Das Syndikat der Spinne
wie ein Stück Fleisch, das zu lange in der Sonne liegt.«
»Rachmiel, was ist nur aus dir geworden«, entgegnete Laskin kopfschüttelnd. »Ich weiß selbst, was ich falsch gemacht habe, aber der Mossad …«
Jakobi lachte hämisch auf, hustete und hielt sich die verwundete Schulter. »Der Mossad! O Scheiße! Du bist auch bei ihnen gewesen? Das wusste ich nicht, ich schwöre es. Als sie mich nicht mehr brauchten, haben sie mich einfach verkauft. Und was ich dann gemacht habe, weißt du. Komm, Daniel, sei nicht mein Feind, ich bitte dich.«
»Ich bin nicht dein Feind, ich empfinde nicht einmal Hass. Sag mir, warum du heute Abend zu mir gekommen bist, um mich zu töten. Wer ist dein Auftraggeber? Küchler?«
»Das weißt du doch genau.« Und nach einer Pause: »Nun, ich habe mich wohl zu sicher gefühlt. Aber so ist das nun mal, irgendwann macht jeder einen Fehler. Die Frage ist nur: Wer führt jetzt meine Restaurants weiter?«
»Deine Restaurants?«
»Das hättest du wohl nicht von mir gedacht, oder? Ich habe zwei sehr edle Restaurants in Nizza und Monaco. Dort kommt nicht jeder rein. Willst du sie haben? Ich schenke sie dir, sozusagen als kleine Wiedergutmachung für das, was ich dir angetan habe. Was hältst du davon?«
»Nein. Erstens bin ich nicht der Typ für so was, und zweitens, und das weißt du ganz genau, würde man schon bald einen anderen Killer auf mich und Natascha ansetzen.«
»Du hast Recht, das habe ich nicht bedacht. Du musst sehr vorsichtig sein, denn sie werden dich jagen. Und vergiss, was ich eben über dich gesagt habe, du bist nicht verfault. Du warst eigentlich der einzige richtige Freund, den ich je hatte. Kannst du dich noch erinnern, was wir alles gemacht haben? Wir waren die verrücktesten Kerle, die man sich nur vorstellen kann. Und dann ist auf einmal alles ganz anders gekommen. Warum ist das so?«
»Ich weiß es nicht, Rachmiel. Ich weiß nur, dass das, was wir getan haben, nicht recht war.«
»Nein, das war es nicht. Aber bei diesem verdammten Krieg zwischen uns und den Palästinensern wurde meine ganze Familie ausgelöscht, sie wurden durch eine Autobombe zerfetzt, und irgendwas ist da in mir zerbrochen.«
»Was? Das wusste ich nicht.«
»Wie auch! Das war vor zwölf Jahren, da hatten wir uns längst aus den Augen verloren. Vielleicht hätte ich es dir erzählen sollen, als wir uns vor ein paar Jahren wiedergetroffen haben. Aber ich konnte nicht, weil ich da schon … Ach, was soll’s auch. Tja, und die einzige Frau, die ich je geliebt habe, war Irina, aber sie wollte mich nicht haben, sie hatte immer nur Augen für dich. Ich habe euch beide gehasst dafür, dass ihr zusammen wart. Seitdem bin ich ruhelos durch die Welt gestreift. Wie ein einsamer Wolf, den es nirgendwo lange hält. Es war kein Leben, das ich geführt habe, es war …« Er stöhnte erneut auf, schloss die Augen und fuhr fort: »Hör zu, Daniel. Hör gut zu. Ich soll mich mit Küchler in Verbindung setzen, und zwar übers Handy. Ich soll ihm eine SMS schicken. Die Meldung lautet ›Der Flieger ist gelandet‹. Er erwartet die Meldung in diesen Minuten. Hast du das? Das Telefon ist in meiner linken Jackentasche, ich hoffe, es ist noch ganz. Hol es raus, ich kann nicht, und schick ihm die Meldung. Seine Nummer steht im Adressbuch unter Oberst.«
»Und das ist auch kein Trick«, fragte Laskin vorsichtshalber nach.
»Nein, mit den Tricks ist es vorbei.«
»Okay.« Laskin holte das Handy aus der Innentasche der Jacke. Es war eingeschaltet, er drückte ein paar Tasten, schickte die SMS ab, nickte und sah die Kommissarin und dann Jakobi an. »Noch etwas. Mailt er zurück?«
»Nein, damit ist der Auftrag erledigt. Ich habe übrigens ein Zimmer im Steigenberger-Hotel unter dem Namen George W. Baker. Dort ist mein Notebook. Hol es dir, es sind ein paar sehr interessante Informationen drauf.« Jakobi setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf, sah die Kommissarin und anschließend Laskin an, streichelte ihm mit der blutverschmierten Hand kurz übers Gesicht, lächelteund sagte: »Wir machen alle Fehler, und wir müssen dafür geradestehen. Ach Daniel, alter Freund. Verzeih mir.«
Es geschah so rasch, dass Durant nicht einmal die Gelegenheit hatte, etwas zu unternehmen, obgleich sie die Waffe noch in der Hand hielt. Jakobi holte blitzschnell mit der linken Hand eine kaum handtellergroße, silbrig glänzende Pistole heraus, hielt sie sich in den Mund und drückte ab. Die Kugel drang am Hinterkopf aus und blieb in
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