Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Das Tal Bd. 7 - Die Jagd

Titel: Das Tal Bd. 7 - Die Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
unter sich begraben, vielleicht hatte sich Katie in der Stelle geirrt, vielleicht hatte die Spalte sich verschoben, keine Ahnung, ob so etwas möglich ist. Jedenfalls wurde Paul Forster nie gefunden …
    Etwas streift mich. Ewiges Eis. Gleißendes Licht. Kälte. Eine Stimme. Worte. Ich spüre das Blut in meinen Ohren pochen. Weiße Blitze vor meinen Augen.
    »Er war nicht sofort tot«, murmle ich. »Er hat noch gelebt.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragt Katie. »Du warst doch gar nicht dort. Du bist auf dem Ghost einfach abgehauen. Mit Chris. Ich war es, ich habe in der Gletscherspalte mein Leben riskiert, um Ana Cree zu retten.«
    Sie hat recht. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es stimmt, was ich sage. Paul Forster war nicht sofort tot.
    Nur, woher weiß ich das?
    Übelkeit schießt in mir hoch. Ich möchte aufspringen, einfach nur weg … hätte mich nicht an diesen Tisch setzen sollen. Eiswände, die sich auf mich zubewegen. Ich bekomme keine Luft. Kalter Atem rasselt in meinen Lungen.
    »Benjamin«, höre ich Rose aus der Ferne. »Was ist?«
    Ich komme zu mir. Spüre immer noch, wie ich innerlich zittere.
    Ausgerechnet Debbie erspart mir eine Antwort. Reis klebt in ihren Mundwinkeln, als sie aufsteht. »Alles, was ihr tut, ist quatschen«, sagt sie verächtlich. »Ihr werdet noch quatschen, bis das Ende da ist. Aber ich«, selbstgefällig wirft sie sich in die Brust. »Ich werde etwas tun. Mir soll niemand nachsagen, dass ich nicht gehandelt hätte.«
    Damit rauscht sie ab und lässt einen halb leeren Teller voller Reis zurück.
    Für einen Moment herrscht Schweigen.
    »Debbie hat recht«, murmelt Robert.
    Julia zieht eine Augenbraue hoch. »Dass wir zu viel quatschen?«
    Robert schüttelt den Kopf. Er ist plötzlich totenbleich. »Nein. Über das Ende. Es stimmt. Ich … ich kann es sehen.«
    »Ach ja? Die Wahrheit ist, du kannst überhaupt nichts vorhersehen, Robert«, brüllt Katie plötzlich los. »Konntest es noch nie.«
    Überall heben sich Köpfe. Sie starren uns an. Cheng Shu, die Chinesin hinter der Theke, die Studenten, die Professoren.
    Aber Katie bemerkt es nicht. »Nicht einmal, was in der nächsten Sekunde passiert.«
    »Achtung, dein Wasserglas …«, Robert hebt die Hand.
    Genau in diesem Moment stößt Katie mit dem Ellbogen dagegen, das Glas fällt um und eine Wasserlache breitet sich auf dem Tisch aus.
    Die Kerze vor mir erlischt.
    Wir halten alle den Atem an. Bis die Tür aufgeht und David hereintritt, in der Hand einen großen Umschlag. Er lässt sich auf den letzten freien Stuhl fallen und schiebt mir den Umschlag entgegen. Irritiert runzle ich die Stirn, als ich den Absender lese.
    David greift nach dem Wasserkrug und gießt sich ein Glas voll.
    »Worüber redet ihr?«, fragt er.

Face Time
    D ebbies Kleid zeigte einen riesigen Schokoladenfleck oberhalb ihres rechten Knies. In der grellen Halogenbeleuchtung des Computerdepartments fielen die Flecken besonders auf, hier sah ein winziger Eiterpickel wie ein Kürbis aus.
    Sie hatte den Fleck erst auf der Versammlung bemerkt, als eines dieser Girlies aus dem ersten Studienjahr auf sie gedeutet und mit ihrer Freundin getuschelt hatte. Dann waren beide in Gelächter ausgebrochen. Blondinen. Mit so glatten Haaren, als trügen sie ständig ein Glätteisen in der Tasche.
    Als ob das jetzt noch eine Rolle spielte. Als ob Zeit bliebe, sich umzuziehen.
    Sie stand in der Tür und starrte in den leeren, eiskalten Raum. Offenbar hatte man hier die Heizung abgedreht.
    Sie dachte an die anderen, die vermutlich noch immer gemütlich in der warmen Mensa saßen. Ja, sie war die Einzige, die Mumm in den Knochen hatte. Nicht einfach tatenlos herumsaß. Als Erstes hatte sie draußen die Lage gecheckt. Der Wind hatte sie mit aller Macht zum Gebäude zurückgedrängt, aber sie hatte dennoch sehen können, wie die hohen Betonwände, die sie aus Fields herbeigeschafft hatten, das Ufer des Lake Mirror inzwischen fast vollständig absperrten. Die Uferwege waren mit großen Gittern gesichert. Und dann war einer der Security-Beamten gekommen und hatte ihr mit barscher Stimme befohlen, sofort ins Gebäude zurückzukehren.
    »Ich berichte für die Collegezeitung«, hatte Debbie protestiert.
    Das Lachen, das seine Antwort begleitete, bekam sie nicht aus dem Kopf.
    »Es gibt kein College mehr«, hatte er gesagt.
    Es gibt kein College mehr. Woran die da oben noch immer zweifelten, allen voran der bescheuerte Chris, dort draußen wussten sie es schon längst.
    Und die

Weitere Kostenlose Bücher