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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ich habe niemals einen Menschen geschlagen oder missbraucht, ich wurde damals eingestellt, weil man mir sagte, ich sei ein mathematisches und organisatorisches Genie, und jemanden wie mich brauche die Firma dringend. Ich wusste wirklich eine ganze Weile nicht, wofür sie meine Fähigkeiten benötigten. Und als ich die Wahrheit erfuhr, glauben Sie mir, da ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Und es gab niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen können. Ich war ja in Anführungsstrichen nur für die Logistik zuständig.« Er holte tief Luft, sah die Kommissarin traurig an und fragte mit bitterer Stimme: »Sagen Sie mir, was hätte mein Ausstieg geändert? Wäre irgendetwas besser geworden? Hätten dann Eltern aufgehört, ihre Kinder zu verkaufen, damit sie ein hungriges Maul weniger zu stopfen haben? Sie haben gestern die Kinder gesehen. Sagen Sie mir, was Sie empfunden haben? Wie haben die Kinder ausgeschaut? Ich habe es noch nie mit eigenen Augen sehen müssen. Sagen Sie es mir, bitte.«
    »Es war eines der schrecklichsten Erlebnisse, das ich je hatte. Neun Kinder waren tot, einige liegen noch im Krankenhaus, die andern sind vorläufig in Heimen untergebracht …«
    »Aber Sie wissen, wofür die Kinder benutzt werden sollten, oder?«
    Julia Durant nickte, schwieg aber.
    »Und das, was Sie letzte Nacht erlebt haben, ist nur ein Bruchteil dessen, was sich tagtäglich abspielt. Tag für Tag werden Kinder und Frauen verkauft oder verschleppt, missbraucht, zur Prostitution gezwungen und misshandelt. Kinder werden von ihren Eltern verkauft, weil man ihnen sagt, sie würden in Deutschland oder Frankreich oder irgendeinem anderen Land in eine gute Familie kommen, eine gute Schule besuchen, und man verspricht ihnen auch, dass sie eines Tages ihre Kinder wiedersehen würden. Kinderprostitution, Kinderpornographie sind schrecklich, aber viele dieser Kinder überleben schon die ersten Tage nicht«, sagte er mit noch ernsterer Miene als zuvor. »Man braucht sie nämlich für noch etwas ganz anderes.« Er sah kurz die Kommissarin und dann Natascha an und schüttelte den Kopf.
    »Wofür braucht man sie?«, fragte Julia Durant, als sie merkte, dass Laskin Mühe hatte, weiterzusprechen. Auch Natascha blickte ihn erwartungsvoll an. Sie schien selbst noch nicht zu wissen, was gleich folgen sollte.
    Er schluckte schwer, schenkte sich noch ein Glas Bier ein und trank. »Können Sie sich das nicht denken?«
    »Nein.«
    »Als ich zum ersten Mal davon hörte, habe ich es nicht glauben wollen. Ich dachte, das kann nicht sein, aber es ist so. Diese Kinder … Man braucht ihre Organe. Für eine gesunde Leber oder eine Niere werden zum Teil sechsstellige Summen bezahlt von Leuten, die sich die Leber kaputtgesoffen haben und jetzt dringend ein Spenderorgan benötigen, aber auf normalem Weg keines bekommen, weil ein Alkoholiker nur sehr, sehr selten auf die Empfängerliste gesetzt wird. Das wissen die wenigsten Menschen. Und da diese Kinder offiziell nicht registriert sind, werden sie auch nicht vermisst. Nachdem man sie ausgeschlachtet hat, werden sie entsorgt. Ich habe aber auch schon von Männern und Frauen gehört, denen das gleiche Schicksal widerfahren ist. Man lockt sie in den Westen und damit in den Tod. Und es gibt nicht unbedeutende Kliniken,die dieses Geschäft mitmachen und eine Menge daran verdienen.
    Und im Prinzip kümmert auch das kaum jemanden. Man liest ab und zu in der Zeitung davon, dass ein Kinderhändlerring aufgeflogen ist, oder sieht es in den Nachrichten, man sieht und hört von Kinderpornos und sagt, oh, wie schrecklich, macht die Zeitung zu oder schaltet den Fernseher ab, trinkt seinen Kaffee aus und hat schon wieder vergessen, was man eben gesehen oder gelesen hat. Man denkt: Mensch, ich muss ja unbedingt noch meine Kleider in die Reinigung bringen. Oder: Ich bin spät dran, ich wollte ja schon um zehn mit meinem Einkaufsbummel beginnen.
    So ist es nun mal, wir hören, sehen, lesen und vergessen gleich wieder.« Laskin schüttelte erneut den Kopf, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und fuhr fort: »Weder ich noch Sie können etwas ändern. Die Würfel sind längst gefallen, die Karten längst verteilt, und es gibt nur ein paar wenige, die die Asse in der Hand halten, der große Rest aber hat nur wertlose Karten. Deswegen habe ich Ihnen gesagt, vergessen Sie alles, was Sie bisher über die Welt zu wissen glaubten. Die Welt ist ganz anders.«
    Er stoppte an diesem Punkt und sah erst die Kommissarin,

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