aussage von Ramona Wiesner. Was hatte es mit dem Wagen auf sich, den sie vor dem Schlafengehen vor ihrem Haus gesehen hatte? Waren es die Beamten, von denen sie später festgenommen wurde? Und wo waren die Akten und der Terminplaner von Thomas Wiesner abgeblieben? Wie konnten die Beamten so schnell nach dem Anruf in der Einsatzzentrale in Glashütten sein? Und warum wurde sie erst heute Morgen von Berger über die Verhaftung informiert? Fragen über Fragen, auf die sie keine Antworten hatte. Noch nicht. Aber sie hatte einen Namen – Pierre Doux.
Hellmer, der sie die ganze Zeit über schweigend beobachtet hatte, sagte: »Was geht in deinem Kopf vor?«
Sie winkte ab. »Viel zu viel. Ist Peter schon da?«
»Ich glaube, er ist in seinem Büro. Soll ich ihn holen?«
»Das wäre nett.«
Hellmer kehrte nach wenigen Augenblicken mit Kullmer zurück, der wie immer auf einem Kaugummi herumkaute. Der Duft seines Eau de Toilette verbreitete sich sofort im Raum, was Durant diesmal allerdings nicht weiter störte, da es sich merklich abgekühlt hatte. Julia Durant stand an den Aktenschrank gelehnt, die Finger in die Jeanstaschen gesteckt.
»Was gibt’s?«, fragte Kullmer.
»Mach mal die Tür zu«, sagte die Kommissarin. Sie presste die Lippen aufeinander und fuhr fort, nachdem Kullmer die Tür geschlossen hatte: »Hört zu, ich brauche jetzt eure Hilfe. Ich weiß, das klingt vielleicht absurd, aber ich möchte, dass wir mal die Vita von Küchler durchforsten. Die ganze Aktion letzte Nacht war ein abgekartetes Spiel. Fakt ist, dass die Wiesner gestanden hat, ihren Schwager umgelegt zu haben. Fakt ist jedoch auch, dass ihre Verhaftung nicht von ungefähr kam. Ob Küchler dahinter steckt, kann ich nicht sagen, aber ich bin sicher, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Ich möchte, dass ihr beide zum KDD geht. Ich muss wissen, wo die fehlenden Unterlagen abgeblieben sind.«
»Moment«, sagte Kullmer, »ich meine, ich kann verstehen, dass du sauer bist. Ich kann auch verstehen, dass du jetzt eine gehörige Wut auf alle möglichen Leute hast, Küchler eingeschlossen, doch ihn gleich zu verdächtigen …«
»Ich verdächtige ihn nicht, zumindest noch nicht. Aber du kannst nicht bestreiten, dass wir bloß ein paar Figuren in einem Spiel sind, das wir im Augenblick nur verlieren können. Man benutzt uns, das wird mir immer klarer, doch ich komm noch nicht drauf, wofür wir benutzt werden. In einem ganz normalen Mordfall oder einer Serie wären bei einer
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