Das Syndikat der Spinne
… Ach, lassen wir das. Diese Leute jedenfalls, von denen ich spreche, besuchen die Synagoge, geben vor, an Gott zu glauben, aber sobald sie die Synagoge verlassen haben, kehren sie wieder in ihr normales Leben zurück. Sie morden und führen Kriege, die Russen bombardieren mit ihrer lächerlichen, maroden Armee tschetschenische Städte, und die, die am meisten darunter zu leiden haben, sind die Kinder, die Alten, die Frauen. Und von der Zivilbevölkerung weiß keiner wirklich, weshalb dieser Krieg überhaupt geführt wird. Die Russen sagen, es sei wegen der tschetschenischen Rebellen, die die Unabhängigkeit wollen, doch der wahre Grund ist, weil die Tschetschenenmafia den größten Teil Moskaus kontrolliert. Der Krieg zwischen Israel und den Palästinensern ist in etwa vergleichbar damit, auch wenn die Wurzeln dieses Konflikts viel weiter zurückliegen. Würden die Palästinenser von uns das erhalten, worauf sie Anspruch haben, würde es diesen Krieg nicht geben. Ich habe längst keinen Hass mehr auf die Palästinenser. Sie leiden und kämpfen und wissen sich oftmals nicht anders zu helfen, als durch furchtbare Attentate auf sich aufmerksam zu machen. Die Frage ist, wer schürt diesen Konflikt? Sind es die palästinensischen Terrorgruppen Hamaz oder wie immer sie heißen? Nein«, sagte er kopfschüttelnd, »es sind Länder wie Deutschland, Frankreich, vor allem aber die USA, die bewusst dieses Feuer am Brennen halten.
Was wäre, wenn mit einem Mal Frieden im Nahen Osten herrschenwürde? Nehmen wir an, Israel gäbe den Palästinensern das, was sie beanspruchen, dann bestünde kein Grund mehr für einen Krieg. Die andern arabischen Staaten würden Israel mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr feindlich gesinnt sein, alles wäre in Butter, wie es so schön heißt. Die USA und ihre Verbündeten aber wollen genau das verhindern, sie wollen keinen Frieden im Nahen Osten. Es bleibt alles beim Alten, hier die Guten, dort die Bösen. Und die Bösen werden der Welt tagtäglich vor Augen geführt – Libyen, Irak, Syrien, Iran, die so genannten Schurkenstaaten.
Damals, als Begin und Sadat sich die Hand gereicht haben, da wäre ein Frieden möglich gewesen. Aber ein langer Krieg bedeutet auch einen langen Friedensprozess. Doch Sadat hat danach nur noch kurze Zeit gelebt. Und der, der nach ihm gekommen ist, ist ein Niemand auf der politischen Bühne. Ein Frieden im Nahen Osten hätte fatale Konsequenzen für die westlichen Länder, aber warum, kann ich Ihnen nicht einmal genau sagen. Der einzige Grund, der mir einfällt, ist, dass es sich auch hier ausschließlich um wirtschaftliche Interessen handelt. Solange der Westen die Unruhe im Nahen Osten aufrechterhält, so lange hat er auch die Kontrolle. Die heutzutage geführten Kriege sind nur noch in den seltensten Fällen ethnischer Natur. Es geht bloß noch um Geld.
Glauben Sie mir, Frau Durant, ich habe einen Blick in die Hölle werfen dürfen, und ich habe Menschen gesehen, die es nicht wert sind, Menschen genannt zu werden. Ich glaube, selbst der Begriff Bestien ist noch zu harmlos. Ich weiß von so genannten honorigen und äußerst angesehenen Bürgern, die eine Familie haben, die im Mittelpunkt des öffentlichen und politischen Lebens stehen, die so verkommen sind, dass ich nur noch Abscheu für sie empfinde. Diese Welt ist eine kaputte, degenerierte Welt.«
»Und warum haben Sie trotzdem mitgemacht?«, fragte Durant ruhig.
»Weil ich Angst hatte und weil es sehr lange gedauert hat, bis ich allmählich hinter all das gestiegen bin. Ich habe Angst, nicht nur um mich, sondern auch um die Menschen, die mir etwas bedeuten. Undwahrscheinlich glauben Sie es mir nicht, aber das, was ich in den letzten Jahren getan habe, habe ich nicht getan, weil ich es so wollte. Irgendwie erscheint es mir immer noch wie ein Albtraum, aber wenn ich zurückblicke, dann sehe ich einfach, dass ich keine andere Wahl hatte. Erst war es der Mossad, der mich haben wollte und mir eine exzellente Ausbildung gab, um die mich viele beneiden würden. Dann kam die Firma, die mir immer verantwortungsvollere Aufgaben zugeteilt hat. Ich fühlte mich fast wie ein König mit all den Befugnissen, mit denen ich ausgestattet war. Und als ich erkannte, wofür man mich wirklich benutzte, war es längst zu spät. Wäre ich ausgestiegen, hätten sie mich umgebracht. Jeder ist ersetzbar, ganz gleich, welchen Posten er einnimmt. Und wenn ich jeder sage, dann meine ich es auch so. Ich habe nie einen Menschen umgebracht,
Weitere Kostenlose Bücher