Das Syndikat der Spinne
Aussage, und zwar schriftlich.« Sie drückte die Zigarette aus, zündete sich gleich eine neue an und sah hinunter auf die Mainzer Landstraße. In ihr war nur noch Leere.
»Ich fahr heim und schalte ab. Und ich will nichts von euch hören, ich will nicht hören, ich hätte besser auf ihn aufpassen sollen. Ihr hättet auch mal an so was denken können. Und zu der Hausdurchsuchung komm ich nicht mit, ich hab nämlich die Schnauze voll.«
Sie nahm ihre Tasche und verließ grußlos das Büro. An dem Supermarkt unweit ihrer Wohnung hielt sie an, kaufte ein paar Lebensmittel und je fünf Dosen und fünf Flaschen Bier und Zigaretten. Sie stellte die beiden Tüten auf den Küchentisch und riss die Fenster auf, um die frische Luft hereinzulassen. Da fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, nach Post zu sehen, und ging wieder nach unten. Im Briefkasten steckte das neue GEO, ein Brief von ihrer Freundin Susanne Tomlin und ein unfrankierter dicker DIN-A4-Umschlag, auf dem lediglich ihr Name stand. Oben nahm sie sich eine Dose Bier und machte den großen Umschlag auf. Sie holte den Inhalt heraus, das Deckblatt war ein handgeschriebener Brief von Daniel Laskin.
»Liebe Frau Durant,
Sie werden sich wundern, weshalb ich Ihnen diesen Brief schreibe, aber ich sehe keine andere Möglichkeit,mich mit Ihnen ein letztes Mal in Verbindung zu setzen. In der Anlage finden Sie Unterlagen, die für Sie von großem Wert sein dürften. Ich habe sie noch in der Nacht ausgedruckt. Würde ich in Frankfurt bleiben und als Kronzeuge aussagen, wäre ich mit Sicherheit innerhalb kürzester Zeit ein toter Mann. Und Natascha würden sie auch umbringen. Ich habe jedoch versprochen, Ihnen zu helfen, auch wenn ich weiß, dass die Organisation bzw. die Organisationen inzwischen viel zu mächtig sind, um sie wirklich erfolgreich bekämpfen zu können. Dennoch wünsche ich Ihnen viel Glück weiterhin und hoffe, Sie sind mir nicht böse, dass ich mich so klammheimlich mit Natascha aus dem Staub gemacht habe. Ich weiß, man wird mich jagen, aber zum Glück gibt es ein paar Möglichkeiten, auch ihnen zu entkommen.
Küchler und Thomas Wiesner standen übrigens in der Hierarchie in der Mitte – Sie erinnern sich an die Zeichnung, die ich für Sie angefertigt habe. Ich gehe davon aus, dass schon in den nächsten Tagen die Posten neu besetzt werden, und ich vermute, dass Sophia Wiesner eine wesentliche Rolle dabei spielen wird, denn sie wusste zu jeder Zeit, was ihr Mann gemacht hat. Allerdings wird es sehr schwer werden, ihr etwas nachzuweisen. Außerdem rate ich Ihnen dringend, sehr gut auf sich aufzupassen, denn die Organisation lässt nicht mit sich spaßen.
Ich danke Ihnen jedenfalls für alles, was Sie für Natascha und mich getan haben, und wünsche Ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute. Ich soll Sie auch von Natascha recht herzlich grüßen. Sie hat gesagt, sie wünsche sich eine Freundin wie Sie. Richten Sie auch Ihren Kollegen meine Grüße aus, vor allem Generalstaatsanwalt Blumenthal, von dem ich zwarnicht weiß, aber annehme, dass er eine saubere Weste hat.
Vielleicht melde ich mich irgendwann in der nächsten Zeit einmal kurz bei Ihnen, um zu hören, wie der Prozess und alles andere gelaufen ist.
Nochmals danke für alles. Ohne Sie und Ihre Kollegen wären wir nicht mehr am Leben. Und seien Sie nicht allzu enttäuscht, dass Sie von einem Mann, dem Sie eigentlich vertraut haben, so hintergangen wurden, ich meine damit Küchler. Ich selbst habe ähnliche Erfahrungen zur Genüge gemacht. Und seien Sie auch in Zukunft sehr vorsichtig, wem Sie Ihr Vertrauen schenken. Ich meine es nur gut mit Ihnen.
Alles, alles Gute wünschen Ihnen
Daniel und Natascha
PS: Ich hoffe, dieses Schreiben genügt vor Gericht. Dennoch möchte ich kurz sagen, dass alles, was ich Ihnen an Unterlagen habe zukommen lassen, echt ist und der Wahrheit, nichts als der reinen Wahrheit entspricht. Ich schwöre es bei Gott.«
Julia Durant legte den Brief beiseite und nahm die Papiere in die Hand, die Laskin für sie ausgedruckt hatte. Sie überflog alles, es waren viele Namen aufgeführt, die ihr ein Begriff waren, unter anderem Salvatore Muti und seine Tochter Sophia. Sie beschloss, sich nicht länger damit zu beschäftigen, griff zum Telefon und tippte die Nummer von Hellmers Handy ein.
»Frank, Laskin ist tatsächlich verschwunden. Aber er hat mir einen dicken Umschlag in den Briefkasten gesteckt, in dem er eine Menge Informationen für uns hat. Inwieweit wir die
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