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Das Syndikat

Das Syndikat

Titel: Das Syndikat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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der Erwähnung von Grenoble nicht unbedingt zuerst an das spektakuläre Gebirgsmassiv des Dauphiné und der Alpen, auch nicht an die Skipisten, es sei denn, sie sind begeisterte Wanderer oder Skifahrer, wahrscheinlich haben sie auch nicht gleich eine malerische Altstadt vor Augen oder frugale Köstlichkeiten wie das Poulet aux écrevisses, das Hühnchen mit Krebsen, oder das bekannte Kartoffel-Käse-Gratin, das Gratin Dauphinois. Mit einiger Sicherheit werden Wissenschaftler an Grenoble-Lyon denken, den bedeutendsten Forschungsstandort Frankreichs. Außer drei Universitäten haben sich dort das Commissariat à l’énergie atomique , das Europäische Synchrotron und eine Außenstelle des European Molecular Biology Laboratory angesiedelt. Hinzu kommen viele Unternehmen mit Schwerpunkt Mikro- und Nanotechnologie.
    Unvermittelt warf sie das Handy auf den Sitz und riss die Tür auf, stieg aus, und stapfte entlang ihrer eigenen Fußspuren zum Wald. »Gibbs!«, schrie sie in die Kälte. »Gibbs!«
    Sie ging einfach weiter, immer geradeaus. Mit jedem Schritt wuchs ihre Verzweiflung. Sie würde nicht eher fahren, bis sie ihn gefunden hatte.
    Das leise Bellen glaubte sie sich einzubilden. Auch das Bündel dort am Baum. Erst als sie sich bückte und unter dem Schnee das Fell spürte, wusste sie, dass es Gibbs war. Er fühlte sich kalt an, rührte sich nicht, als sie ihn hochhob, und erst als sie ihn an sich drückte, spürte sie, dass er noch atmete. Sie trug ihn ins Auto und hüllte ihn in die warme Decke. Mein Gott, Karen, dachte sie, wie konntest du nur?
    Der Wagen hinter ihr hupte. Es ging weiter. Der Stau löste sich auf.

44
    Über dem Atlantik, Flughöhe 10 034 Meter
    Das regelmäßige leise Brummen der Düsentriebwerke schuf zusammen mit der angenehmen Beleuchtung, nicht zu hell, nicht zu dunkel, eine Atmosphäre der Ruhe und Sicherheit, nach der Darlene, solange sie denken konnte, sich immer gesehnt hatte und die sie nun, seit Syd zum Präsidenten gewählt und sie zur First Lady aufgestiegen war, umso mehr zu schätzen wusste. Denn Gefahren, so hatte sie in den mittlerweile drei Jahren Amtszeit gelernt, lauerten immer und überall auf sie, ganz besonders dort, wo man am wenigsten damit rechnete. Daher waren die Phasen der Entspannung, wie zum Beispiel jetzt, immer nur kurz, bis sie sich wieder der überall drohenden Gefahr bewusst wurde. Sie ließ ihren Blick über die vielen leeren Sitzplätze der Maschine gleiten und dann über die, die von den ihr bekannten Sicherheitsleuten und engsten Mitarbeitern besetzt waren. Es ist alles in Ordnung, Darlene. Wirklich. Entspann dich.
    »Noch einen Tee, Ma’am?« Der blonde Flugbegleiter war vor ihr stehen geblieben, und sie erschrak ein bisschen, weil sie in ihre Gedanken vertieft war und ihn gar nicht bemerkt hatte.
    »Nein, danke, Steve«, antwortete sie lächelnd, »es ist alles okay.«
    »Wunderbar. Aber falls Sie es sich doch anders überlegen ...«
    »Danke.«
    Mit einem freundlichen Lächeln wandte er sich ab, und Darlene sah hinter ihm her, wie er eine Bestellung von Eric, dem Sicherheitschef, entgegennahm. Alles war in Ordnung. Es gab keinen Grund für ihre plötzliche Panik. Diese Attacken befielen sie in letzter Zeit öfter, zwar stets nur für wenige Augenblicke, aber sie fand sie dennoch besorgniserregend, nicht nur weil sie ihrer Selbstsicherheit und ihren Nerven einiges abverlangten, sondern auch weil sie etwas in ihr zurückließen: die Ahnung einer Bedrohung.
    Der Abschied von Syd war kühl gewesen, und das trug nicht gerade zu einem besseren und sichereren Gefühl bei. Ach, sie war froh, wenn diese unselige Reise überstanden war.
    Darlene stand auf und beugte sich über ihre Tochter, die im Schneidersitz in einem bequemen Drehsessel saß und mit rot geränderten Augen einen Film auf dem Bildschirm verfolgte. Welchen, wusste Darlene nicht, aber sie war sich sicher, dass er für Silvas Alter geeignet war, sonst hätte Oprah ihn nicht ausgesucht. Darlene warf der Kinderfrau hinter Silvas Sessel ein Lächeln zu.
    »Schätzchen, schlaf ein bisschen«, sagte sie und strich der Sechsjährigen über ihr lockiges schwarzes Haar.
    »Ich bin aber nicht müde, Mom.«
    »Dann mach doch einfach die Augen zu. Den Film kannst du dir ein andermal ansehen«, sie tauschte einen Blick mit Oprah, »nicht wahr?«
    »Sicher doch«, sagte Oprah.
    »Ich will aber nicht.«
    Irgendwie mochte Darlene diese Sturheit. Aber sie war schließlich eine Mutter, und so sagte sie: »Deine

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