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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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mehr weiter. Stau bis in die nächste Kurve hinein. Sie stellte den Scheibenwischer ab. Schon nach wenigen Augenblicken war das Fenster von einer weißen Schicht bedeckt. Dann fasste sie einen Entschluss. Sie stieß die Beifahrertür auf. Abgase quollen aus den Auspuffrohren, und in den Scheinwerfern flirrten die Schneeflocken. Gibbs hob langsam den Kopf, blickte ihr in die Augen.
    »Raus!«
    Er rührte sich nicht.
    »Raus!«
    Beim zweiten Mal stand er auf und sprang aus dem Wagen. Karen wollte nicht hinter ihm her sehen, doch sie konnte den Blick nicht abwenden, wie er mit hängendem Kopf zum Fahrbahnrand trottete. Einen Moment zögerte sie, dachte an die Kälte und daran, dass er schon länger nichts mehr gefressen hatte, doch er kroch, ohne sich noch einmal umzudrehen, unter der Leitplanke hindurch und verschwand in der Dunkelheit.
    Im Kofferraum fand sie Verbandsmaterial und eine Decke. Sie setzte sich wieder ans Steuer, versorgte die Wunde, die aufgehört hatte zu bluten, nahm eine Ibuprofen und wartete. Auf die Räumfahrzeuge, auf die Kälte, auf die Müdigkeit ... auf ein Winseln. Doch sie wurde nur müde.

42
    Frankreich, A 31
    Ein schwarzer Mégane steuerte die Raststätte kurz vor Grenoble an. Drei Männer stiegen aus. Diesmal waren sie nicht ganz in Schwarz gekleidet, aber dunkel und unauffällig. Nur Gaddafi wollte nicht auf seine schwarze Strickmütze verzichten. Die trug er immer, im Winter aus Wolle, im Sommer aus Baumwolle. Mann, was versteckst du darunter?, zogen Gilles und Tiger ihn immer mal wieder auf. Eine Metallplatte vielleicht? Oder ein Loch? Kann man dir von oben beim Denken zusehen?
    An der Theke bestellte jeder für sich. Tiger und Gilles Kaffee, Gaddafi Kakao. Die Sandwichs aßen sie schweigend, jeder war in seine Gedanken versunken. Erst im Auto redeten sie wieder.
    »Ich würd was drum geben, wenn wir die Sache schon hinter uns hätten«, sagte Gilles auf einmal, als sie losfuhren. Gaddafi, der jetzt am Steuer saß, antwortete nicht, dachte aber dasselbe. Tiger auf dem Rücksitz sagte Kaugummi kauend: »Letzte Nacht hab ich einen Scheißtraum gehabt ...«
    »Behalt deine Scheißträume für dich!«, knurrte Gaddafi. »Wir ziehen das durch. Wie geplant. Keine schlechten Gedanken. Gedanken formen die Wirklichkeit. Alles geht gut.« Er sah Tiger im Rückspiegel in die Augen. »Verstanden?«
    Tiger nickte. Und Gilles auch.
    Gedanken formen die Wirklichkeit. Seine schob er ganz schnell weg. Weitermachen, einfach weitermachen, bis es vorbei ist.

43
    Frankreich, A 31
    Grelles Licht weckte Karen. Sie fror. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war, dann fiel es ihr wieder ein. Mühsam kratzte der Scheibenwischer den gefrorenen Schnee von der Scheibe, dann sah sie die Räumfahrzeuge und Polizeiwagen, die sich irgendwie den Weg zwischen den stehenden Autos hindurch gebahnt hatten. Gerade wurde ein Lastwagen von der Fahrbahn gezogen. Halb fünf morgens. Gibbs musste Hunger haben, und sie hatte nichts dabei. Sie sah auf den Beifahrersitz, dann bemerkte sie den Verband, und ihr fiel wieder ein, dass sie Gibbs weggejagt hatte.
    Sie riss die Tür auf und stapfte durch den Schnee zum Fahrbahnrand.
    »Gibbs!«
    Sie stieg über die Leitplanke, suchte nach seinen Spuren, doch die waren längst von neuem Schnee bedeckt.
    »Gibbs!«
    Ihre Rufe verhallten in der Dunkelheit.
    War da nicht ein Winseln?
    »Gibbs?«
    Sie ging weiter, versank tiefer im Schnee, da hinten fing der Wald an, eine schwarze Wand, die sich ihr in den Weg stellte.
    »Gibbs!«
    Er war erschrocken gewesen, als sie abrupt bremsen musste, es war ein Reflex gewesen, oder nicht? Wer weiß, was er erlebt hatte?
    »Gibbs, komm her!«
    Sie lauschte. Wahrscheinlich hatte sie sich das Winseln nur gewünscht. Hinter sich hörte sie, wie Motoren angelassen wurden. Scheinwerfer blendeten auf. Offenbar wurde die Strecke freigegeben. Noch einmal ließ sie ihren Blick über den Schnee und zu den Bäumen wandern, aber sie konnte Gibbs nicht entdecken.
    Sie dachte an das, was Nyström ihr über ihre Mutter vorgelesen hatte, sie dachte an Michael, an David – und jetzt hatte sie auch noch den Hund verloren.
    Stinkende Abgaswolken stiegen aus den Auspuffrohren auf. Karen ging zurück zum Auto. Bevor sie einstieg sah sie sie sich noch einmal um, aber da war nichts.
    Ganz vorn fuhren die ersten Autos langsam an.
    Sie versuchte Gibbs zu vergessen, schaltete ihr Handy ein und suchte im Internet nach Informationen über Grenoble.
    Wissenschaftler denken bei

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