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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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sagte sie, »eine Hinrichtung.«
    Nyström nickte und wandte sich zum Monitor daneben. »Jetzt zeig ich dir, wofür Grévy sich verantworten sollte. Das Video wurde uns von einem Kontaktmann geschickt. Außer uns hat es angeblich niemand. Das heißt, auch nicht die Untersuchungskommission in Den Haag. Sie kennen nur die Fakten. Aber nicht die Bilder.«
    Ein grobkörniges Schwarz-Weiß-Video startete. Es war offenbar in der Dunkelheit von einem Helikopter aus aufgenommen worden. Man sah eine Art Gehöft, wie sie sie in Afghanistan oft gesehen hatte. Einfache Ziegelbauten, umgeben von einer Mauer. Auf dem Gelände wurden Getreide, aber auch Cannabis oder Schlafmohn angebaut. Auf diesen Bildern sah man jedoch keine Pflanzen, die Erde war kahl, abgeerntet vielleicht oder gar nicht bepflanzt.
    »Hier sollten sich laut einem Informanten Taliban versteckt haben«, erklärte Nyström. »Grévy, Befehlshaber der EU- Battlegroup , hat – mit Erlaubnis seiner Vorgesetzten – die Contractors der privaten Sicherheitsfirma Globe für diesen speziellen Einsatz zu Hilfe gerufen. Er hatte angeblich einen todsicheren Tipp, dass sich dort über fünfzehn wichtige Taliban aufhalten sollten.«
    Der Hubschrauber kreiste, auf einmal stürmten von allen Seiten Soldaten in das Gehöft. Explosionen und Rauch waren zu sehen, Wände stürzten ein.
    »Das sind Frauen und Kinder«, sagte Karen entsetzt.
    Sie flohen direkt ins Maschinengewehrfeuer der Soldaten. Alle wurden erschossen. Immer noch stürzten Steine von eingebrochenen Mauern, der Hubschrauber kreiste weiter.
    »Sieh hier«, Nyström zoomte auf die auf der Erde liegenden Menschen. Eine Frau bewegte sich, Karen sah ihr Gesicht, sah, wie sie versuchte, sich zwischen den toten Körpern aufzurichten. Nyström zoomte wieder weiter weg, und Karen sah, wie die Frau in Richtung eines Soldaten blickte, der das Gewehr auf sie gerichtet hatte. Dann ein Zucken, ihr Körper wurde herumgeschleudert und brach auf den anderen Toten zusammen. Jetzt erst ließ der Soldat sein Gewehr sinken, dann zeigte er seinem Kameraden den erhobenen Daumen und stieß mit dem Fuß gegen den Arm der Toten. Nyström hielt das Video an.
    Karen war starr vor Entsetzen.
    »Das ist noch nicht alles.« Er ließ das Video weiterlaufen.
    In den rauchenden Ruinen bewegte sich etwas, Karen erkannte ein Kind, das über die Mauerreste kroch, langsam, mühsam, offensichtlich war es verletzt ... Den Schuss hörte man nicht, aber man sah das Zucken, das durch den kleinen Körper ging, dann wurde er nach hinten geschleudert. Rechts ragte der Lauf eines Gewehrs ins Bild ...
    »Hör auf! Ich will das nicht länger sehen!«, rief Karen.
    Nyström reagierte nicht.
    Karen wollte wegsehen, aber sie konnte nicht. Das Grauen schien sie zu lähmen.
    Wie rasend fielen die Soldaten über die Toten her und verstümmelten sie. Die einen hatten Messer in der Hand, die anderen prügelten mit Holzpfählen auf die Toten ein, in einer wilden Metzelei hackten und schlugen sie auf die leblosen Körper der Frauen und Kinder ein ...
    Endlich gelang es Karen, sich abzuwenden.
    »Diesen Teil kennen die Ermittler in Den Haag nicht«, hörte sie Nyström sagen.
    Als sie sich wieder umdrehte, war der Monitor schwarz.
    Aber in ihr lief ein grell zuckender Filmtrailer ab, rasant zusammengeschnitten von ihrem Gehirn, alles mischte sich, die zerspringende Scheibe, David, wie er sie anlächelte, Paolo, wie sein Kopf explodierte, der brennende Körper auf der Straße, die Dunkelheit in der Zelle, der Flur mit dem Türspalt, Bilder, Farben, zu kurz, um sie zu erkennen, und dazwischen immer wieder die Orgie der Gewalt aus dem Video ...
    »Gibt’s auch was anderes als Kaffee?«, fragte Karen rasch.
    »Tee?«, fragte Nyström.
    »Eher so was wie Whiskey, Brandy, Wodka ...« Karen, du wolltest doch nicht, meldete sich eine Stimme, aber sie hörte nicht hin.
    Nyström stand auf und holte eine fast volle Flasche Lagavulin und ein Glas, und es wunderte sie, dass er auf ein spöttisches Lächeln verzichtete.
    Sie goss sich großzügig ein, trank den ersten Schluck, und der Film wurde leiser, langsamer, und er verblasste und verstummte schließlich – und sie konnte endlich wieder denken.
    War es wirklich so tragisch, dass Grévy ermordet wurde? Er war doch der Verantwortliche für dieses Gemetzel.
    » Vielleicht war der Mord an Grévy ein Racheakt?«, meinte sie nach dem zweiten großen Schluck.
    »Von wem? »Nyström schüttelte den Kopf. »Es gab ja keine

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