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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Irak und in Afghanistan gekämpft haben, Selbstmord begangen haben? Und das trotz all der Medikamente?«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie das alles für normal halten? Statistisch gesehen?«
    »Moment, Madame Burnett«, sie holte Luft, es konnte nicht angehen, dass sie sich von einer Journalistin – ja, überhaupt von irgendjemandem – andauernd ins Wort fallen ließ. Anna Scarafia hörte man zu, man unterbrach sie nicht. »In jenem Gehöft«, fing sie also an zu erklären, »sollten sich ausschließlich Talibankämpfer aufhalten, deshalb hat Oberst Grévy Mitarbeiter der Firma Globe zur Verstärkung angefordert. Sie waren auf einen harten Kampf eingestellt ...«
    »Und waren auch dann nicht mehr zurückzuhalten, als sie sahen, dass dort nur Frauen und Kinder waren?«, unterbrach die Journalistin sie schon wieder. »Grévy war Soldat, daher war er verantwortlich, er hatte gemäß der Vierten Genfer Konvention Zivilpersonen zu schützen, insbesondere Frauen und Kinder. Artikel siebenundzwanzig, aber den kennen Sie sicher besser als ich. Das hat er nicht getan. Warum nicht? Vielleicht hat es ihm jemand verboten ...«
    »Sie wagen sich ziemlich weit vor, Madame Burnett.«
    »Das muss man manchmal.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte Scarafia nur und beendete das Gespräch.
    Nachdenklich ging sie in die Küche und setzte Wasser auf für einen starken Kaffee. Grévys Selbstmord war wie ein Eingeständnis seiner Schuld, also seines Fehlverhaltens gewesen. So hatte man das bisher gesehen. Der Prozess war erst einmal vertagt worden, natürlich, und es stellte sich die Frage, ob er überhaupt jemals eröffnet werden würde. Problematisch waren die Verfahren gegen die Mitarbeiter von Globe , die ja offiziell keine Soldaten waren. Ihr völkerrechtlicher Status war noch umstritten, eine Tatsache, die Grévy und seine Vorgesetzten sich womöglich zunutze gemacht hatten.
    Das Wasser kochte, sie goss es über den gestern gemahlenen Kaffee. Édouard würde die Nase rümpfen, auch darüber hatten sie sich am Schluss gestritten, dass sie den Kaffee nicht tassenweise frisch mahlte. Unglaublich, womit man seine Lebenszeit verschwendete! Sie ließ den Kaffee ziehen.
    Im Verteidigungsministerium und auch in der EDA, der Europäischen Verteidigungsagentur, war man sich sehr schnell darüber einig gewesen – was selten genug vorkam –, dass man durch eine großzügige Geldspende den Bau einer Schule und eines Krankenhauses im nächstgelegenen afghanischen Ort vorantreiben wollte, um den Angehörigen der Getöteten ein Zeichen der Versöhnung zu senden. Obwohl es ja eigentlich an Globe gewesen wäre, hier einen finanziellen Beitrag zu leisten.
    Wenn nun aber diese Journalistin mit ihrer Behauptung recht haben sollte und Grévy einem Attentat zum Opfer gefallen war, wer stand dann hinter der Sache? Die Flamme des Ehrgeizes züngelte wieder. Wie konnte es sein, dass diese Journalistin mehr wusste als sie?
    Sie drückte den Kaffee durch und goss sich eine Tasse ein. Sie trank ihn schwarz und ohne Zucker. Jetzt war sie hellwach, ihre Migräne verflogen. Sie ging zurück ins Arbeitszimmer und gab Karen Burnett in den Computer ein. Sie wusste gern, mit wem sie es zu tun hatte. Voilà!
    Der Name war ihr bekannt vorgekommen. Aber sie hatte Jane gemeint, Jane Burnett , die Mutter und Starjournalistin, die vor drei Jahren in Australien ums Leben gekommen war. Ein Tauchunfall, erinnerte sie sich, weil sie es so bizarr gefunden hatte.
    Jetzt aber zur Tochter. Karen Burnett nahm sich in ihren Artikeln und Features der Vergessenen, der Übersehenen an, auch in Ländern, die nicht oft im Fokus der Berichterstattung standen. Anwältin der Benachteiligten, der Vergessenen, las sie, als unerschrocken, kämpferisch und dabei doch immer mitfühlend wurde sie beschrieben.
    Vergangenes Jahr: Afghanistan. Wollte vom Afghanistan-Hype vielleicht auch ein Stück abhaben oder mit ihrer Mutter konkurrieren, dachte Scarafia. Gefangennahme in Afghanistan. Drei Tage Geisel. Dann Freilassung gegen Lösegeldzahlung. Wie viel und von wem, stand nicht dabei. Bei der Freilassung wieder unter Beschuss geraten, die eigenen Leute, hieß es hier, verwechselten das Fahrzeug mit einem, in dem Talibankämpfer drinsitzen sollten. Wieder Glück. Sie überlebte, ein Kollege nicht. Es sah aus, als ob sie deshalb erst richtig bekannt geworden war – und jetzt bekam sie auch noch in Brüssel den Press Award verliehen. »Karen Burnett verdient einen Preis – keine

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