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Das Syndikat der Spinne

Das Syndikat der Spinne

Titel: Das Syndikat der Spinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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hing eine Funkuhr. Obgleich das Büro aufgeräumt war, wirkte es eng und auf eine seltsame Weise bedrückend.
    »Was kann ich für Sie tun?« Helena Maric holte eine Zigarette aus der Schachtel auf dem Tisch und zündete sie mit einem goldenen Feuerzeug an.
    »Es geht um Herrn Wiesner, Andreas Wiesner. Sie haben doch sicher davon gehört, oder?«
    Sie neigte erneut den Kopf zur Seite und sah die Kommissarin fragend an. »Was soll ich gehört haben?«
    »Lesen Sie keine Zeitung?«
    »Tut mir Leid, aber ich hatte heute Morgen um neun einen wichtigen Termin in Mannheim und bin erst seit ein paar Minuten wieder hier. Was ist mit Herrn Wiesner?«
    »Herr Wiesner ist tot«, antwortete die Kommissarin und beobachtete dabei genau die Reaktion der ihr gegenübersitzenden Frau, die sie auf Mitte bis Ende dreißig schätzte. Helena Maric kniff die Augen zusammen und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Was sagen Sie da, Andreas ist tot?«, fragte sie fassungslos und mit bleichem Gesicht. »Was ist passiert?«
    »Er hat erst eine junge Frau und dann sich selbst getötet.« Julia Durant beabsichtigte vorerst nicht, Helena Maric zu sagen, was sich wirklich abgespielt hatte.
    Mit fahrigen Bewegungen führte sie die Zigarette zum Mund und nahm einen langen Zug. »Nein, das kann nicht sein. Andreas würde niemals jemanden umbringen, dazu kenne ich ihn zu gut.«
    »Es ist aber so. Sie können es auch in der Zeitung nachlesen, es ist bereits am Samstag passiert. Sie und Herr Wiesner haben sich geduzt?«
    Ohne die letzte Frage zu beantworten, sagte Helena Maric: »Wer war die Frau?«
    »Eine gewisse Irina Puschkin. Angeblich eine Prostituierte. Wir müssen aber davon ausgehen, dass sie seine Geliebte war.«
    »Im Leben nicht!«, stieß Helena Maric erregt hervor. »Andreas hatte noch nie eine Geliebte! Er hatte so was überhaupt nicht nötig. Vergessen Sie’s! Wenn ich jemanden kenne, der eine absolut harmonische Ehe geführt hat, dann Andreas, ich meine Herr Wiesner.« Siehielt inne und sah die Beamten durchdringend an, was ihrem Blick mit einem Mal etwas Stechendes verlieh. »Sie sind doch aber bestimmt nicht gekommen, nur um mir die Nachricht zu überbringen? Was ist der eigentliche Grund?«
    Ihr Ton wurde schlagartig kühl, fast frostig, was weder Durant noch Hellmer entging. Sie war wie eine Auster, die sich im Bruchteil einer Sekunde verschloss, als würde sie den wahren Grund für den Besuch der Beamten ahnen.
    »Wir sprechen mit allen Personen, die Herrn Wiesner gekannt haben. Und soweit wir wissen, haben Sie mehrere Jahre mit ihm zusammengearbeitet.«
    »Ja, und? Das ist ja kein Geheimnis.«
    »Es war auch nur eine Feststellung. Wie lange waren Sie denn für Herrn Wiesner tätig?«
    »Elf Jahre. Aber ich verstehe noch immer nicht …«
    »Also elf Jahre. Waren Sie mit ihm befreundet?«
    »Befreundet?« Sie zuckte mit den Schultern. »Wir waren Kollegen, und sicher hat sich daraus auch so etwas wie Freundschaft entwickelt. Und wahrscheinlich denken Sie jetzt gleich, dass wir zusammen geschlafen haben. Aber ich versichere Ihnen, wir hatten nie etwas miteinander. Ich kenne außerdem seine Frau Ramona recht gut, aber auch sonst würde ich mich nie auf eine Beziehung mit einem verheirateten Mann einlassen.«
    »Das glaube ich Ihnen«, erwiderte Durant ruhig und fragte gleich weiter: »Sie haben vor etwa einem Jahr dieses Geschäft eröffnet. Können Sie mir das Datum nennen?«
    »Ich weiß zwar nicht, was das mit dem Tod von Herrn Wiesner zu tun hat, aber es war am 1. April 1999. Ein Donnerstag, um genau zu sein.«
    »Hatten Sie danach noch Kontakt zu Herrn Wiesner?«
    »Ja, natürlich. Zwar nicht mehr so häufig wie früher, schließlich waren wir so etwas wie Konkurrenten, aber wir waren immer noch befreundet. Warum?« Helena Maric drückte ihre Zigarette aus und zündete sich gleich eine neue an. Julia Durant hätte auch gerne geraucht,aber sie hatte sich seit einiger Zeit vorgenommen, kürzer zu treten, und es geschafft, nicht mehr als zehn Zigaretten am Tag zu rauchen. Und irgendwann würde sie ganz aufhören. Sie wollte nicht eines Tages so elend an Lungenkrebs sterben wie ihre Mutter, sie wollte nicht die gleichen Qualen erleiden, dieses Dahinsiechen, dieses Ringen um jeden Atemzug, und mit der Gewissheit leben, dass der Tod trotz aller immer wieder aufkeimenden Hoffnung doch nur noch eine Frage von ein paar Tagen oder Wochen sei. Sie lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und sah Helena Maric direkt an, bevor

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