Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
Vom Netzwerk:
wandte sich ihr zu. »Alles okay?«
    Sie nickte rasch.
    Die Gasse wurde dunkler und enger. Bröckelnde Fassaden, morsche Fensterrahmen, finstere Hofeingänge. Ein dumpfer, modriger Geruch stieg aus den Kellern auf, wie ein dichter werdender Nebel kroch er aus den undichten blinden Kellerfenstern und aus den Ritzen vernagelter Eingänge.
    Immer wieder warf sie einen Blick über die Schulter, aber da war niemand, niemand, der sie verfolgte – und niemand, der ihre Hilfeschreie hören würde.
    Ein Krachen ließ sie zusammenzucken, unwillkürlich duckte sie sich hinter Lee, der einfach weiterging. Nyström unter Mordverdacht. Machst du dir in die Hose, Karen?
    »Bleib dicht hinter mir«, sagte er nur.
    Das Krachen war von der gegenüberliegenden Straßenseite gekommen. Karen sah eine dürre Gestalt durch das Dunkel taumeln und gleich wieder irgendwo zwischen den Mauern verschwinden.
    Unvermittelt blieb Lee vor einem Eingang stehen, das Gebäude war genauso verwahrlost wie die anderen. Er drückte eine morsche Tür auf.
    »Pass auf, wo du hintrittst.«
    Sie machte einen Schritt hinein in die gähnende Dunkelheit. Gelbliches Licht fiel in ein mit Graffitis beschmiertes enges Treppenhaus, nein, es war eher ein Schacht, denn von der nach oben führenden Holztreppe waren nur noch Reste übrig. Aber das Schlimmste war der beißende Geruch, ein Geruch, der immer dieselben Bilder hervorrief, ihren Albtraum. Unwillkürlich griff sie sich an die Wange, ihre Finger glitten über die Narbe, und die Bilder blitzten wieder auf, Bilder des uralten Films, den sie seit siebenundzwanzig Jahren nie bis zum Ende sah.
    Der dunkle Gang, der Tunnel und der Streifen Licht, der durch einen Türspalt am Ende des Gangs fällt, es ist warm, und dann diese Geräusche, das Schaben und Schreien, und der Geruch, der Gestank nach ...
    »Katzenpisse«, sagte Lee und deutete nach oben. »Die hausen da irgendwo.«
    ... und der brennende Schmerz im Gesicht – und dann Mickey Mouse ...
    Sie sah hinauf, konnte aber nichts erkennen.
    »Alles in Ordnung?«, hörte sie Lee fragen.
    »Ja. Ja, schon gut.« Es war nur eine ... eine Erinnerung, und es hatte sich wieder dieser Abgrund aufgetan. Ein dunkler Schlund, in den sie zu stürzen drohte, sobald sie zu nah an den Rand trat. Es war in Disneyworld gewesen. Sie war hingefallen, gleich nachdem sie mit ihrer Mutter durch die Piratenwelt gefahren war, der Schnitt musste genäht werden. Die Erklärung war simpel, und doch konnte sie sich nie so richtig daran erinnern.
    »Sicher?«, fragte er.
    Sie nickte nur.
    »Gleich kommt eine Treppe«, sagte er, »ich gehe voraus.«
    Die Eisentreppe, die steil nach unten führte, sah neu aus, sie war offenbar erst vor Kurzem eingebaut worden, auf diese Details konzentrierte sie sich, keine schlechten Gedanken mehr, Karen! Sie folgte Lee, und der metallische Klang ihrer Schritte auf den Stufen hallte von den in kränklich gelbes Licht getauchten Wänden wider. Plötzlich war da eine Eisentür vor ihnen, daneben eine Schalttafel mit Ziffern.
    »Dreh dich um«, sagte Lee.
    Wortlos gehorchte sie. Dann hörte sie, wie er einen Zahlencode eingab.

18
    Unterwasserwelt, dachte Karen, als sie in dem blauen Raum stand. Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Ein leises Summen kam von den in Reihen aufgestellten Rechnern, die sich wie Blöcke aus grauem Eis in die Tiefe des Raums erstreckten. Sonst war es still. Unterwasserstill.
    Nyström stand vor ihr. Zum ersten Mal nahm sie die Farbe seiner Augen wahr. Blau. Hellblau. Er trug Jeans und ein weißes Hemd. Und teure Schuhe.
    »Willkommen bei Lanzelot .« Er machte eine Verbeugung. »Mein Reich.«
    Ihr Blick wanderte durch den Raum. Gegenüber von den Rechnern standen Schreibtische mit Monitoren drauf. Indirektes Licht fiel auf die Wände, sie leuchteten in unterschiedlichen Blautönen, die bläuliche Flüssigkeit in den Lampen zwischen den Monitoren zerfloss träge in immer neue Formen.
    »Wir müssen vorsichtig sein, deshalb die ganze Tarnung und diese, na ja, nicht gerade feine Gegend. Alle sind hinter uns her«, erklärte Nyström mit einem breiten Grinsen. Anscheinend machte ihm das Versteckspielen Spaß, und Karen fragte sich, ob das nicht alles nur eine Riesenshow war.
    »Wer ist hinter euch her? Wer sind alle? «, fragte sie. Sie bemerkte ein Aquarium in der linken Ecke des Raums mit roten, blauen und gelben Fischen. War das Wirklichkeit? Oder Täuschung?
    »Geheimdienste, Polizei, Konzerne ...« Er zuckte mit den

Weitere Kostenlose Bücher