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Das Tagebuch der Eleanor Druse

Das Tagebuch der Eleanor Druse

Titel: Das Tagebuch der Eleanor Druse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Diktiergerät in meinem Schoß geben, das Bobby mir gebracht hatte. Ich zitterte so stark, dass ich es nur mit Mühe und Not bedienen konnte. Zum Glück hatte ich die Brille auf und konnte die Buchstaben unter einem großen, roten Knopf entziffern: REC. Ich drückte auf den Knopf und sah, wie ein kleines rotes Lämpchen aufleuchtete und die Spulen in der Mikrokassette sich zu drehen begannen. Ich schaute hinauf zu der Öffnung in der Deckenverkleidung. Obwohl es so klang, als befände sich das Mädchen direkt über mir in diesem Schacht, war mir tief in meinem Inneren auf einmal klar, dass diese Stimme nicht den Gesetzen von Raum und Zeit unterlag. Schlimmer noch, es war durchaus möglich, dass ich die Stimme des Mädchens in derselben Region meines Gehirns hörte, die bei Schizophrenen, die glauben, dass Gott zu ihnen spricht, als heller Fleck auf den PET-Scans zu sehen ist.
    Das Diktiergerät würde diese Frage beantworten.
    Bei dem Gedanken, dass es diese herzzerreißende Stimme wirklich gab, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, und ich bekam eine Gänsehaut. Sie hörte sich völlig real an, wie eine echte menschliche Stimme, und doch war sie nicht von dieser Welt, ebenso wenig, wie sie es in der Nacht von Madeline Krugers Tod gewesen war.
    Und da drängte sich natürlich die Frage auf: Wenn diese Stimme nicht von dieser Welt war, mit welchem Sinnesorgan hörte ich sie dann gerade? Ich hielt den Atem an und erstarrte förmlich bei meinem nächsten Gedanken: Was, wenn ich das unheimliche, gespenstische Wehklagen dieses armen geisterhaften Wesens nur deshalb hören konnte, weil … auch ich bereits ins Jenseits hinübergegangen war? Was, wenn es stimmte, was man so hört: dass der Tod nur die von uns abgewandte Seite des Lebens ist und unser Geist, nachdem er sich verabschiedet hat, noch für kurze Zeit zwischen dem Diesseits und dem Jenseits hin- und herhuscht?
    Was, wenn das, was ich im Moment erlebte, nicht einfach nur ein Hirngespinst, ein epileptischer Anfall oder eine außerkörperliche Erfahrung war – was, wenn ich dieses Mal wirklich das Zeitliche gesegnet hatte? Wenn ich wieder nur in einem defekten Lift festsaß, warum hatte sich Otto dann nicht längst über die Sprechanlage gemeldet wie beim letzten Mal?
    Ich starrte geradeaus und lauschte der Stimme des Kindes.
    Ich bekam auf einmal große Angst und fühlte mich einsam und verlassen. Was, wenn ich meine Nahtod- oder außerkörperliche Erfahrung am Rand dieses Aufzugschachts nicht nur im Geiste noch einmal erlebt hatte, sondern wirklich in den Tod gestürzt war? Vielleicht war dieser auf mich so vertraut wirkende Lift aus der Welt der Lebenden ja nur die Halluzination einer Toten, die sich noch immer verzweifelt an ihr Leben klammerte, eine visuelle Form des Pfeifens im dunklen Wald, mit dem man sich die Angst vertreibt?
    Swedenborg sagt, die Furcht vor dem Tod sei so groß und die menschliche Psyche so stark, dass die Seelen jüngst Verstorbener sich noch für eine unbestimmte Zeit nach ihrem Tod ein illusorisches Bild ihrer gewohnten irdischen Umgebung und Freunde vorspiegeln.
    Andere wiederum behaupten, die Toten wüssten so lange nicht über ihren eigenen Zustand Bescheid, bis sie in einen Spiegel blickten und sich darin nicht mehr erkennen konnten.
    Mit angehaltenem Atem glaubte ich zu spüren, wie sich eine Leichenkälte in meinem ganzen Körper breit machte. Meine Körperhaare stellten sich zu Zehntausenden winziger Antennen auf, die allesamt die Hilfeschreie des kleinen Mädchens empfingen.
    Hatte ich mich in den Spiegeln des Aufzugs gesehen, als Bobby mich in die Kabine geschoben hatte? Jetzt saß ich mit dem Gesicht zur Rückwand, an der kein Spiegel hing. Sollte ich es wagen, zur Seite zu schauen und in einen der Spiegel an den Seitenwänden zu blicken? War ich bereit, meinem Schicksal ins Auge zu sehen?
    Ich drehte mich langsam nach rechts, blickte in den Spiegel an der Kabinenwand und befürchtete tatsächlich, darin lediglich die Reflexion des Spiegels zu meiner Linken und dazwischen nichts zu erkennen. Und das wäre dann das Ende gewesen: ein Spiegelkabinett, in dem es keine Sally Druse mehr gab, ein Fragezeichen, ein unsichtbares Fragezeichen, gefangen im Nichts. Aber dem war nicht so: Ich war da.
    Noch nie zuvor war ich so erleichtert, meinen alten Körper mit all seinen Schönheitsfehlern zu erblicken – das grau melierte Blond meiner Locken, meine von Altersflecken übersäten Hände, die ich probeweise hochhielt, meine

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