Das Tahn-Kommando
schon bald darauf mit der Gewissheit, dass wenigstens das Bier und der restliche Alk der Tahn stark genug waren und jederzeit zur Verfügung standen. In diesem Moment schlich sich Sten an ihn heran.
»Deine Mutter hat dich ja komisch angezogen«, bemerkte Alex trocken. Stens Garderobe war noch extremer ausgefallen als die von Alex – was in der Unterweltkultur von Heath »weniger auffällig« bedeutete. Sein knielanger, blousonartiger Kittel war orange-schwarz gestreift, das enganliegende Trikot darunter einfarbig schwarz. Man hatte Sten hoch und heilig versichert, dass diese Ausstaffierung der letzte Schrei bei den großen Fischen in der Halbwelt von Glücksspiel und Prostitution sei.
Sten antwortete auf Alex’ Bemerkung lediglich mit einem Grunzen und sah ebenfalls zum Schulhof hinüber.
Der Tahn-Krieger hatte einen Fehler in der Darbietung eines der Kinder entdeckt und putzte es jetzt erbarmungslos vor seinen Kameraden herunter. Sten bewegte kurz den Kopf, und die beiden Männer setzten sich in Richtung des Rotlichtbezirks, in dem sie Unterkunft gefunden hatten, in Bewegung.
»Hast du unseren irren Bombenheini schon gefunden?« fragte Alex.
»Ja.«
»Ach, Sten. Warum sagst du das nicht gleich? Ist was schief gelaufen?«
»Noch schlimmer«, fing Sten wütend an. »Der verdammte Idiot hat es tatsächlich noch mal getan.«
Lee Dynsman war ein Idiot. Nachdem er das Schiff verlassen, ein Versteck, einen Drink, eine Frau und eine Mahlzeit gefunden hatte – wofür er den letzten Rest seiner Credits hinblätterte –, machte er in den Kaschemmen der Unterwelt Reklame für seine Fähigkeiten als Sprengstoffexperte und ließ wissen, dass er für jeden Auftrag zu haben sei. Kurz darauf hatte ihn eine kleine Gangstertruppe mit großen Ambitionen angeheuert, um den Tresor einer Tahn-Bank in die Luft zu jagen. Wenigstens einmal in Dynsmans Karriere ging alles reibungslos über die Bühne: Die Sprengladung verwandelte die dicke Rückwand aus Stahl und Zement in einen Haufen Schutt. Die Gang schnappte sich die Beute, nahm Dynsman mit in ihr Versteck und füllte ihn bis zur feierlichen Besinnungslosigkeit ab. Da sie nicht auf den Kopf gefallen waren, wußten sie genau, dass die Tahn-Polizei (eine paramilitärische, für Sonderdienste von der Armee abgestellte Einheit) einen Sündenbock brauchte; sie denunzierten Dynsman.
»Unser kleiner Freund sitzt also im Knast«, schloss Alex.
»Noch schlimmer.«
»Langsam, langsam, alter Knabe, jetzt mach’s mal nicht schlimmer, als es ist. Weiß du, Sten, als ich das Museum leitete, dachte ich schon darüber nach, den Dienst zu quittieren. Das Schloss meiner Mutter in der Provinz Ross Galen ist der schönste Flecken auf dem ganzen Planeten Edinburgh. Und das Schloss sitzt direkt oberhalb von einem Loch – Loch Owen. Anstatt mich hier mit diesen Barbaren herumzuärgern, könnte ich jetzt dort sein und es mir gut gehen lassen.«
»Halt endlich mal die Klappe.« Sten war nicht in der Stimmung für Alex’ weitläufige Ausführungen.
»Dynsman ist nicht im Gefängnis. Der Schwachkopf wurde deportiert.«
»Au weia.« Alex hatte begriffen.
»Dachte mir schon, dass du das gleich verstehst, du Abkömmling eines Clans von Kriminellen. Deportiert.
Auf einen verfluchten Gefängnisplaneten.«
»Ich brauch was zu trinken.«
»Viele, viele Drinks«, stimmte ihm Sten zu. »Dabei können wir uns übrigen, wie wir dem Imperator beibringen, dass es so gut wie unmöglich ist, Dynsman aus dem schlimmsten Straflager der Tahn herauszuholen.«
Als Alex eine Kneipe entdeckte, die gerade ihre dunstigen Pforten öffnete, war der Tag wenigstens einigermaßen gerettet. Die beiden Männer schwenkten seitlich um und marschierten direkt in die Spelunke hinein.
Kapitel 20
Auch Tarpy hatte Dynsman aufgespürt, obwohl seine Verkleidung für die Reise nach Heath nicht ganz so clever wie Stens Idee war. Er und die fünf Deserteure der Prätorianer gaben sich als Kampfteam auf Tournee aus. Da sie unangekündigt ankamen, wurden sie nicht sehr oft verpflichtet, was dem Killer und seinen Männern mehr als genug Zeit zur Suche nach dem verschwundenen Bombenleger verschaffte.
Tarpy ließ den Tee in seiner Tasse kreisen und wünschte sich, er hätte für den feierlichen Anlass etwas Stärkeres zur Verfügung. Doch er hatte seine festen Regeln; Regeln, die seit fast fünfundsiebzig Jahren dafür sorgten, dass er noch am Leben war; Regeln, die er niemals brach. Eine der wichtigsten Regeln lautete: keine
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